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»Ich danke Euch für Euren überaus weisen Beitrag, Herr Admiral, doch vielleicht solltet Ihr es den Heerführern überlassen, den Krieg zu Lande zu planen.« Haffax war immer noch in Rage und würdigte den Admiral keines Blickes.

»Jeder in dieser Runde hat das Recht, seine Meinung vorzutragen.« Der Prinz hatte nur leise gesprochen, doch in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Redet!«

»Nun«, Admiral Sanin zögerte ein wenig. »Ich bin mir durchaus der Gefahr bewußt, die aus einer Schwächung der Frontlinie resultiert. Doch habe ich einen Plan, der mit einem minimalen Einsatz der Truppen, die unter Eurem Kommando stehen, eine optimale Wirkung garantiert. Wir müssen nur den Mut zu unkonventionellem Denken aufbringen ...«

Der Admiral Rateral Sanin, Markgraf zu Windhag, stand in dem Ruf, mit ungewöhnlichen Vorschlägen schon häufig die gesamte kaiserliche Admiralität in heillose Verwirrung gestürzt zu haben.

Dennoch konnte Alrik den Ausführungen des Flottenkommandanten kaum folgen. Die Anstrengungen des Nachmittags waren zuviel für ihn gewesen.

Zwei Tage später saß der junge Oberst in einer kaiserlichen Kutsche und befand sich auf dem Weg nach Gareth. Der Medicus der Garnison von Wehrheim hatte zwar lautstarken Protest eingelegt, doch letzten Endes konnte er Alrik nicht daran hindern, sich gemeinsam mit dem Prinzen auf den Weg zu machen.

Die rote sechsspännige Kutsche mit dem kaiserlichen Wappen war ein wahres Luxusgefährt. Gut gefedert und mit ledernen Polstern versehen, bot sie dem Reisenden alle Bequemlichkeit. Und dennoch spürte der Oberst schmerzlich jedes Schlagloch auf der ausgefahrenen Straße. Hölzerne Schienen und straffe Leinenverbände machten Alrik fast so unbeweglich wie eine Marionette, der man die Fäden durch trennt hatte. Außerdem saß er auch noch alleine in der Kutsche, so daß seine einzige Unterhaltung die Regenschauer waren, die unablässig auf das Kutschdach trommelten. Der Prinz hatte davon abgesehen, den Komfort einer Kutschfahrt zu genießen. Wie alle anderen in der schier endlosen Reiterkolonne, die sich über die Reichsstraße nach Süden bewegte, war er dem eisigen Regen ausgesetzt.

Alrik blickte durch das beschlagene Fenster die Straße entlang, die gerade eine weite Kehre machte, so daß er fast die ganze Kolonne überblicken konnte. Naß und schlaff hingen die Fahnen der einzelnen Einheiten herab. Ganz vorne konnte er den Prinzen, Admiral Sanin, der sich für einen Seemann ganz gut zu Pferde hielt, und einige andere Offiziere erkennen. Ihnen schlossen sich mehr als dreihundert Reiter der verschiedensten Waffengattungen an.

Hinter der Kutsche folgte der Troß. Fast zwei Dutzend schwer beladene Planwagen. Nachdem Marschall Haffax einmal davon überzeugt war, daß er den Prinzen nicht von seinen Plänen abhalten konnte, hatte er ihm die besten Männer und das beste Material zusammengestellt.

Prinz Brin wollte die besten Reitereinheiten von der langen Front zu dem von Orks besetzten Gebiet abziehen. Wenn nur Kavallerie verlegt wurde, blieb das Risiko, daß die Orks einen Durchbruch durch die geschwächte Frontlinie schafften, noch am geringsten. Sollten die Schwarzpelze trotz des Winters einen Angriff wagen, wären die Reiter in wenigen Tagen zurückgekehrt. Brin war zuversichtlich, daß die Garderegimenter, die in Wehrheim und mehreren kleineren Garnisonen ihr Winterquartier bezogen hatten, stark genug sein würden, um dem ersten Angriff der Schwarzröcke standzuhalten.

Alrik war allerdings davon überzeugt, daß es dazu nicht kommen würde. Wie der Prinz und Admiral Sanin vermutete auch er, daß Sadrak Whassoi, der Oberbefehlshaber der Orks, den Winter dazu nutzen würde, seine Truppen neu zu formieren und zu verlegen, um irgendwo an der langen Front zum Kaiserreich überraschend loszuschlagen.

Für einen solchen Angriff kam im Grunde nur Greifenfurt in Frage. Durch die rebellische Stadt waren Hunderte von Kriegern gebunden, die einer harten Winterbelagerung entgegensahen. Außerdem waren auch die Nachschubwege der Orks empfindlich gestört, da Greifenfurt eine Schlüsselposition innehatte.

Wieder starrte Alrik in den Regen. Hoffentlich waren seine Verletzungen bis zum Tag des großen Angriffs verheilt. Der Generalstab hatte beschlossen, Ferdok zum Winterhauptquartier zu machen. Dort sollte die Operation beginnen, der Admiral Sanin den harmlosen Decknamen ›Zug der Lachse‹ gegeben hatte. Um genügend Männer und Material für diese ungewöhnliche Militäraktion zusammenzubekommen, waren schon am Vortag Meldereiter zu allen wichtigen Städten des Kaiserreichs aufgebrochen, vor allem zu den Häfen an der Westküste. Wenn Sanin wirklich durchsetzen könnte, was er vor zwei Nächten dargelegt hatte, würde eine Offensive eingeleitet, wie sie die gesamte aventurische Kriegsgeschichte noch nicht gesehen hatte. Der Plan war schlichtweg genial, doch trotz aller Raffinesse würde der Erfolg weniger vom militärischen Geschick als von Sanins organisatorischen Fähigkeiten und der Wetterlage in den nächsten Wochen abhängen.

11

Kolon stand in dem einfachen Zelt hinter dem mittleren der Erdhügel, die die Orks vor Greifenfurt aufgeworfen hatten. ›Zelt‹ war eine sehr schmeichelhafte Bezeichnung für die große Lederplane, die man zwischen einigen stabilen Stangen aufgespannt hatte. Sie hielt zwar notdürftig den Regen ab, keineswegs aber den rauhen Wind. Der Zwerg war deshalb dazu übergegangen, seine Berechnungen auf kleinen Wachstafeln statt auf Pergament auszuführen. Die Tafeln waren mit einem hölzernen Rahmen eingefaßt, und zwei Rückwände aus rotem Nußbaumholz verliehen den Wachstafeln zusätzliche Stabilität. Kleine Eisenringe zwischen den Tafeln erlaubten sie wie ein kleines Buch zusammenzuklappen.

Kolon kratzte sich mit dem eisernen Schreibgriffel am Hinterkopf. Wenn seine Berechnungen stimmten, müßten alle drei Tunnel in den nächsten Tagen die östliche Stadtmauer erreichen. Dann könnte man in spätestens einer Woche losschlagen, wenn da nicht diese aberwitzigen Pläne der Orkschamanan gewesen wären. Immer häufiger inspizierten sie seine Tunnel, als würden sie seiner Arbeit nicht trauen. Auch bestanden sie darauf, daß er die Tunnel so zu legen hätte, daß sie unterhalb des Platzes der Sonne zusammentrafen.

Verrückt! Diese Schwarzpelze mochten Büffel jagen können, vom Tunnelbau und den damit verbundenen Problemen hatten sie keine Ahnung! Immerhin müßten selbst die Krieger der Orks nun seine Arbeiten unterstützen. Fast täglich wurden Trupps ausgeschickt, um neues Holz zu schlagen. Kolon brummte wütend vor sich hin. Die Hälfte der Menschensklaven war damit beschäftigt, aus den Baumstämmen Balken und Bretter zu sägen. Was an Material verbraucht wurde, um die drei Tunnel mit Holzverschalungen zu sichern, war enorm. Schon seit zwei Wochen war kein einziges Katapult mehr gebaut worden. Die Feindseligkeiten gegen die Stadt beschränkten sich auf gelegentliches Störfeuer. Wenn das Wetter aufklarte, beschossen sie Greifenfurt gelegentlich mit primitiven Feuerkugeln. Doch durch den andauernden Regen war alles so durchnäßt, daß diese Angriffe fast keine Wirkung zeigten.

Kolon beugte sich wieder über seine Berechnungen auf den Wachstafeln. Es war schlichtweg verrückt, nicht anzugreifen, sobald die Tunnel einige Schritt hinter die Stadtmauer reichten. Es grenzte ohnehin an ein Wunder, daß es noch zu keinem ernsthaften Unfall gekommen war. Auch die Belüftung der Tunnelanlagen wurde immer schwieriger. Die Luft am Ende der fast zweihundert Schritt langen Erdgänge war so schlecht, daß die Arbeiter sich alle paar Augenblicke hinsetzen mußten, um Atem zu schöpfen. Der Zwerg schob sich den Schreibgriffel in den Gürtel. Es wäre an der Zeit, den südlichsten Tunnel noch einmal in Augenschein zu nehmen. Die Arbeiten dort waren am weitesten fortgeschritten. Vielleicht waren sie hier sogar schon unter der Stadtmauer durch.