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»In der Tat.« Wil nickte.

»Schön, gut.« Cephelo rieb sich befriedigt die Hände. »Wir verstehen uns. Nun müssen wir uns nur noch über den Preis einigen. Ihr sagtet vorhin etwas davon, daß Ihr uns für ein Pferd etwas von Wert geben wollt. Vielleicht können wir jetzt einen gerechten Tausch machen — Ihr gebt uns das, was Ihr bei Euch habt, zur Begleichung Eurer Schuld. Ich würde dafür keinem anderen, der sich bei mir nach einem abhanden gekommenen schwarzen Hengst erkundigt, etwas davon sagen, daß wir dieses Pferd gefunden haben.«

Er zwinkerte verschmitzt. Wil trat zu Artaq und streichelte den glatten Kopf des Pferdes, das seine Schnauze an seine Brust drückte.

»Ich kann Euch leider doch nichts von Wert bieten«, sagte er schließlich. »Ich habe nichts bei mir, womit ich Euch für das entlohnen könnte, was Ihr getan habt.«

Cephelo machte ein enttäuschtes Gesicht.

»Nichts?«

»Gar nichts.«

»Aber Ihr sagtet doch vorhin, Ihr hättet etwas von Wert mitgebracht…«

»O ja.« Wil nickte rasch. »Damit meinte ich, daß ich Euch meine Dienste als Heilkundiger anbieten könnte. Ich dachte, das sei etwas von Wert.«

»Aber Eure Dienste als Heilkundiger habt Ihr doch als Gegenleistung für Essen und Unterkunft für Euch und Eure Schwester zur Verfügung gestellt.«

»Ja, das ist wahr.« Wil sah nicht sehr glücklich aus. Er holte tief Atem. »Vielleicht darf ich einen Vorschlag machen?« Neuerliches Interesse flackerte im Gesicht des anderen auf. »Wir befinden uns doch beide auf dem Weg ins Westland. Wenn Ihr uns erlaubt, Euch weiter zu begleiten, ergibt sich vielleicht noch eine Gelegenheit für uns, Euch zu bezahlen — vielleicht bedürft Ihr meiner Künste noch einmal.«

»Das ist unwahrscheinlich.« Cephelo dachte über den Vorschlag nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Ihr habt gar nichts von Wert, was Ihr uns für das Pferd geben könnt — gar nichts?«

»Nein, nichts.«

»Eine armselige Art zu reisen«, brummte der Führer der Fahrensleute, während er sich das bärtige Kinn rieb. Wil sagte nichts. »Nun, ich denke es wird nichts schaden, wenn Ihr bis zu den Wäldern mit uns reist. Aber das sind nur noch ein paar Tagereisen, und wenn Ihr bis dahin nichts für uns getan habt, werden wir das Pferd als Lohn für unsere Mühe behalten müssen. Ihr versteht das wohl.«

Wil nickte stumm.

»Eines noch.« Cephelo trat näher. Sein Gesicht war jetzt gar nicht mehr freundlich. »Ich vertraue darauf, daß Ihr nicht so töricht seid, uns das Pferd stehlen zu wollen, Heiler. Ihr kennt uns gut genug, um zu wissen, was mit Euch geschehen würde, solltet Ihr solches versuchen.«

Wieder nickte Wil. Ja, das wußte er.

»Gut.« Cephelo trat wieder zurück. »Vergeßt es nicht.« Es lag auf der Hand, daß ihm die Entwicklung der Dinge gar nicht gefiel, doch er tat seinen Unmut jetzt mit einem Achselzucken ab. »Genug der Geschäfte. Kommt mit ins Lager und trinkt mit mir.«

Er führte Wil wieder in den Kreis der hohen Wagen zurück, klatschte laut in die Hände und rief seinen Leuten zu, sie sollten sich zu ihm gesellen, um mit ihm zusammen bei Wein und Musik den jungen Heilkundigen willkommen zu heißen, der sich ihnen gegenüber so freundlich und hilfsbereit gezeigt hatte. Wil bekam einen Platz neben Cephelo auf einer gepolsterten Bank vor dem Wohnwagen des Führers. Die Männer, Frauen und Kinder des Lagers strömten eifrig zusammen. Aus einem großen Faß wurde Wein gezapft, und Becher machten die Runde. Cephelo erhob sich und brachte einen blumigen Toast auf die Gesundheit seiner Familie aus. Hoch erhoben alle ihre Becher und leerten sie mit einem Zug. Auch Wil trank mit. Er sah sich suchend nach Amberle um und fand sie ziemlich weit außen in dem Kreis von Gesichtern, der ihn umgab. Sie wirkte gar nicht erfreut. Er wünschte, er hätte ihr alles erklären können, was sich da abspielte, doch damit mußte er warten, bis sie allein waren. Fürs erste mußte sie eben die Dinge einfach so hinnehmen, wie sie kamen.

Die Becher wurden aufgefüllt, wieder wurde angestoßen, wieder wurden die Becher geleert. Cephelo rief laut nach Musik. Die Saiteninstrumente und Becken wurden gebracht, und Männer und Frauen begannen zu spielen. Die Musik war wild und zügellos, und doch zugleich von einer betörenden Schönheit. Frei und ungebunden stiegen ihre Klänge in die Nacht, und mit ihnen das fröhliche, unbekümmerte Gelächter der Fahrensleute. Wieder wurde Wein nachgeschenkt, wieder wurden die Becher rasch geleert. Anfeuerungsrufe und Gesang begleiteten die Musiker. Wil spürte, wie ihm der Wein zu Kopf stieg. Er war viel zu stark für jemanden, der das Trinken nicht so gewöhnt war wie die Fahrensleute. Ich muß vorsichtig sein, dachte Wil, als ein neuer Toast ausgebracht wurde, und er wieder den Becher hob. Diesmal nippte er nur von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. In der Spitze seines rechten Stiefels fühlte er den Druck der Elfensteine.

Die Rhythmen der Musik wurden schneller, und jetzt sprangen die Fahrensleute auf und begannen zu tanzen. Ein Dutzend etwa bildete mit untergehakten Armen einen Kreis, der sich immer schneller um das Feuer drehte. Andere sprangen auf, sich in den Kreis einzureihen, und jene, die noch saßen, klatschten im Takt in die Hände. Wil stellte seinen Becher auf die Bank, um mitklatschen zu können. Als er einen Augenblick später danach griff, war er frisch gefüllt. Vom wilden Rhythmus der Musik gepackt, trank er den Wein unbesonnen hinunter. Der Kreis der Tanzenden brach jetzt auseinander, Paare bildeten sich, die sich rund um die lodernden Flammen des Feuers drehten. Irgend jemand sang ein Lied voller Sehnsucht und Wehmut, das mit der Musik verschmolz.

Dann plötzlich stand Eretria vor ihm, dunkel und schön, die zierliche Gestalt in scharlachrote Seide gehüllt. Mit einem betörenden Lächeln nahm sie ihn bei den Händen und zog ihn hoch, mitten unter die Tanzenden. Dann löste sie sich einen Moment lang von ihm und kreiselte in einem Wirbel von fliegenden Bändern und wehendem schwarzen Haar davon. Doch gleich darauf stand sie wieder vor ihm. Ihre schlanken Arme umschlangen ihn, während sie tanzten. Der Duft ihres Haares und ihres Körpers mischte sich mit der Wärme des Weins, die durch sein Blut pulste. Er spürte, wie sie sich an ihn schmiegte, federleicht und weich, und Worte sprach, die er nicht recht verstehen konnte. Ihm wurde schwindlig von den Drehungen des Tanzes; alles um ihn herum verschwamm in einem Rausch von Farben, der von der Schwärze der Nacht wogte. Die Musik und das Klatschen, das Gelächter und das Pfeifen der Fahrensleute wurden lauter. Er spürte, wie seine Füße vom Boden abhoben und er zu schweben begann, Eretria noch immer in den Armen.

Dann jedoch war sie plötzlich verschwunden, und er begann zu fallen.

15

Er erwachte mit den schlimmsten Kopfschmerzen, die er je in seinem Leben gehabt hatte. Das Gefühl, wie ein schlanker Ast in einem wilden Sturm geschüttelt zu werden, riß ihn aus dem Schlaf, und er brauchte mehrere Minuten, um sich bewußt zu werden, daß er sich in einem der Wohnwagen der Fahrensleute befand. Er lag auf einem Strohsack im hinteren Teil des Wagens, die Augen auf ein merkwürdiges Sortiment von Wandbehängen, Seiden- und Spitzenstoffen, Metall- und Holzgeräten gerichtet, die alle mit der Bewegung des holpernden Wagens hin und her schwangen. Ein Strahl hellen Sonnenlichts fiel durch ein angelehntes Fenster, und da wußte er, daß er die ganze Nacht durchgeschlafen hatte. Amberle erschien neben ihm, in den meergrünen Augen einen Ausdruck des Tadels. »Ich brauche dich wohl nicht zu fragen, wie du dich heute morgen fühlst, wie?« sagte sie. Ihre Worte gingen beinahe unter im Rumpeln der Räder. »Ich hoffe nur, es hat sich gelohnt, Talbewohner.« »Nein.« Sehr langsam und vorsichtig setzte er sich auf. Sein Kopf schmerzte heftig bei der Bewegung. »Wo sind wir?« »In Cephelos Wagen. Seit gestern abend, wenn deine Erinnerung so weit zurückreicht. Ich hab’ ihnen gesagt, du hättest dich noch nicht ganz von einem Fieber erholt, das dich in den letzten Tagen geplagt hat, und es wäre möglich, daß du nicht nur vom Wein berauscht, sondern richtig krank bist. Daraufhin haben sie mich zu dir gelassen, damit ich mich um dich kümmern kann. Hier, trink das.« Sie reichte ihm einen Becher, der mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war. Wil musterte das Gebräu mißtrauisch. »Trink es«, wiederholte sie energisch. »Es ist ein Kräutersaft, der gut ist, wenn man zuviel Wein getrunken hat. Gewisse Dinge weiß man einfach, da braucht man nicht erst die Heilkunst zu studieren.« Er trank den Saft ohne Widerrede. Und da merkte er plötzlich, daß seine Stiefel weg waren. »Meine Stiefel! Was ist —?« »Still!« warnte sie und deutete hastig zu der kleinen hölzernen Tür im vorderen Teil des Wagens. Wortlos griff sie unter sein Lager und holte die Stiefel hervor. Dann zog sie aus der Schärpe, die sie um die Hüften trug, den kleinen Lederbeutel mit den Elfensteinen. Mit einem Stoßseufzer der Erleichterung lehnte Wil sich zurück. »Du warst den Festlichkeiten nicht ganz gewachsen«, erklärte sie mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme. »Nachdem du das Bewußtsein verloren hattest, ließ Cephelo dich hier in seinen Wagen bringen. Er wollte dich gerade von diesem alten Weib entkleiden lassen, da gelang es mir, ihn davon zu überzeugen, daß das gefährlich sein könnte. Ich sagte, wenn das Fieber wieder aufgeflammt wäre, dann bestünde die Gefahr der Ansteckung. Außerdem erklärte ich ihm, daß du es als Beleidigung betrachten würdest, wenn man dir einfach deine Kleider wegnähme. Offenbar war ihm die Sache nicht allzu wichtig, denn er warf die Alte hinaus. Nachdem er dann ebenfalls gegangen war, habe ich dich gründlich durchsucht und die Elfensteine gefunden.«