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Dann schwang die Tür plötzlich auf, und Allanon stand vor ihnen. Er sah aus, als sei er überhaupt nie verletzt gewesen. Nicht eine Wunde war sichtbar. Die schwarzen Gewänder, die seine hochgewachsene Gestalt einhüllten, blitzten vor Sauberkeit; von Blutflecken keine Spur mehr. Sein Gesicht wirkte etwas eingefallen, ließ jedoch kein Anzeichen von Schmerz erkennen. Sein durchdringender Blick richtete sich geraume Zeit auf die beiden Talbewohner, dann winkte er und deutete auf einen kleinen Tisch, an dem vier Stühle standen.

»Setzen wir uns doch zum Gespräch.« Der Vorschlag klang beinahe wie ein Befehl.

Sie traten ein und nahmen auf den Stühlen Platz. Der kleine Raum war fensterlos; abgesehen von dem Tisch und den Stühlen und einem großen Bett war er leer. Wil sah sich flüchtig um, dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Druiden. Allanon war ihm von Flick und Shea wohl ein dutzendmal beschrieben worden, und er entsprach genau diesen Beschreibungen. Wie aber konnte das sein, fragte sich Wil, da doch die Schilderungen einem Mann galten, den sein Großvater und sein Großonkel seit der Zeit vor seiner — Wils — Geburt nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten?

»Also, da wären wir«, bemerkte Flick, als es den Anschein hatte, daß keiner bereit war, die Unterredung einzuleiten.

Allanon lächelte schwach. »So scheint es.«

»Ihr seht wieder recht gesund aus für einen Mann, der noch vor wenigen Stunden mehr tot als lebendig war.«

»Die Stors sind Meister in ihrer Kunst, wie gerade du wissen solltest«, erwiderte der Druide etwas zu freundlich. »Aber leider fühle ich mich nicht halb so wohl, wie ich es gerne möchte. Und wie geht es dir, Flick?«

»Ich bin älter und weiser geworden — so hoffe ich jedenfalls«, entgegnete der Talbewohner vielsagend.

Allanon ging nicht darauf ein. Sein Blick wanderte unvermittelt zu Wil. Eine Weile saß er schweigend da, das dunkle Gesicht unergründlich, während er den jüngeren Ohmsford aufmerksam betrachtete. Wil ließ die Prüfung ruhig über sich ergehen und wandte seinerseits den Blick nicht ab, obwohl ihm unter den Augen des Druiden recht unbehaglich wurde. Mit einer langsamen Bewegung beugte Allanon sich dann vor, legte die großen Hände auf den Tisch und faltete sie ineinander. »Ich bedarf deiner Hilfe, Wil Ohmsford«, erklärte er sachlich. Die beiden Talbewohner starrten ihn an. »Du mußt mit mir ins Westland ziehen.«

»Ich hab’s ja gewußt«, murmelte Flick kopfschüttelnd.

Allanon lächelte wehmütig.

»Es ist ein Trost zu wissen, Flick, daß gewisse Dinge im Leben sich niemals ändern. Dafür bist du eindeutig der Beweis. Würde es in deinen Augen einen Unterschied machen, wenn ich dir sagte, daß nicht ich Wils Hilfe brauche, sondern das Elfenvolk und insbesondere ein junges Elfenmädchen?«

»Nein«, versetzte der Talbewohner ohne zu zögern. »Er kommt nicht mit, und dabei bleibt es.«

»Augenblick, Onkel Flick«, warf Wil hastig ein. »Es kann gut sein, daß ich nicht mitgehe, dennoch würde ich diese Entscheidung gern selbst treffen. Zumindest können wir uns etwas mehr darüber erzählen lassen, warum und in welcher Form meine Hilfe vonnöten sein soll.«

Flick ignorierte die Zurechtweisung.

»Glaub mir, es ist das beste, wenn du das Gespräch auf der Stelle abbrichst. Genauso nämlich fing der Ärger stets an. Genauso nämlich nahm er vor fünfzig Jahren für deinen Großvater seinen Anfang.« Er warf einen flüchtigen Blick auf Allanon. »Stimmt das, oder stimmt es nicht? Ging es nicht genauso los, als ihr nach Shady Vale kamt und uns von dem Schwert erzählt habt?«

Allanon nickte. »Doch, das ist wahr.«

»Na bitte — da hast du’s!« rief Flick triumphierend aus. »Genau das gleiche. Ich wette, dieses Unternehmen, das ihr da für ihn geplant habt, ist ebenfalls gefährlich, oder vielleicht nicht?«

Wieder nickte der Druide.

»Na also!« Der Talbewohner lehnte sich zurück, und Befriedigung spiegelte sich in seinem bärtigen Gesicht. »Ich denke doch, daß die Angelegenheit damit erledigt ist. Ihr verlangt zuviel. Er kommt nicht mit.«

Allanons dunkle Augen funkelten glitzernd.

»Er muß.«

Flick fuhr empört hoch.

»Er muß?«

Der Druide nickte. »Du wirst den Grund verstehen, Flick, wenn ich euch erklärt habe, was in den letzten Tagen in den vier Ländern geschehen ist. Hört mir genau zu, Talbewohner.«

Er rückte seinen Stuhl näher an den Tisch heran und beugte sich vor.

»Vor langer, langer Zeit, noch vor den Großen Kriegen und der Entwicklung der neuen Rassen, ja, noch vor dem Heranwachsen des Menschen zu einem zivilisierten Wesen, wurde zwischen Geschöpfen, die größtenteils heute nicht mehr existieren, ein schrecklicher Kampf ausgefochten. Einige dieser Geschöpfe waren gut und liebevoll; sie liebten und achteten das Land und waren bestrebt, es vor Unbill und Ungemach zu bewahren. Ihnen war alles Leben heilig. Doch es gab auch andere, die böse und selbstsüchtig waren; ihre Lebensweise war zerstörerisch und rücksichtslos. Ohne Notwendigkeit und ohne Sinn beuteten sie das Land aus und alles Leben, das sie nährte.

Alle diese Geschöpfe besaßen körperliche Merkmale und geistige Fähigkeiten, die man bei den heutigen Erdenbewohnern nicht mehr vorfindet — das heißt, ihre äußere Erscheinung hatte mit eurer nichts gemein, und sie besaßen Fähigkeiten, die den Menschen dieser Welt heute nicht mehr eigen sind. Insbesondere verfügten sie in außerordentlichem Maße über Zauberkräfte — zumindest würden wir bei diesen besonderen Kräften von Zauber oder Hexerei oder dem Übersinnlichen sprechen. Solche Kräfte waren zu jener Zeit nicht außergewöhnlich, wenn auch einige dieser Geschöpfe in höherem Maße damit ausgestattet waren als andere; ihre Fähigkeiten zum Guten oder zum Bösen wurden auf diese Weise entsprechend verstärkt. Diese Geschöpfe nun, die Guten wie die Bösen, lebten gemeinsam auf der Welt, und da der Mensch sich noch nicht über eine primitive Lebensform hinaus entwickelt hatte, die nur auf einem eng abgegrenzten geographischen Raum existierte, gehörte die Welt ihnen allein. Dieser Zustand währte einige Jahrhunderte lang. Doch ihr Nebeneinander war niemals zu einem harmonischen Miteinander verschmolzen. Sie lebten in ständiger Zwietracht, denn ihre Ziele waren zu entgegengesetzt — die Guten wollten bewahren und erhalten, die Bösen zerstören. Von Zeit zu Zeit verschob sich das Gleichgewicht der Macht zwischen beiden Seiten, so daß einmal das Gute, dann wieder das Böse die Oberhand gewann.

Der Kampf zwischen den beiden Mächten tobte im Laufe der Jahre immer erbitterter, bis schließlich — nachdem Jahrhunderte ohne eine Lösung des Konflikts vergangen waren — die Anführer der beiden Lager alle jene um sich scharten, die sie unterstützten, um zum Entscheidungskampf anzutreten. Der Krieg brach aus. Doch dieser Krieg glich in nichts denen, die wir seither erlebt haben. Dies war nicht ein Krieg vom Rang der Großen Kriege; in den Großen Kriegen nämlich wurden Kräfte von solcher Gewalt und solchem Umfang eingesetzt, daß eben die Menschen, die sie anwendeten, völlig die Kontrolle darüber verloren und von der heraufbeschworenen Katastrophe vernichtet wurden. Nein, es war vielmehr ein Krieg, in dem Kraft und Macht bei jedem Manöver geschickt eingesetzt wurden — bei dem die Geschöpfe einander im Kampf von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden, und Tod oder Überleben von den Fähigkeiten abhing, die sie besaßen. Dies war den Kriegen der Rassen ähnlich, die die Geschichte der neuen Welt bestimmt haben; in den Rassenkriegen verdarb der Dämonen-Lord die Denkart jener, die ihm dienten. Er hetzte sie gegeneinander auf, damit am Ende er sie alle unterwerfen und beherrschen konnte. In diesem Krieg gab es weder Lug noch Trug, der die Kämpfenden schwankend gemacht hätte. Gut und Böse standen einander von Anfang an als feindliche Kräfte gegenüber; niemand konnte sich in die Neutralität flüchten. Dieser Krieg wurde geführt, um ein für allemal das Wesen und die Art und Weise der Entwicklung des Lebens auf Erden zu bestimmen. Durch diesen Krieg sollte entschieden werden, ob das Land in Zukunft gehegt und gepflegt werden sollte oder aber auf immer geschändet. Jedes der beiden Lager war entschlossen, diesmal den Gegner vernichtend zu schlagen. Für die Geschöpfe des Bösen bedeutete eine Niederlage die Verbannung; für die Geschöpfe des Guten bedeutete sie Ausgelöschtwerden.