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Plötzlich teilte sich die finstere Wolke, und ein gewaltiges, gepanzertes Ungeheuer drang durch die Öffnung der Schlucht. Wie Zwerge wirkten die anderen Dämonen neben dem scheußlichen grünen Untier, das sich hoch aufbäumte und jene, die ihm im Weg waren, zur Seite schleuderte wie nichts. Die Elfen schrieen auf vor Entsetzen. Es war ein Drache, dessen schlangenähnlicher Leib über und über mit Stacheln bedeckt und glitschig war von seinen eigenen schleimigen Absonderungen. Sechs schwerfällige, stämmige Beine, mit Krallen bewehrt und mit Büscheln dunklen Haares bewachsen, trugen den massigen Körper. Der gehörnte, krustige Kopf, den das Ungeheuer suchend in die Höhe reckte, war nicht mehr als ein mißgestalteter Klumpen, in dem ein einziges, lidloses grünes Auge prangte. Als der Geruch von Elfenblut dem Drachen in die Nüstern wehte, riß er weit den gierigen Rachen auf und zeigte zwei Reihen spitzer Zähne. In wütender Raserei schlug der lange, schuppige Schwanz auf und nieder, schleuderte zerschmetterte Leiber durch die Luft wie tote Fliegen. Eilig machten die Dämonen Platz, und das Ungeheuer wälzte sich schnaubend vorwärts. Der Fels erzitterte unter dem Gewicht seines Körpers und der Wucht seines Schrittes.

Am anderen Ende der Schlucht beobachtete Allanon noch einen Augenblick lang das Nahen des Drachens, bis er sich Andor zuwandte.

»Zieht Euch auf die andere Seite der Felsspalte zurück. Schnell!«

Andor war schreckensbleich. »Aber der Drache —«

»- ist zuviel für Euch.« Die Stimme des Druiden klang schneidend undkalt. »Tut, was ich Euch gesagt habe. Überlaßt den Drachen mir.«

Andor gab den Befehl des Druiden weiter, und das Elfenheer zog sich auf die andere Seite der Felsspalte zurück. Stee Jans neben sich, beobachtete Andor die weiteren Vorgänge. Allanon stand ganz allein, den Blick unverwandt in die Schlucht gerichtet. Der Drache hatte den Teich in der Mitte schon passiert und stieß sich jetzt mit zuckenden Bewegungen den Hang hinauf zum Hohlweg. Schon hatte er den Druiden gesichtet, diese einsame schwarze Gestalt, die nicht floh wie die anderen, und er gierte danach, diesen verwegenen Gegner zu fassen und zu zerschmettern. Die kräftigen Beine wirbelten in schnellem Lauf, zertrampelten Erde und Fels. Heulend und kreischend vor Erwartungsfreude folgten die Dämonen in sicherem Abstand ihrem gewaltigen Bruder.

Die schwarzen Gewänder eng um sich gezogen, wich Allanon nicht einen Schritt zurück, bis der Drache nur noch ein paar hundert Schritte vom Hohlweg entfernt war. Da aber flatterten die schwarzen Gewänder weit auseinander, die sehnigen Arme hoben sich, die Hände schienen nach dem Drachen greifen zu wollen. Blaue Flammen aus den gespreizten Fingern, trafen den Kopf und die Kehle des Ungeheuers, und der Geruch nach versengtem Fleisch erfüllte die Luft. Doch der Drache wich nicht zurück, wurde nicht einmal langsamer; er schüttelte den Angriff ab, als wäre er ihm nur lästig, und sein gewaltiger Leib schob sich ungehindert vorwärts. Wieder packten ihn züngelnde Flammen, brannten auf Beinen und Brust, ließen schwarze Rauchfäden zurück, die vorn Leib des Drachens aufstiegen. Mit einem scharfen Zischen der Wut registrierte das Ungeheuer den Angriff, doch es stapfte weiter vorwärts.

Allanon glitt in den Hohlweg hinein, eilte auf flinken Füßen bis zum anderen Ende. Dort wandte er sich um. Hoch aufgerichtet kam der Drache in Sicht, zwängte sich durch den engen Durchgang. Allanon ließ erneut die blauen Flammen blitzen. Das Zischen des Drachen war giftig und haßerfüllt, als er schnappend seinen Rachen aufriß, voll ohnmächtiger Wut darüber, daß er das Geschöpf nicht erreichen konnte, das ihn auf solche Weise reizte. Die engen Wände des Hohlwegs behinderten ihn in der Bewegung, als er schwerfällig weiter vorwärtsstieß. Hinter ihm feuerten die Dämonen-Brüder ihn mit wildem Geschrei an.

Langsam wich Allanon von der Öffnung des Hohlwegs in die Felsspalte zurück. Der Durchgang war von Rauch- und Staubwolken verhüllt, und der scheußliche grüne Leib des Drachen war durch den Dunst nur undeutlich zu sehen. Plötzlich aber kam das Ungeheuer wieder deutlich in Sicht, und wieder riß es gierig den Rachen auf. Beide Hände vor sich verschränkt, schoß Allanon einen feurigen Blitz auf das Auge des Drachen ab. Als der Feuerstrahl traf, hüllten blaue Flammen den Kopf des Untiers ein. Diesmal brüllte der Drache laut auf; es war ein gräßliches Heulen des Schmerzes und der Wut. Hoch bäumte sich der schuppige grüne Leib im Hohlweg auf und schlug in wilden Zuckungen gegen die Felswände, bis der massige Berg unter der Wucht der Schläge erzitterte. Felsbrocken brachen los und holperten auf das vor Schmerz zuckende und wild um sich schlagende Ungeheuer hinunter.

Gleich darauf barst mit ohrenbetäubendem Krachen die Südwand, und der ganze Felshang geriet langsam ins Rutschen, bewegte sich abwärts zum Hohlweg hin. Der Drache witterte die Gefahr, in der er sich befand, und stürzte vorwärts, um der Falle zu entkommen. Halb blind vor Schmerz brach er aus dem Hohlweg hervor, als hinter ihm ungeheuere Felsmassen herabstürzten und die Dämonen unter sich begruben, die dem Drachen folgen wollten. Wieder blitzten blaue Flammen auf, doch blieben sie ohne Wirkung. Diesmal war der Drache auf den Angriff gefaßt und schwenkte den unförmigen Kopf hin und her, um dem Feuer auszuweichen. Vor sich erblickte er jetzt die dunkle Gestalt des Druiden. Wutschnaubend, den riesigen Schlund weit aufgerissen, raste das Ungeheuer auf seinen Feind zu. Allanon wirbelte herum und lief zurück zur Felsspalte, aber nicht zum breiteren Weg, der rechts durch die Kluft führte, sondern zu dem schmalen Sims, der sich hoch über dem Abgrund links an der Felswand entlangzog. Blind vor Raserei, der Gefahr nicht achtend, die ihm drohte, jagte der Drache ihm nach. Seine stämmigen Beine trugen ihn mit rasender Geschwindigkeit vorwärts, als er auf den Sims donnerte und gierig nach dem Menschen schnappte, der vor ihm floh.

Aber plötzlich gab der Sims nach. Brüchiger Fels bröckelte unter dem Gewicht des massigen Ungeheuers ab. Mit einer verzweifelten Anstrengung sprang der Drache vorwärts, um den Druiden noch zu erhaschen. Allanon entkam den spitzen Zähnen nur um Haaresbreite. Mit einem letzten schrecklichen Schnauben der Wut rutschte der Drache von dem herabstürzenden Sims in den schwarzen Abgrund der Kluft und verschwand in einer Lawine von Erde und Gestein. Nur das Echo seiner haßerfüllten Schreie hallte noch eine Weile in den Bergen mit vielfachem Echo wider.

Andor Elessedil wartete ungeduldig am Ausgang der Kluft, während Allanon sich vorsichtig seinen Weg über Geröll und brüchiges Gestein bahnte, das vom Sims geblieben war.

31

Ein niedergeschlagenes Heer marschierte vom Halys-Joch in die Ebene hinunter — beschämt über die Niederlage, die ihm beigebracht worden war, bestürzt über die Zahl seiner Toten und Verwundeten. Die Toten, die man auf der Flucht durch den Paß hatte zurücklassen müssen, konnten nun nicht, wie es der Brauch wollte, der Erde wiedergegeben werden, die ihnen das Leben geschenkt hatte. Für die Verwundeten gab es keine Linderung der unmenschlichen Schmerzen, welche ihnen die von Dämonengift verseuchten Verletzungen verursachten; ihr Stöhnen und Schreien bebte, den Kameraden kaum erträglich, in der mittäglichen Stille. Die anderen, die an den Felshängen des Grimmzacken-Gebirges entlang nach Süden marschierten, konnten keinen Trost in den Ereignissen des Tages finden. Die sengende Hitze der Mittagssonne dörrte ihnen die Kehlen aus, und ihre Gedanken waren düster und schwarz vor Bitterkeit. Andor Elessedil führte sie; er war kein Mann, dem es gegeben war zu führen, sondern ein Opfer der Umstände, und tiefe Bedrücktheit lastete auf ihm. Er wünschte, dies alles wäre vorüber, sein Vater wieder bei Bewußtsein, sein Bruder zurück. Er hielt den knorrigen Stab des Ellcrys in seinen Händen und kam sich vor wie ein Narr. Und doch wußte er, daß er die Rolle, die ihm aufgezwungen worden war, noch eine Weile ausfüllen mußte, wenigstens so lange, bis das Heer den Baen Draw erreichte. Dann aber würde es hoffentlich vorbei sein. Sein Blick schweifte zu Allanon hinüber. Der Druide ritt schweigend an seiner Seite, dunkel und unergründlich das Gesicht. Sorgsam hielt er seine Gedanken vor Andor verborgen, und nur einmal auf dem Rückmarsch hatte er sein Schweigen gebrochen. »Mir ist jetzt klar, warum sie uns so weit herankommen ließen«, hatte er gesagt. »Sie wollten uns in diese Berge locken.« »Sie wollten?« hatte Andor gefragt. »Ja, Elfenprinz«, hatte Allanon erwidert. »Da ihrer so viele sind, wußten sie, daß wir keine Möglichkeit hatten, sie aufzuhalten. Sie ließen uns in eine Falle tappen.« Ein Reiter tauchte am Horizont auf, jagte einsam über das grüne Land dem Zug der Elfen entgegen. Andor hob den Ellcrys-Stab und gab das Zeichen zum Halten. Mit Allanon an seiner Seite ritt er voran, dem einsamen Reiter entgegen. So ruckartig hielt dieser sein Pferd an, daß das Tier sich hoch aufbäumte. Andor kannte den Mann, einen Kurier im Dienst seines Bruders.