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»Aber ...« Arthag stand ratlos vor der Versammlung. Wieder erschien es ihm, als würden ihn alle anstarren. »Aber ich habe mein Wort gegeben, diese Botschaft nach Greifenfurt zu bringen, und König Tschubax hat mir dazu diese Ehrenwache mitgegeben.«

Er blickte über die Schulter zu den Zwergen, die dort in der Tür standen. Keiner von ihnen zeigte die geringste Regung, und doch konnte sich Arthag nur zu gut vorstellen, was in ihnen vorging. »Halte ich mein Wort nicht, dann sind mein Gefolge und ich ehrlos. Lieber werden wir sterben, als unseren Sippen solche Schande zu bereiten.«

»Du wirst deine Botschaft nach Greifenfurt bringen, mein Freund«, erklang eine vertraute Stimme.

Arthag hatte während seines ganzen Vertrags den Blick nicht vom Prinzen gewandt. Erst jetzt musterte er die Offiziere und Reichsräte, die entlang der Tafel versammelt waren. Und dann erkannte er den hochgewachsenen Mann mit dem kurzen Haar, der zu ihm sprach.

Der Wurzelsaft, mit dem er vor Wochen das Haar schwarz gefärbt hatte, war längst ausgewaschen; wie Gold schimmerte jetzt das Haupthaar Alriks von Blautann.

»Du kannst Ferdok nur mit uns allen gemeinsam verlassen. Versteh mich nicht falsch, Arthag, aber würden acht Zwerge versuchen, die Linien der Orks zu durchbrechen, so endete das mit einem traurigen Heldenlied über Todesmut. Das mag zwar ehrenvoll sein, deinen Auftrag hast du damit aber nicht erfüllt. Außerdem solltest du bedenken, daß du nicht nur für dich alleine, sondern auch für deine Begleiter die Verantwortung trägst.« Arthag war sich unschlüssig. Ließ er die Sache mit der Ehre beiseite und betrachtete das Problem leidenschaftslos, mußte er dem Oberst zustimmen.

»Und wann wird die Armee Ferdok verlassen?«

Wieder wurde es ruhig im Saal. Langsam wurde Arthag bewußt, daß er ungewollt ein sehr heikles Thema angesprochen hatte.

Schließlich antwortete ein Mann in der Uniform eines Admirals. »Das hängt von vielen Faktoren ab. Wir müssen erst eine genügend große Flotte aufbauen. Außerdem brauchen wir ausreichend Matrosen und Soldaten, und dann sollte der Wind auch noch günstig stehen.«

»Was soll das heißen?« Arthag war verwirrt. Was sollte das Gerede von Flotten und Matrosen? Es ging doch darum Greifenfurt zu befreien ... »Nun, es wird wohl noch ein paar Wochen dauern«, entgegnete der Admiral.

»Ein paar Wochen!« Nyrilla konnte nicht fassen, was sie da gehört hatte. Sie vergaß alle Etikette, blickte einen Moment in die Runde und fragte dann mit schneidender Stimme. »Seid Ihr sicher, daß es sich dann überhaupt noch lohnt aufzubrechen?«

»Nun, schöne Unbekannte«, erwiderte Admiral Sanin, »sollte ich einmal meinen Weg im Wald verlieren, greife ich gerne auf Eure Hilfe zurück. Doch die Planung größerer militärischer Operationen überlaßt doch bitte den Strategen.«

»Nun, Stratege, dann wünsche ich Euch viel Glück bei der Rückeroberung eines von Orks besetzten Greifenfurt ... in ein paar Wochen oder so.« Nyrilla machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Saal.

»Admiral Sanin, Eure höfischen Manieren lassen zu wünschen übrig. Ich erwarte, daß Ihr Euch bei nächster Gelegenheit bei der Dame in aller Form entschuldigt. Sie hat sich heldenhaft für unsere Sache geschlagen und verdient mit mehr Respekt behandelt zu werden.«

Der Admiral verbeugte sich vor seinem Prinzen.

»Zu Befehl, Eure Majestät. — Doch nun laßt uns weiter die Schiffsentwürfe einsehen, die uns Fürst Cuanu Ui Bennain geschickt hat. Dieser Mechanikus, von dem er schreibt, scheint ein sehr begabter Mann zu sein. Seht nur dieses Schiff mit dem Kran im Bug. Ich denke ...«

Während die Offiziere weiter beratschlagten, schlich sich auch Arthag aus dem Saal. Seinen Empfang hatte er sich anders vorgestellt. Obwohl die Argumente der Großlinge vernünftig klangen, wollte er nicht wochenlang in Ferdok bleiben.

Was sollte aus Hauptmann Himgi werden? Aus Marcian, Lysandra und all den anderen, die in Greifenfurt auf ihn warteten und hofften, daß sie eine Entsatzarmee bringen würden?

Traurig verließ er den Rittersaal und machte sich in der Stadt auf die Suche nach Nyrilla.

12

Zerwas hatte sich in den Reichsforst zurückgezogen und lange seine Rache geplant. Jede Nacht war er losgezogen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Er hatte einsame Köhler und Waldbauern tief im Süden des Waldes überfallen, hatte Jagd auf die gefürchteten Olochtai gemacht und einsame Außenposten der kaiserlichen Armee in Panik versetzt. Selbst nach Gareth war er einmal geflogen, um in seiner Dämonengestalt Angst und Schrecken zu verbreiten. Trotzdem konnte ihm all dies nicht seine Trauer und seinen Haß nehmen. Allein während er seinen Opfern das Blut aussaugte, vergaß er für wenige Augenblicke das Bild der schönen und rebellischen Sartassa, dieses wunderbare, verführerische und gefährliche Geschöpf.

Sie wäre an seiner Seite eine Königin der Finsternis gewesen und hätte nichts zu fürchten gehabt, außer dem hellen Licht des Tages, dem sie durch Marcians Verrat zum Opfer fiel.

Der Inquisitor würde dafür büßen! Marcian sollte dieselben Qualen leiden, die er in den letzten Wochen durchlebt hatte.

In den ersten Nächten nach dem Verrat hatte Zerwas daran gedacht, einfach in die Stadt zu fliegen und Cindira zu töten. Doch das wäre zu leicht gewesen. Zerwas hatte von dem Freudenmädchen einiges über Marcian erfahren, als er bei ihr lag und ihre Gedanken las. Wenn sie sich gestritten hatten, mied Cindira tagelang die Nähe des Inquisitors und gab sich aus Rache den Gästen der ›Fuchshöhle‹ hin.

Sie war ein einfaches, aufrechtes Geschöpf. Ohne Falsch ... Marcian hatte es oft verstanden, sie zu beleidigen und zu erschrecken. Manchmal hatte sie dann bei ihm Trost gesucht. Der Vampir lächelte. Er wußte, was mit Marcians erster Liebe geschehen war. Wie er diese Frau seinem Ehrgeiz geopfert hatte und später nie Manns genug war, sich mit dieser Tat abzufinden.

Nein, Zerwas mußte sich Zeit lassen mit seiner Rache an dem Inquisitor. Er konnte Cindira nicht einfach nur ermorden. Ihr Tod sollte auch Marcian vernichten. Seit er am Abend auf den arglosen, blonden Ritter am Südrand des Waldes aufmerksam geworden war und dessen Gedanken durchforscht hatte, wußte Zerwas, wie er zu seiner Rache finden würde.

Leise näherte er sich dem Feuer des Ritters, der am Waldrand nahe der Reichsstraße nach Angbar rastete. Der Junge bemerkte ihn nicht; selbst als er weniger als einen Schritt vom Lichtkreis des Feuers entfernt war, kaute er immer noch an seiner zähen Wurst.

»Ist es gestattet, sich an Eurem Feuer zur Rast niederzulassen, Junker?« fragte Zerwas höflich aus der Dunkelheit.

Der junge Mann fuhr erschrocken hoch. Seine Hand lag am Säbel. »Wer da?« rief er laut, während er sich unsicher umschaute.

»Ein Ritter auf dem Weg zum Prinzen. Ich bringe dringende Botschaft vom Hof in Gareth.«

»Kommt ins Licht, daß ich Euch sehen kann, Ritter.«

Zerwas trat näher ans Feuer und erklärte mit gespielter Erleichterung. »Ich bin froh, hier auf einen Mann des Prinzen zu treffen. Heute morgen habe ich einige Olochtai in den Wald verfolgt. Diese Bestien töteten mein Pferd. Drei von ihnen konnte ich zur Strecke bringen, doch im Eifer der Verfolgungsjagd verirrte ich mich, bis mir Euer Feuer den Weg wies.«

»Wie ist Euer Name, Fremder?«

Noch immer war der junge Ritter unsicher. Zerwas konnte jeden seiner Gedanken wahrnehmen. Der Junker war gewappnet, jeden Augenblick seine Waffe zu ziehen.

»Man nennt mich Murlok von Mengbilla. Einst war ich dort Sohn eines rechtschaffenen Händlers, doch mit der politischen Haltung unseres Stadtfürsten bekam ich Probleme, kaum daß der große Krieg im Süden ausgebrochen war. Als meine Haltung ruchbar wurde und Leute, die ich bis dato für meine Freunde hielt, mich verrieten, mußte ich Hals über Kopf die Stadt verlassen. Ich habe mich dann den Kämpfern um Leomar von Almada angeschlossen und mein Schwert in den Dienst des Kalifen gestellt. Auf Empfehlung dieses edlen Ritters wurde ich schließlich, nachdem wir dem Raben die Flügel gestutzt hatten, am Hofe des Prinzen Brin eingeführt. In seinem Gefolge war ich bei den Schlachten am Orkenwall und auf den Silkwiesen beteiligt. Danach blieb ich in besonderer Mission in Gareth, und nun bin ich auf dem Weg zurück, zum Prinzen, meinem Herren.«