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»Wir können sie nicht aufhalten, Befehlshaber. Ihr könnt nur ihren Vormarsch verzögern.«

»Verzögern?«

»Ja, verzögern, nicht mehr, um der Botin des Ellcrys den Vorsprung zu verschaffen, um das Blutfeuer zu finden und nach Arborlon zurückzukehren.«

»Hört mir damit auf!« rief Pindanon verächtlich schnaubend. »Soll unser Schicksal in den Händen dieses Mädchens liegen? Druide, ich glaube nicht an die Legenden der alten Welt. Wenn das Westland gerettet werden soll, dann kann es nur durch den Mut seiner waffentragenden Männer gerettet werden — durch das Geschick und die Erfahrung seiner Soldaten. Dämonen sterben genau wie andere Wesen aus Fleisch und Blut.«

»Ja, ebenso wie Elfen«, versetzte der Druide vielsagend.

Darauf lastete eine bedrückende Stille im Raum. Pindanon wandte den anderen zornig den Rücken zu. Nach einer Weile wirbelte er herum.

»Treten wir ihnen nun am Baen Draw entgegen oder nicht, Prinz Andor? Bisher habe ich nur meine eigenen Vorschläge vernommen.«

Andor zögerte, wünschte, Allanon würde dem etwas entgegnen. Doch es war Stee Jans, der vortrat, und dessen tiefe Stimme das Schweigen brach.

»Herr, gestattet Ihr, daß ich spreche?«

Andor hatte beinahe vergessen, daß auch der Befehlshaber der Freitruppe anwesend war. Er sah den kräftigen, hochgewachsenen Mann an und nickte.

»Herr, während ihres Einsatzes in den Grenzländern hat sich die Freitruppe mehr als einmal ähnlichen Situationen gegenübergesehen. Wir sind stolz darauf, daß wir stets den Sieg davongetragen haben, obwohl unsere Feinde uns häufig an Zahl überlegen waren. Wir sind durch eine harte Schule gegangen, aber wir haben einiges gelernt. Beispielsweise dies: Niemals sollte man feste Verteidigungsstellungen errichten, wenn die Gefahr besteht, daß ein zahlenmäßig überlegenes Heer einen überrennen wird. Wir haben gelernt, unsere Abwehrfront in eine Anzahl beweglicher Linien aufzuteilen, die immer wieder den Standort wechseln. Diese Linien greifen nacheinander an und weichen dann wieder zurück, wobei sie den Feind bald in der einen, bald in der anderen Richtung mit sich ziehen. Immer greifen sie an den Flügeln an, so daß der Feind gezwungen wird, sich dorthin zu konzentrieren, und entziehen sich dann mit schneller Flucht dem Gegenangriff des Feindes.«

Pindanon lachte verächtlich. »Auf diese Weise macht ihr keinen Boden gut, ja, ihr könnt die Stellungen nicht einmal halten, Befehlshaber.« Stee Jans wandte sich ihm zu.

»Wenn man mit diesen Flügelangriffen die feindlichen Linien weit genug auseinandergezogen hat, dann schließt man an beiden Flügeln die Reihen und nimmt ihn in die Zange. Etwa so!«

Er legte die Hände V-förmig gegeneinander und schlug sie klatschend zusammen. Verblüfftes Schweigen folgte der Demonstration.

»Ich weiß nicht«, murmelte Pindanon zweifelnd.

»Wie würdet Ihr Baen Draw verteidigen?« fragte Andor gespannt.

»Ich würde eine Variation dessen, was ich Euch eben geschildert habe, anwenden«, antwortete Stee Jans. »Bogenschützen an den Hängen des Kensrowe unmittelbar über der Einmündung in den Engpaß, um den Vormarsch zu stören. Fußsoldaten am Ende des Passes, so als wolltet Ihr den Baen Draw auf die gleiche Art und Weise zu halten versuchen wie das Halys-Joch. Wenn die Dämonen angreifen, halten die Linien eine Zeitlang stand, dann aber weichen sie zurück. Sollen die Dämonen ruhig die Stellung durchbrechen. Ihr müßt ihnen nur ein Kaninchen geben, dem sie hinterherjagen können, das heißt, Ihr müßt eine Kavallerieeinheit abstellen, um den Feind immer weiter zu locken. Wenn die Linien weit auseinandergezogen sind und die Flügel ungedeckt, dann gilt es, von beiden Seiten auf sie einzudringen, und zwar schnell, damit sie nicht zurückweichen können oder Verstärkung bekommen. Am besten halten sich die Soldaten die Dämonen mit Lanzen vom Leibe. Die Dämonen haben keine Waffen wie die unseren. Wenn man außerhalb ihrer Reichweite bleibt, können sie einem nichts anhaben. Sobald die vorderen Reihen ihres Heeres vernichtet sind, laßt Ihr das Kaninchen ein zweites Mal springen. Diesmal lockt es die Dämonen in eine andere Richtung. Es kommt darauf an, sie nicht zur Ruhe kommen zu lassen und sich auf ihre Flügel zu konzentrieren.«

Die Elfen starrten den Grenzländer an. Pindanon runzelte noch immer zweifelnd die Stirn.

»Und wer wäre das Karnickel bei diesem Spiel?«

Stee Jans lächelte verschmitzt.

»Wer wohl, Befehlshaber?«

Pindanon zuckte die Schultern. Andor blickte fragend zu ihm hinüber.

»Es könnte gelingen«, gab der alte Krieger widerstrebend zu. »Vorausgesetzt natürlich, das Karnickel versteht sein Handwerk.«

»Oh, das Karnickel hat einige Tricks auf Lager«, versetzte Stee Jans. »Nur deshalb ist es ja noch am Leben.«

Andor blickte rasch zu Allanon hinüber. Der Druide nickte ihm zu.

»Dann haben wir unseren Plan zur Verteidigung des Sarandanon«, verkündete der Elfenprinz. Seine Hand umschloß die Pindanons, dann jene des Eisenmannes. »Wir wollen alles dafür tun, daß ihm Erfolg beschieden ist.«

32

Arion Elessedil wurde beim ersten Licht des neuen Tages der Erde zurückgegeben. Sein Bruder, Pindanon und vier Dutzend Soldaten der Leibgarde bestatteten ihn gemäß der Elfentradition zum Zeitpunkt der Geburt des neuen Tages, zum Zeitpunkt seines Anfangs. Schweigend trugen sie den Leichnam zu einer von Eichen beschatteten Anhöhe unterhalb vom Baen Draw, die nach Westen hin die blauen Weiten des Innisbore-Sees überblickte und nach Osten das grüne Tal des Sarandanon. Dort legten sie den erstgeborenen Sohn Eventine Elessedils zur letzten Ruhe, gaben seine sterbliche Hülle der Erde zurück, die ihm das Leben geschenkt hatte. Sie setzten dem Kronprinzen kein Zeichen. Allanon hatte gewarnt, daß es unter den Dämonen welche gab, die nach solchen Zeugnissen suchen und die Ruhe der Toten stören würden. Nicht mit Liedern, nicht mit Worten, nicht mit Blumen gedachte man Arion Elessedils. Nichts blieb von ihm als Erinnerungen. Andor bemerkte die Tränen in den Augen all jener, die sich mit ihm eingefunden hatten, und sagte sich, daß Erinnerungen genügen mußten. Kaum eine knappe Stunde später griffen die Dämonen die Elfen am Baen Draw an. Ihr Kreischen und Heulen zerfetzte die Stille der Morgendämmerung, als sie in wilden Scharen aus den nördlichen Hügeln herabstömten. Wie am Halys-Joch wälzten sie sich in einer gewaltigen Woge zuckender dunkler Leiber heran, den entfesselten Wassern einer Springflut gleichend. Am unteren Ende des Baen Draw warteten die Schlachtreihen der Elfen, Lanzer und Pikeniere, die mit kampfbereiten Waffen Schulter an Schulter standen. Als die vordersten Dämonen-Horden sich ihnen entgegenstürzten, hob plötzlich auf den Hängen des Kensrowe ein mächtiges Summen an, und ein Schauer gefiederter Pfeile regnete auf die kreischenden Horden herab. Unzählige Dämonen fielen und wälzten sich zuckend am Boden, wurden von jenen überrannt, die nach ihnen kamen. Schauer um Schauer dunkel gefiederter Pfeile brach über sie herein, und Hunderte starben in dem ersten Ansturm. Schließlich aber war die Phalanx doch erreicht, und die Dämonen rannten blind und haßerfüllt gegen sie an. Ihre Schmerzensschreie gellten durch den Morgen, als die eisernen Spitzen von Lanzen und Piken ihre Körper durchbohrten. Der Angriff geriet ins Stocken und wurde schließlich vollends zurückgeschlagen. Und auch der nächste, eine plötzliche Flutwelle mißgestalteter Leiber mit klauenbewehrten Gliedern und gierigen Zähnen, wurde zurückgeworfen. Auf der Erde vor der Abwehrmauer der Elfen häuften sich Sterbende und Tote. Aber immer noch stürmten die Dämonen-Horden an, unerschöpflich an Zahl, und endlich gerieten die Linien der Elfen ins Wanken und zerbrachen. Triumphierend quoll die zuckende Masse der Dämonen durch die Bresche, die sie geschlagen hatte.

Augenblicklich wurden sie von einer Schar grauer Reiter bedrängt, die von einem hochgewachsenen, narbengesichtigen Mann auf einem mächtigen Rotschimmel angeführt wurden. Die Reiter jagten mit durch die Luft sirrenden Lanzen an der Spitze des Dämonensturms vorüber. Und schon waren sie wieder entschwunden, galoppierten mit fliegenden grauen Umhängen, tief über die Hälse ihrer Pferde geneigt, ins Tal zurück. In blinder Raserei setzten die Dämonen ihnen nach. Nur Augenblicke später wirbelten die Reiter herum und fielen mit gesenkten Lanzen erneut über die Verfolger her. Verwundete brüllten im Todeskampf, und Tote blieben reglos liegen, während die Geisterreiter schon wieder abschwenkten. Die Dämonen stürzten ihnen heulend vor ohnmächtiger Wut nach.