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»Jetzt kommt es«, flüsterte Allanon heiser.

Die Soldaten des Elfenheeres ließen sich auf die Knie nieder, als die Wogen der schrillen Schreie über ihnen zusammenschlugen. Hastig wurden die Bogen gespannt, Lanzen und Piken gegen die Erde gestemmt. Vor dem Paß barsten die Nebelschwaden in einem Schwall roten Feuers, dessen Widerschein Himmel und Erde scharlachrot färbte. Das Schreien und Kreischen schwoll zu ohrenbetäubender Lautstärke an, und plötzlich war es, als explodiere die Luft selbst in einem krachenden Donnerschlag, der aus der Wildnis hervorbrach und den Fels des Grimmzacken-Gebirges bis in seine Grundfesten erschütterte. Andor schrie auf vor Entsetzen, und der gewaltige Druck des Donnerschlags schleuderte sie alle zu Boden. Eilig rappelten sie sich wieder auf, sahen sich suchenden Auges um. Totenstill war es geworden. Grau und reglos hingen plötzlich die Nebelschwaden.

»Allanon?« fragte Andor leise. »Es ist soweit — die Mauer der Verfemung ist gefallen«, hauchte der Druide. Im nächsten Augenblick stiegen aus der Wildnis der Rauhen Platte von neuem die gellenden Schreie auf, ein irres Freudengeheul, und die Dämonen-Horden, endlich aus ihrem Gefängnis befreit, strömten durchdie Öffnung des Halys-Joch-Passes. In einer mächtigen Woge zuckender, dunkler Leiber wälzten sie sich durch die Schlucht, Dämonen jeglicher Größe und Gestalt, krumm und mißgestaltet von der Schwärze, die sie eingeschlossen hatte. Mit reißenden Zähnen und scharfen Krallen und tödlichen Stacheln bewehrt; zottiges Haar, glänzende Schuppen und wütend gesträubtes Fell; sie krochen und robbten, sie schlängelten sich wie Würmer und flogen wie Insekten, sie sprangen und hüpften und glitten wie Schlangen über den rauhen Fels; alle waren sie Wesen aus Legende und Alptraum. Jedes Geschöpf aus den ältesten Schauermärchen war vertreten: Werwölfe, halb Mensch, halb Tier, flüchtige graue Schatten, denen das Auge kaum folgen konnte; massige, schwerfällig dahinschlürfende Monster mit gräßlich verzerrten Fratzen; Kobolde, die dahinflitzten wie vom Wind getragen; Irrwische, die schwarz waren von Schmutz und Schlamm; Nachtmahre mit ledrigen Flughäuten; schlangenhafte Wesen, die zischend ihr Gift verspritzten, während ihre Leiber in wütenden Windungen zuckten; Furien und Dämonen-Wölfe; Ghuls und andere Unholde, die Menschenfleisch fraßen und menschliches Blut tranken; Vampire, die den Himmel verdunkelten, als sie sich mit schwerfälligen Körpern aus der Masse ihrer Brüder in die Lüfte erhoben. Und während diese wilden Horden durch den Nebel drängten, schnappten sie in ihrer Begierde, endlich freizukommen, mit reißenden Zähnen nach ihren Brüdern, schlugen mit klauenbewehrten Händen nach ihnen.

Die langen Bogen der Elfen surrten, und ein Hagel schwarzer Pfeile ging auf die Dämonen der vordersten Reihe nieder. Die übrigen kannten kein Zögern, kletterten und stolperten vielmehr eilig über die Leichen jener, die gefallen waren. Wieder und wieder feuerten die Bogenschützen der Elfen ihre Pfeile auf die Dämonen ab, doch die wütenden Horden wichen nicht zurück, stürmten schreiend und brüllend immer näher. Keine hundertfünfzig Schritte trennten die beiden Heere mehr, und nun wichen die Bogenschützen zurück, scherten nach beiden Flanken aus, während die erste Schlachtreihe von Lanzern und Pikenieren mit stoßbereiten Waffen zur Höhe des Plateaus stürmte. Wie ein Meer wildzuckender Leiber brandete die Masse der Dämonen vorwärts, wälzte sich wogend den Hang hinauf zu der Stelle, wo die Elfen warteten.

Knirschend brach sich die Flutwelle an der Mauer der Phalanx. Die vorderen Linien der Abwehrmauer gerieten leicht ins Schwanken, doch sie hielten. Dämonen wurden von Speeren aufgespießt, und ihr gellendes Heulen erfüllte die Klamm. Mit gewaltigem Schwung schleuderten die Elfen-Jäger sie zu ihren Brüdern zurück und sahen mit Entsetzen, wie die toten Leiber von der Flut verschlungen wurden, die sich nach ihnen den Hang hinaufwälzte. Wieder prallten die Dämonen-Horden gegen die Schlachtreihen der Elfen, und diesmal gelang mehreren Knäueln der Durchbruch, doch sie wurden augenblicklich von der hinteren Phalanx vernichtet, die rasch in die Bresche sprang, um die Lücken in den vorderen Linien zu schließen. Jetzt aber begann das Sterben auch unter den Elfen. Von der schwarzen Masse der Angreifer wurden sie gewaltsam zu Boden gerissen und zerfetzt. Und immer noch strömten die Dämonen in Scharen aus dem Nebel, Tausende an der Zahl, überfluteten die Klamm und kletterten an ihren Wänden empor. Pfeile regneten auf sie herab, doch wo einer fiel, tauchten drei neue auf. Die Flügel des Elfenheeres begannen unter dem Ansturm zu wanken, und die ganze Linie war in Gefahr, überrannt zu werden.

Eventine gab Befehl zum Zurückweichen. Da wandten sich die Elfen vom Feind ab, zogen sich zu ihrer zweiten Verteidigungsstellung zurück, einem Felssims, der unmittelbar unterhalb des Durchgangs lag, der in die Schlucht hineinführte. Wieder sangen die langen Bogen, und die Pfeile flogen in dichten Schauern auf die Masse wogender Leiber weiter unterhalb. Lanzer und Pikeniere formierten sich neu und machten sich bereit, dem nächsten Ansturm zu trotzen. Er brandete beinahe augenblicklich heran. In ungeheurer Zahl suchten die Dämonen den Hang zu erklimmen, um den Damm von Elfenspeeren einzureißen. Hunderte starben bei dem Vorstoß, von Pfeilen und Speeren durchbohrt, unter den Füßen ihrer Brüder zertrampelt. Und doch versiegte die Flut nicht, wälzte sich in einer immer erneuerten gewaltigen Woge aus dem Nebel in den tiefen Schlund der Klamm, um gegen die Linien der Verteidiger zu branden. Die Elfen warfen die Angreifer zurück — einmal, zweimal, ein drittes Mal. Der Paß am Halys-Joch füllte sich mit dunklen Leibern, die blutend und zerschmettert auf dem Boden lagen und mit gellenden Schreien ihren Schmerz und ihren Haß herausbrüllten.

An der Öffnung der Schlucht stehend, beobachtete Andor Elessedil stumm das Auf und Nieder des Kampfgetümmels. Die Elfen verloren an Boden. Wie Allanon versprochen hatte, schwächte der Ellcrys-Stab die Kräfte der Dämonen, so daß sie, von den Waffen der Elfen getroffen, in großer Zahl starben. Doch dies würde die Horden, die sich aus der Wildnis der Rauhen Platte ergossen, nicht aufhalten können — auch wenn die Soldaten noch so tapfer kämpften, auch wenn die Verteidigungsstellungen noch so umsichtig gewählt waren. Der Dämonen waren einfach zu viele, der Elfen zu wenige.

Andor blickte zu seinem Vater hinüber, doch der König sah ihn nicht. Eventines Hände umfaßten den knorrigen Silberstab des Ellcrys, und seine gebannte Konzentration richtete sich auf den Kampf, der zu seinen Füßen tobte. Die Stellung der Elfen wankte gefährlich unter dem Ansturm des Feindes. Mit den Waffen, die sie den getöteten Elfen aus den Händen gerissen hatten, mit Felsbrocken und Holzknüppeln, mit Zähnen und Krallen und erbarmungsloser Urgewalt kämpften die Dämonen, um die sich lichtenden Reihen von Lanzern und Pikenieren, die ihnen noch heldenhaft den Durchgang versperrten, restlos zu vernichten. Die Freitruppe der Grenzlegion, die bis jetzt in Reserve gehalten worden war, stürzte sich mit wildem Kampfschrei in die Schlacht. Doch noch immer drangen die Dämonen schier unaufhaltsam vor.

»Wir können die Stellung nicht halten«, murmelte Eventine und schickte sich an, den Befehl zum Rückzug zu geben.

»Bleibt in der Nähe«, flüsterte Allanon Andor plötzlich zu.

Genau in diesem Augenblick durchbrachen die Dämonen an der linken Flanke die Schlachtenreihe und strömten in wilden ungeordneten Scharen die Klamm herauf zu der kleinen Gruppe von Männern, die vor dem Eingang zur Schlucht Wache hielt. Die Leibgarde stellte sich schützend vor den König und Andor, und das Metall ihrer kurzen Schwerter blitzte im frühen Morgenlicht. Hastig rammte Andor die Fahne der Elessedils in die steinige Erde und zog seine eigene Waffe. Schweiß rann ihm unter seinem Kettenhemd den Körper hinunter, und sein Mund war wie ausgedörrt vor Furcht.