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Ein Gong ertönte, und ein Diener kündigte an:»Meine Lords, verehrte Damen und Herren, es ist angerichtet.»

Sie folgten dem General und seiner Nichte in einen noch größeren Raum; Bolitho bekam als Tischdame eine dunkelhaarige kleine Frau, offensichtlich die Frau eines abwesenden Stabsoffiziers. Mit etwas wie Bedauern dachte Bolitho, daß er sie wohl für den Rest des Abends auf dem Hals haben würde.

Das Dinner paßte zu dem Raum. Jeder Gang war umfangreicher, noch ausgefallener zubereitet als der vorhergehende. Sein Magen hatte sich schon lange an die schmale Schiffskost gewöhnt und die verschiedenen Anstrengungen vieler Schiffsköche. Sonst schien jedoch niemand Schwierigkeiten zu haben, und er konnte sich nur wundern, wie sich die Teller leerten, ohne daß eine Unterbrechung in der Unterhaltung eintrat. Viele Toasts wurden ausgebracht, mit Weinen, die so verschieden waren wie die Anlässe, sie zu trinken. Nach dem Toast auf König George kamen alle üblichen: Tod den Franzosen. Verwirrung unseren Feinden. Verflucht sei Washington. Je länger der Wein floß, desto bedeutungsloser und unzusammenhängender wurden sie.

Die Tischdame Bolithos ließ ihren Fächer fallen, und als er sich bückte, um ihn zu holen, faßte sie unter das Tischtuch, ergriff sein Handgelenk und hielt es einige Sekunden gegen ihren Schenkel gepreßt. Es kam ihm wie eine Stunde vor, und er dachte, daß jeder am Tisch ihn beobachte. Aber sie war die einzige, und in ihrem Gesicht stand solche Begierde, daß er fast fühlen konnte, wie sie die Beherrschung verlor.

Er gab den Fächer zurück und sagte:»Langsam, Madame, es gibt noch einige Gänge.»

Sie starrte ihn mit offenem Mund an, dann lächelte sie verschwörerisch.»Was für ein Geschenk, einen richtigen Mann zu finden!»

Bolitho zwang sich, noch einmal eine Portion Huhn zu nehmen, wenn auch nur, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Er konnte spüren, wie sie das Knie an sein Bein preßte, und es war ihm bewußt, daß sie, wenn sie etwas vom Tisch benötigte, dies über seinen Arm hinweg holen mußte. Jedesmal verhielt sie in der Bewegung, so daß ihre Schulter oder ihre Brust ihn für einige Momente berührte.

Er blickte verzweifelt an der Tafel entlang und sah, daß Susannah ihn beobachtete. Es war schwierig, ihren Ausdruck zu deuten, wenn sie so weit entfernt war. Halb amüsiert, halb wachsam. Seine Tischdame sagte beiläufig:»Mein Mann ist viel älter als ich. Er kümmert sich mehr um sein verdammtes Büro als um mich. «Sie griff nach Butter und ließ ihre Brust seinen Ärmel berühren, während sie ihn anblickte.

Endlich war die Mahlzeit vorüber, und die Männer erhoben sich stühlescharrend, um ihren Damen zu gestatten, sich zurückzuziehen. Sogar im letzten Moment führte die Tischdame Bolithos ihren Feldzug fort wie eine Fregatte, die ein anderes Schiff aussticht, das von Anfang an keine Chance hatte. Sie flüsterte:»Ich habe hier ein Zimmer. Ich werde einen Diener senden, der Sie hinführt.»

Als sie vom Tisch wegging, sah er sie stolpern, aber sie fing sich gleich wieder. Er dachte nervös, daß mehr als Wein nötig sein würde, um sie unterzukriegen.

Die Türen schlossen sich wieder, und die Männer brachten ihre Stühle näher an das Kopfende des Tisches. Es gab mehr Brandy und schwarze Zigarren, von denen Blundell sagte, sie stammen von» einem verdammten Dreckskerl, der sich um seine Abgaben drücken wollte».

«Wie ich höre, sind Sie nun auf Lokalpatrouille, Bolitho?«Blundells heisere Stimme zwang die anderen Gäste zu gespanntem Schweigen.

«Ja, Sir James. «Bolitho blickte ihn gerade an. Blundell war sehr gut informiert, wenn man in Betracht zog, daß er seine Befehle erst an diesem Vormittag erhalten hatte.

«Gut. Wir brauchen ein paar Kapitäne, die den Willen haben, unsere Nachschubwege zu bewachen. «Blundells Gesicht war scharlachrot von dem ausgiebigen Essen.»Ich sage, daß diese verdammten Yankees zu sehr ihren Willen bekommen haben!»

Zustimmendes Gemurmel erhob sich, und jemand lallte beschwipst:»Das s-stimmt, Sir!«Er fuhr unter Blundells schneidendem Blick zusammen.

Bolitho fragte schnelclass="underline" »Oberst Foley, Sir — ist er immer noch in Amerika?»

«Er hat ein Bataillon unter Cornwallis. «Blundell schien desinteressiert.»Ist auch der beste Platz für ihn.»

Bolitho ließ es zu, daß die Unterhaltung um ihn herumfloß wie ein beschützender Manteclass="underline" Pferdezucht und die Kosten eines Haushalts in New York. Die Affäre eines unglücklichen Artilleriehauptmanns, der mit der Frau eines Dragoners im Bett gefunden worden war. Die wachsende Schwierigkeit, guten Brandy zu bekommen, sogar zu Schmugglerpreisen.

Bolitho dachte an Christies Zusammenfassung. Zwei Armeen, hatte er gesagt. Oberst Foley, ob nun sympathisch oder nicht, war einer von denen, die für die Sache ihres Vaterlandes kämpften und dafür ihr Leben wagten. Um diesen Tisch herum saß ein gut Teil von der anderen Sorte: verdorben, verwöhnt und vollständig egoistisch.

Blundell richtete sich mühsam auf.»Wir werden zu den Damen hinübergehen, Gott helfe uns!»

Als Bolitho auf die verzierte französische Uhr blickte, sah er, daß es fast Mitternacht war. Es schien unglaublich, daß die Zeit so schnell vergehen konnte. Aber trotz der späten Stunde gab es keine Pause. Ein kleines Streichorchester spielte schwungvolle Tanzweisen, und die Gäste drängten sich lachend auf die Musik zu.

Bolitho ging langsam durch die angrenzenden Räume und hielt nach Susannah Hardwicke Ausschau; wachsam spähte er auch nach seiner Tischdame aus. Als er am Studierzimmer vorbeikam, sah er Blundell, der mit einer Gruppe von Männern sprach, die meisten wohlhabende Zivilisten. Einer von ihnen, ein großer, breitschultriger Mann, stand teilweise im Schatten, aber die eine Hälfte seines Gesichts, die im Kerzenlicht zu sehen war, verursachte Bolitho zuerst einen Schock, dann Mitleid. Sie war ganz ausgehöhlt, die Haut vom Haaransatz bis zum Kinn weggebrannt, so daß sie aussah wie eine groteske Maske. Er schien Bolithos Blicke auf sich zu fühlen und drehte ihm nach einem kurzen Aufschauen den Rücken, verbarg sich im Schatten.

Es war kein Wunder, daß er nicht mit den anderen am Abendessen teilgenommen hatte. Man konnte sich vorstellen, was für eine Pein ihm diese Entstellung bereitete.

«Hier sind Sie ja!«Susannah kam aus einem anderen Raum und legte ihm die Hand auf den Arm.»Bringen Sie mich in den Garten.»

Sie gingen schweigend, und er fühlte ihr Kleid an seinen Beinen entlangschwingen, die Wärme ihres Körpers.

«Sie waren wunderbar, Kapitän. «Sie hielt inne und sah ihn an, ihre Augen leuchteten.»Diese arme Frau. Einen Augenblick lang dachte ich, Sie würden auf sie hereinfallen.»

«Oh, Sie haben es gesehen?«Bolitho fühlte sich unbehaglich.

«Ja. «Sie führte ihn in den Garten.»Ich habe sie heimgeschickt. «Sie lachte, der Klang lief durch die Büsche wie ein Echo.»Ich kann ja nicht gestatten, daß sie sich bei meinem Kapitän einmischt, nicht wahr?»

«Hoffentlich waren Sie nicht zu streng mit ihr.»

«Nun, sie ist tatsächlich in Tränen ausgebrochen. Es war ziemlich jämmerlich. «Sie drehte sich in seinem Arm, ihr weites Kleid breitete sich hinter ihr wie blasses Gold aus.»Ich muß Sie jetzt verlassen, Kapitän.»

«Aber. Ich dachte, wir würden uns unterhalten?»

«Später. «Sie blickte ihn ernst an.»Ich habe Pläne für Ihre Zukunft, wie ich Ihnen schon sagte.»

«Ich muß morgen Anker lichten. «Er fühlte sich unglücklich, hilflos.

«Das weiß ich doch, Sie Dummer!«Sie berührte seine Lippen.»Runzeln Sie nicht die Stirn, ich erlaube es nicht. Wenn Sie zurückkommen, werde ich Sie mit einigen meiner Freunde bekanntmachen. Sie werden es nicht bedauern. «Ihre behandschuhten Finger strichen sanft über seine Wange.»Und ich bestimmt auch nicht.»