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Preston verzichtete auf eine Antwort. Wie hätte er seinem Freund mitteilen sollen, daß er zuviel trank? In letzter Zeit tat Forbes nichts anderes, als die Unabhängigkeit von South Carolina in den verschiedenen Bars zu feiern. Das Trinken war seinem Temperament nicht gerade bekömmlich. Fand er nicht gerade ein Opfer, so wandte er sich gegen seine eigenen Freunde. Preston erkannte die Warnsignale und erfand schnellstens eine Entschuldigung.

»Nun, ich wollte bloß sagen, daß ich dir zwar gerne Gesellschaft leisten würde, aber ich kann nicht – ich muß um zwei bei Doll Fancher’s sein. Komm, ich bring’ dich zu deiner Kutsche, und dann muß ich weiter.«

»Brauch’ die Kutsche nicht«, gab Forbes heftig zurück. »Alles, was ich will, ist etwas zu trinken.«

Die beiden gingen schweigend nebeneinander her. Über ihnen zogen sich die Regenwolken bedrohlich zusammen. Als Preston aus Versehen stolperte und gegen seinen Freund prallte, stieß Forbes ihn heftig beiseite.

Sie lenkten ihre Schritte von der Allee zur Gibbes Street und dann zur Battery, wo sie auf eine Gruppe von älteren Männern stießen, die mit nicht weniger alten Musketen Schießübungen machten.

Seit einigen Wochen befand sich die Reserve in Charleston. Es handelte sich um eine nicht offizielle Polizeitruppe, die die Sklaven einschüchtern und gefügig halten sollte, falls plötzlich alle jungen und kräftigen Männer zum Wehrdienst einberufen würden. Preston grüßte einen der Gardisten, einen graubärtigen Verwandten, Onkel Nab Smith.

Forbes spürte die ersten Regentropfen auf seiner Stirn. Der Rumpf von Fort Sumter ragte dunkel im nebligen Hafen empor.

Forbes’ Kutsche und Fahrer warteten beim Seedamm. Preston half seinem Freund, der beim Einsteigen etliche Mühe hatte. Als er sich endlich ins weinrote Plüschpolster zurücklehnte, rief er Preston zu:

»Steig ein! Ich nehm’ dich bis zu Doll Fancher’s mit.«

»Nein danke, es lohnt sich nicht. Bis dein Kutscher die Karre gewendet hat, bin ich längst dort.«

Forbes’ Lächeln verzerrte sich zu einer Grimasse. »Verdammt noch mal, Preston, ich habe dir gesagt, steig ein und – «

»Wir treffen uns in ein oder zwei Tagen«, unterbrach ihn Preston schnell, denn jetzt war nicht die Zeit für lange Dialoge. Forbes hatte in einer solchen Stimmung einmal einem Seemann das Rückgrat gebrochen. Obwohl Preston damals in der Hafenbar den Streit mit sarkastischen Bemerkungen angefeuert hatte, war er von der Gewalttätigkeit seines Freundes entsetzt gewesen.

Preston ging rasch von dannen. Forbes lehnte sich in die Kissen zurück. Der Regen wurde heftiger. Er versuchte sich mit großer Anstrengung daran zu erinnern, welcher Tag heute war. Ach ja, der dritte März. Morgen würde dieser verdammte Idiot in Washington sein neues Amt antreten.

»Wohin soll’s denn gehen, Mist’ LaMotte?« fragte der Kutscher.

»Ich weiß es nicht. Fahr mal in die Meeting, dann sehen wir weiter.«

Er fühlte sich müde und gelangweilt. Deshalb trank er auch so viel und fing mit irgendwelchen Fremden Streit an. Die gelegentlichen Stelldicheins mit Ashton brachten ihm auch nicht mehr viel. Verschiedene Artillerieeinheiten, die unbedingt ihre Dienstliste mit dem Prestige des Namens LaMotte anreichern wollten, flehten ihn an, in die staatliche Armee einzutreten. Aber das Angebot interessierte ihn nicht. Er haßte Disziplin.

Sein Geist war indessen noch klar genug, um zu bemerken, daß in seinem Innern eine merkwürdige Wut schwelte. Er wußte auch, daß seine Bekannten darüber im Bild waren. Sogar Preston, der, wenn die Chancen günstig für ihn standen, ein leidenschaftlicher Kämpfer war, ging ihm mehr und mehr aus dem Weg. Forbes hielt sich am Handriemen der schlingernden Kutsche fest und sann darüber nach, weshalb er so viel Wut in sich spürte und weshalb die Raufereien ihm keine Erleichterung verschafften.

Er starrte in den Regen hinaus, und plötzlich war ihm die Antwort klar. Die einzige Frau, die er über alles hatte heiraten wollen, hatte ihn zurückgestoßen. Seither haßte er Brett Main, aber paradoxerweise hatte sein Verlangen nach ihr nicht aufgehört.

Er setzte sich plötzlich bolzengerade auf und ließ den Handriemen los. War die draußen vorbeihastende Gestalt Wirklichkeit oder bloß ein Trugbild der Phantasie?

Nein, so betrunken war er nicht. Er klopfte an das Kutschendach: »James, fahr an den Straßenrand!« Dann lehnte er sich zum Fenster hinaus und winkte.

»Brett? Brett, hierher!«

Sie erkannte die Stimme sofort. Als sie sich umdrehte, stieg Forbes gerade schwerfällig aus der Kutsche. Mit einer einladenden Bewegung nahm er den Hut ab.

»Bitte gestatte mir, dich mitzunehmen, wohin du auch immer willst. Bei diesem Wetter sollte eine Dame nicht zu Fuß gehen.«

Das war klar. Als Brett sich auf den Weg zu einer ganz in der Nähe wohnenden Näherin gemacht hatte, hatte sie geglaubt, noch vor dem Regenschauer wieder zu Hause zu sein. Doch jetzt goß es in Strömen, und sie war schon fast durchnäßt.

Es schien nicht gefährlich, seine Einladung anzunehmen. Schließlich war er ja ein Kavalier. Ohne weiteres Zögern klappte sie ihren Schirm zu und stieg ein.

Mit einem Seufzer der Dankbarkeit ließ sie sich in das Plüschpolster sinken. Forbes schloß die Tür hinter ihr, setzte sich ihr gegenüber und gab dem Kutscher die Adresse der Näherin bekannt. Die Kutsche rollte davon.

Forbes legte sorgfältig den Hut auf seine Knie. Sein Lächeln hatte etwas Mürrisches, ja beinahe Wütendes an sich, wie Brett plötzlich mit einem Druckgefühl im Magen feststellte. Er hatte einen glasigen Blick. Sie fing an, ihre Entscheidung zu bereuen.

»Ich hab’ dich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, Brett. Du siehst wie immer bezaubernd aus.«

»Auch du siehst gut aus, Forbes.« Sie hatte Mühe, die Worte über die Lippen zu bringen.

Er nestelte an seiner Weste herum. »Ich habe leider zugenommen. Wahrscheinlich verbringe ich zuviel Zeit in den Saloons. Aber es gibt nicht viel zu tun. Und auch nicht viel zu denken – außer daß ich an dich denke.«

»Aber Forbes«, sie lachte gezwungen und nervös, »das haben wir doch längst alles besprochen.«

Sie blickte zum Fenster hinaus. Sie waren erst einen Häuserblock weit gekommen; die Kutsche fuhr langsam. Schön. Sollte er zudringlich werden, würde sie einfach hinausspringen.

Forbes betrachtete sie wortlos während einigen Sekunden; sein eigenartiges, listiges Lächeln erhöhte die Spannung, die zwischen ihnen herrschte. Dann fegte er abrupt seinen Hut auf den Sitz und hievte sich selbst neben sie. Die Federung quietschte. Seine unvermutete Bewegung verwandelte ihre Furcht in Entschlossenheit.

»Ich habe dein Angebot als Höflichkeit aufgefaßt. Enttäusche mich nicht!«

»Ich kann nicht höflich sein. Ich hab’ dich verdammt gern.« Er ergriff ihr Handgelenk. »Brett – «

»Hör auf!« sagte sie keineswegs zimperlich, sondern bestimmt.

»Tut mir leid, aber das kann ich nicht, mein Herz.« Mit dem Daumen streichelte er die Innenseite ihres Handgelenks, gerade oberhalb des Rüschenbesatzes ihres Musselinhandschuhs. »Ich kann meine Gedanken keine fünf Minuten von dir abwenden. Mir scheint, du solltest einem Mann, der so tief für dich empfindet, den Vorrang geben.«

Mit der linken Hand suchte sie den Türgriff. »Ich muß aussteigen.«

Er packte sie an den Schultern und preßte sie in die weinroten Kissen. »Den Teufel wirst du«, knurrte er, als er seinen Mund auf ihre Lippen preßte. Es tat weh.

Durch seinen geöffneten Mund strömte ihr sein ranziger Atem entgegen. Seine rechte Hand fiel schwer auf ihr Mieder. Mit der linken Schulter drückte er sie in die Kissen, fummelte grob an ihrem Busen herum und blies ihr den warmen Atem gegen Kinn und Hals.

»Gott, ich liebe dich, Brett. Ich hab’ dich schon immer – «

»Laß mich los!«

»Nein, verflucht noch mal.« Mit dem rechten Knie versuchte er sie festzunageln. Der Druck seiner Finger nahm zu, und trotz der Kleiderschicht tat er ihren Brüsten weh.