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Die Lanze schien Alrik schwerer. Vielleicht erlahmten aber auch seine Kräfte? Der Oberst wendete den Braunen. O ihr Götter, laßt ihn mich wenigstens im Sattel wanken sehen, dachte der junge Ritter verzweifelt. Dann gab er dem Pferd die Sporen. Er hatte den Eindruck, als würden Cromags Kräfte mit jedem Angriff wachsen. Dann traf ihn wieder die Lanze. Bunte Blitze zuckten vor seinen Augen, und er schrie unter der Wucht des Aufpralls laut auf und glitt nach hinten. Verzweifelt versuchte er seine Schenkel um den Hengst zu schließen, doch die Wucht des Aufpralls riß ihn aus dem Sattel. Selbst sein Pferd strauchelte.

Alrik versuchte, sich zur Seite zu rollen, um nicht unter dem stürzenden Hengst begraben zu werden. Mit dem Rücken schlug er gegen die niedrige Mauer, die die Brücke begrenzte. »O Rondra«, stöhnte er, dann schwanden ihm die Sinne.

Laute Stimmen bohrten sich schmerzend in das Bewußtsein des Ritters. Nun konnte er verstehen, was sie riefen. »Cromag! Cromag!« Die Feen feierten den Sieg ihres Streiters. Langsam erinnerte sich Alrik. Sein Sattelgurt war gerissen, und er war vom Pferd gestürzt. Mühsam plagte er sich auf. Jeder Atemzug schmerzte. Wahrscheinlich hatte er sich beim Aufprall auf das steinerne Brückengeländer einige Rippen gebrochen. Als er sich stöhnend wieder aufrichtete, verstummten die Jubelrufe des Feenhofvolkes.

Cromag wendete sein Pferd und fauchte wie eine Raubkatze. Dann gab er seinem schnaubenden Reittier die Sporen und preschte auf Alrik zu. Der Oberst griff nach der Lanze, die neben ihm am Boden lag. Er hatte den Ebermann bei ihrem letzten Aufeinandertreffen nicht einmal gestreift; die Waffe war noch intakt.

Der junge Ritter stützte das Ende der Lanze auf dem Boden ab und stellte seinen Fuß dahinter, während er mit der Spitze nach der Kehle seines Gegners zielte. So hatte er es schon oft bei den Pikenieren der kaiserlichen Armee gesehen, wenn sie sich heldenhaft einer gegnerischen Kavallerieattacke stellten.

Unter dem Fuß verborgen stützte ein vorspringender Stein des Brückenpflasters den Lanzenschaft. Vielleicht mochte die Lanze so zerbrechen, doch verrutschen würde sie nicht, und dieses Monster mochte gleich denken, daß es die Faust eines Gottes getroffen hat, dachte Alrik grimmig lächelnd. Dann war Cromag heran.

Geschickt tauchte der Oberst unter der Lanzenspitze seines Gegners hinweg, während seine Waffe den oberen Rand von Cromags Schild traf. Krachend bog sich der Schaft der Waffe, und Alrik glaubte die Brücke unter seinen Füßen erbeben zu spüren.

Doch diesmal brach die Lanze nicht, sondern durchschlug den Schild des Ebermanns und fuhr ihm durch die Rüstung in die Schulter. Rasend vor Schmerz schrie das Ungeheuer auf, ließ seine Waffe fallen und umklammerte mit der Rechten den blutbesudelten Lanzenschaft.

Wütend bäumte sich das schwarze Pferd auf und drohte Alrik, mit seinen Hufen zu erschlagen. Der junge Ritter wich einige Schritt zurück und zog sein Schwert.

Inzwischen hatte sich Cromag schnaufend die Lanzenspitze aus der Schulter gerissen und in hohem Bogen über das Brückengeländer in den Fluß geschleudert. Dann griff er nach einem Rabenschnabel, der von seinem Sattel baumelte, einer langstieligen Waffe, die entfernt einem Hammer ähnelte und ein stumpfes Ende sowie einen scharfen, gebogenen Dorn besaß.

Einen lauten Kampfschrei auf den Lippen, drang das Monstrum auf Alrik ein. Wie ein Blitz zuckte die tödliche Waffe auf den Ritter herab, der seinen Schild schützend in die Höhe riß. Krachend schlug die gebogene Spitze ein Loch in den Runenschild.

Und wieder holte Cromag aus. Alrik mußte rückwärts ausweichen, um nicht unter die Hufe des Pferdes zu geraten, als ihn der zweite Hieb traf. Diesmal verfehlte die gebogene Spitze nur knapp seinen Arm, als sie erneut den Schild durchschlug. Gleichzeitig traf ihn ein Tritt des Pferdes in den ungedeckten Bauch. Alrik kippte zur Seite, während Cromag seinen Hengst wendete und steigen ließ.

Alrik duckte sich hinter den Zwergenschild und wartete auf den Angriff, als eine laute Stimme über den Kampfplatz hallte. »So nicht, Cromag! Du sollst ihn nach den Regeln des ritterlichen Zweikampfs besiegen. Steig vom Pferd!«

Funkenstiebend stießen die Hufe des Rappen dicht neben Alrik auf das steinerne Pflaster der Brücke. Dann lenkte der Ebermann sein Reittier auf den Feenhofstaat zu. Grunzend rief er den Rittern Ornavals etwas zu und schleuderte seinen Schild beiseite.

Der Oberst blickte zu Andra. Der braune Hengst war zu ihr zurückgekehrt. Das mächtige Tier stand neben der Jägerin, die ihm zuwinkte. Alrik strich sich über den rechten Arm, wo er ihr Liebespfand trug. Er wollte weiterleben, wollte mit ihr noch unzählige Nächte verbringen und nicht jetzt schon in Borons dunkle Hallen eingehen.

Hinter dem Ritter erklangen Schritte. Cromag war auf die Brücke zurückgekehrt. Den Rabenschnabel, der eine Reiterwaffe war, hatte er gegen eine Ochsenherde eingetauscht. Eine Kettenwaffe mit kurzem hölzernen Stiel und drei schweren, dornengespickten Eisenkugeln.

Mit müdem Arm hob Alrik seinen Schild. Er mußte an die Worte denken, die sein Vater ihm so oft während ihrer gemeinsamen Waffenübungen gesagt hatte.

Im Kampf sind nicht allein Geschicklichkeit und Kraft entscheidend, den Sieg bringt dir dein Gottvertrauen.

»Für Praios! Den Tod allen Gottlosen!« schrie der Ritter und stürmte mit erhobenem Schwert auf Cromag zu. Doch das Monster wich mit einer Behendigkeit aus, die Alrik dem Untier gar nicht zugetraut hatte. Gleichzeitig holte Cromag zum Schlag aus. Alrik riß den Schild hoch, doch die Kettenkugeln schlugen über den Rand und trafen ihn hart am Arm. Stöhnend vor Schmerz wich er zurück.

Das eberköpfige Monstrum folgte ihm auf dem Fuß. Mit bösartigem Grunzen ließ Cromag die Ochsenherde über seinem Kopf kreisen, um erneut zuzuschlagen.

Die Schmerzen im Schildarm waren so stark, daß Alrik kaum noch klar denken konnte. Am liebsten würde er einfach fortlaufen, doch Cromag würde ihm folgen und von hinten erschlagen. Wenn schon sterben, dann wie es sich für einen Ritter geziemte. Wieder wich der junge Oberst um einige Schritte zurück. Er mußte zum Angriff übergehen, doch er fand keine Lücke in der Deckung des Ungetüms. Oder sollte er sich einfach hinter den Schild geduckt, mit dem ganzen Gewicht seines Körpers gegen Cromag werfen. Falls das Untier stürzte, konnte er sein Schwert vielleicht durch einen Spalt im Plattenpanzer des Ungeheuers rammen.

Erneut krachte die Ochsenherde gegen Alriks Schild. Splitternd zerbrach der obere Rand, und ein Stück des eisernen Reifens, der den Holzschild einfaßte, wurde fortgerissen.

Alrik taumelte zurück und prallte gegen das steinerne Geländer der Brücke. Cromag ließ die schreckliche Waffe über seinem Kopf kreisen und setzte ihm nach.

Mit einem Schrei stürmte der Ritter auf das Monstrum zu, doch als hätte es geahnt, was er vorhatte, schlug es in tiefem Bogen nach Alriks Beinen. Der Ritter wurde beiseite geschleudert. Benommen lag er an das Brückengeländer gelehnt. Seine Beine waren völlig gefühllos. Alrik versuchte sich aufzurichten. Vergebens!

Wieder ließ das Ungeheuer die Ochsenherde auf ihn herabsausen. Noch einmal konnte er den Schlag abfangen, aber erneut war ein Stück aus dem Schild herausgebrochen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis von Linoschs Holzschild nichts mehr übrig sein würde.

Wieder traf ihn ein Schlag. Eine der Kettenkugeln schlug um den Schildrand und traf ihn am Arm. Doch Alrik spürte keine Schmerzen mehr. Dies war also das Ende. Rondra schütze mich, dachte der Ritter. Laß mich nicht in die finsteren Hallen Borons eingehen. Gewähre mir einen Platz in deinem Haus des Lichtes!

Zischend fuhr die Ochsenherde herab, um auch den letzten Funken Leben aus ihm herauszuprügeln.

Bald ist es vorbei! Alrik war am Rande der Ohnmacht. Irgendwo in weiter Ferne hörte er eine gellende Stimme, die um Gnade für ihn bat. Über sich gewahrte er einen mächtigen Schatten. Cromag holte erneut aus.

Alrik hatte nicht einmal mehr die Kraft, den Arm zu heben.