Выбрать главу

Einige hundert Schritt von der Mündung des Baen Draw entfernt kämpften die Elfen und die Grenzländer mit dem Mut der Verzweiflung, um die Übermacht der Dämonen am Einbruch in das Sarandanon zu hindern. Es war eine schreckliche, grausame Schlacht, und der Geruch des Todes breitete sich in der Sommernacht aus. Kael Pindanon stürzte, als sein Pferd unter ihm in die Knie ging. Der alte Kämpe kam nur schwankend wieder auf die Füße, und noch während seine Hand zum Schwert griff, stürzten sich die Dämonen heulend auf ihn. Elfen-Jäger versuchten, ihren bedrängten Befehlshaber zu erreichen, bahnten sich mit Schwertern und Lanzen einen Weg durch die Dämonenmassen, die sich ihnen entgegenstemmten. Doch sie kamen zu spät, krallenbewehrte Hände packten Pindanon und rissen den alten Mann in den Tod.

In demselben Augenblick löste sich eine Handvoll Dämonen aus dem Gros der Angreifenden und drang auf Andor Elessedil ein. Durch den Ring der Elfen-Jäger, die sich rund um ihn mit dem Feind schlugen, brachen die Dämonen und sprangen wie Raubkatzen den Elfenprinz an. Wie einen Schild riß er den Ellcrys-Stab in die Höhe, und seine Angreifer wichen kreischend vor Wut zurück. Doch Andor war jetzt ganz allein, umzingelt von mißgestalteten schwarzen Wesen, die nach ihm schnappten und an ihm rissen und nur auf eine Gelegenheit warteten, die Abwehr seines Talismans einzureißen. Elfen-Jäger mühten sich verzweifelt, dem Prinzen zu Hilfe zu kommen, doch die Dämonen versperrten ihnen den Weg, zerfetzten alle, die sich zu nahe heranwagten, wehrten fauchend und schnaubend die Hiebe und Stiche von Lanzen und Schwertern ab. Ihre Brüder eilten herbei, um ihnen Beistand zu leisten, als sie sahen, daß der Träger des verhaßten Talismans umzingelt war.

Da warf sich ein hünenhafter, narbengesichtiger Grenzländer in das Kampfgetümmel. Der graue Umhang, mit Schmutz und Blut besudelt, flatterte im Wind, als der Riese mit kraftvollen Schlägen seines großen Schwertes die finsteren Dämonen-Horden auseinandertrieb, bis er schließlich direkt an Andors Seite stand. Wutgebrüll erhob sich von den Dämonen, und sie stürzten sich auf ihn. Doch Stee Jans stand unerschütterlich wie ein Fels und wehrte Andors Angreifer ab, während er seine Leute herbeirief. Augenblicklich preschten sie auf ihren Pferden heran und schlossen sich in einem eisenbewehrten Kreis um ihn. Da schwang er sich wieder auf seinen Rotschimmel und hob sein Schwert. Die grauen Reiter griffen an, und ihr Schlachtruf gellte laut durch die Nacht.

Eine ganze Weile gewahrte Andor gar nicht, was um ihn geschah. Dann erblickte er im dunstigen Schein des trügerischen Mondlichts die Männer der Freitruppe unter der Führung von Stee Jans. In der einen Hand sein gewaltiges Schwert, in der anderen die Kriegsfahne der Freitruppe, ritt er mit fliegendem roten Haar gegen die Dämonen an. Die Freitruppe griff an, ein kleiner Trupp Todesmutiger gegen Hunderte von Dämonen! Sogleich ergriff der Elfenprinz die Zügel eines reiterlosen Pferdes, schwang sich in den Sattel und trieb das Tier an, während er seine Leute zusammenrief. Aus allen Richtungen strömten die Elfen herbei, um sich um ihn zu scharen, und er stürmte furchtlos mitten in die Reihen der Dämonen hinein, um an der Seite der Grenzländer zu kämpfen. In kraftvollem Ansturm jagten Elfen und Grenzländer in den Baen Draw hinein und trieben die Dämonen vor sich her. Wie Berserker schlugen sich Reiter und Fußsoldaten mit Lanzen, Piken und Schwertern den Weg frei, während sie sich, wie aus einem Munde, mit den Schlachtrufen ihrer Heimatländer Mut machten.

Nur kurze Zeit widerstanden die Dämonen dem Angriff. Kreischend vor Wut und Haß versuchten sie, die Wahnsinnigen, die sich so beherzt in ihre Mitte geworfen hatten, zu Boden zu reißen. Doch der Hüne mit dem gewaltigen Schwert und der Kriegsfahne der Freitruppe hatte den Elfen neuen Mut verliehen, der sie anspornte, dem Tod ohne Furcht ins Auge zu sehen, alles hintansetzend außer ihrer Entschlossenheit, diese schleimigen, zuckenden, grauenvollen Gestalten zu vernichten, die sich ihnen in den Weg stellten. Die Reihen der Dämonen gerieten ins Wanken und wichen zurück, schrittweise zunächst, dann in wilder Flucht, denn der Zorn und die Wut, die jetzt von dem Heer der Elfen Besitz ergriffen hatten, waren verheerender als ihre eigene. So ergriffen sie die Flucht in das nördliche Hügelland, in die bergenden Schatten der Nacht.

Innerhalb von Augenblicken war der Baen Draw zurückerobert worden, und das Sarandanon lag wieder in den Händen der Elfen.

Mit nacktem Oberkörper saß Andor Elessedil in seinem Zelt, während Elfen-Jäger die Verletzungen behandelten, welche die Dämonen ihm in der Schlacht beigebracht hatten. Schweigend saß er da auf seinem Lager. Die Verwundungen schmerzten höllisch, und alle Glieder taten ihm weh, vor Mattigkeit und Erschöpfung. Boten kamen und gingen, um ihm von den Aktivitäten des Heeres zu berichten, das sich anschickte, neuerlich die Einmündung zum Baen Draw zu blockieren. Soldaten der Leibgarde bewachten das Zelt. Das Eisen ihrer Waffen glitzerte im Licht der Feuer.

Der Elfenprinz war gerade dabei, sich die Rüstung anzulegen, als sich plötzlich die Klappe des Zelts öffnete und Stee Jans aus dem Dunkel der Nacht auftauchte. Seine hochgewachsene Gestalt war von Schmutz, Asche und Blut bedeckt. Im Zelt wurde es augenblicklich still. Mit einem kurzen Wort gebot Andor allen zu gehen, und Andor trat zu dem Grenzländer hin. Wortlos drückte er ihm die Hand.

»Ihr habt uns heute abend alle gerettet, Befehlshaber«, sagte er leise. »Wir stehen tief in Eurer Schuld.«

Stee Jans schüttelte langsam den Kopf.

»Herr, Ihr schuldet mir nichts. Ich bin Soldat. Was ich heute nacht getan habe, war nicht mehr als meine Pflicht.«

Andor lächelte müde. »Davon werdet Ihr mich nie überzeugen. Aber ich achte und bewundere Euch zu sehr, um mich darüber mit Euch zu streiten. Ich will Euch einfach danken.« Er gab die Hand des Hünen frei und trat zurück. »Kael Pindanon ist tot. Ich brauche einen neuen Befehlshaber für mein Heer. Ich wünsche, daß Ihr dieses Amt übernehmt.«

Der Grenzländer schwieg einen Augenblick.

»Herr, ich bin kein Elf, ich stamme nicht einmal aus diesem Land.«

»Ich weiß keinen Elfen oder Landsmann, der besser als Ihr geeignet wäre, dieses Heer zu befehligen«, entgegnete Andor sogleich. »Euer Plan war es, der es uns ermöglichte, den Baen Draw zu halten.«

Stee Jans senkte den Blick nicht.

»Es gibt gewiß Leute, die die Klugheit Eurer Entscheidung bezweifeln würden.«

»Es gibt Leute, die die Klugheit jeder Entscheidung bezweifeln würden.« Andor schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht mein Vater und auch nicht mein Bruder, und ich bin auch nicht der Führer, den sie sich ausgesucht hätten. Doch wie dem auch sei, ich bin es jetzt, der die Entscheidungen zu treffen hat, und ich habe meine Entscheidung gefällt. Ich wünsche Euch als Befehlshaber des Heeres. Nehmt Ihr an?«

Der Grenzländer überlegte lange, bevor er antwortete.

»Ja«, sagte er dann.

Andor spürte, wie ein Teil der Mattigkeit von ihm abfiel.

»Dann wollen wir anfangen …«

Sie fuhren beide herum, als sich in den Schatten nahe des Eingangs plötzlich etwas bewegte. Dort stand Allanon. Sein Gesicht war eine starre Maske der Bitterkeit.

»Die Kundschafter, die Ihr nach Süden und Norden geschickt habt, sind zurück.« Der Druide sprach leise. Die Worte entflohen beinahe wie ein Zischen seinem Mund. »Jene, die nach Süden ritten, am Innisbore-See entlang, erkundeten nichts. Die aber, die im Norden waren, stießen auf ein Heer von Dämonen, so gewaltig, daß die Horden, mit denen wir uns hier am Baen Draw geschlagen haben, sich daneben wie ein armseliges Häuflein ausnehmen. Das Heer marschiert an der Ostwand des Kensrowe-Gebirges entlang nach Süden. Es wird schon jetzt ins Sarandanon eingedrungen sein.«