Während meiner Arbeit an diesem Buch bin ich auf einige interessante Reaktionen gestoßen. So zum Beispiel fragte mich auf einer Party eine Frau in ziemlich gereiztem Tonfall, wie ich zugeben muß: »Wie kommen Sie als Yankee dazu, über den Süden, über uns zu schreiben?«
Dieses ›uns‹ verwirrte mich. Eigentlich hätte ich ihr gerne gesagt, daß ich mich als Amerikaner und nicht als fanatischer Verfechter einer bestimmten Region oder Sache betrachte, doch ich habe versucht, ihr eine bessere Antwort zu geben: »Genauso, wie irgendein Schriftsteller, der über einen Zeitraum schreibt, den er nicht selbst erlebt hat. Das heißt, indem ich Nachforschungen betreibe, mich mit der Region vertraut mache und versuche, mich in das Denken und Fühlen der Hauptdarsteller hineinzuversetzen.« An dieser Stelle ist es vielleicht angebracht, etwas über den historischen Gehalt des Buchs zu sagen.
Die Erben Kains soll in erster Linie unterhalten. Dennoch wollte ich in meinem Roman jene Epoche so authentisch wie möglich darstellen. Es ging mir weniger darum, jedes Ereignis zu beschreiben, das letztlich zum Ausbruch des Kriegs im Hafen von Charleston führte, als vielmehr um eine ausgewogene Darstellung der auf beiden Seiten vorherrschenden Haltungen und Vorurteile. Stimmen wie diejenige von Cooper Main waren durchaus im Süden zu hören, und wenn der Kavallerist O’Dell von der Notwendigkeit der Wiederansiedlung befreiter Sklaven in Liberia spricht, so macht er sich damit zum Wortführer vieler Nordstaatler, nicht zuletzt von Lincoln selbst. Viele eifrige Befürworter der Abschaffung der Sklaverei konnten sich die Schwarzen nicht als vollwertige Bürger der amerikanischen Demokratie vorstellen; eine solche Haltung mag heute zwar beschämend anmuten, würde man sie in einem historischen Roman jedoch verzerren oder gar völlig unterschlagen, hätte man damit der Geschichte und all denen, die so sehr für eine neue Haltung gekämpft haben, einen Bärendienst erwiesen.
Obwohl ich mich in dem Buch um historische Korrektheit bemüht habe, bin ich vereinzelt von den historischen Aufzeichnungen abgewichen, und zwar nie ohne Grund, wie folgendes Beispiel zeigen soll.
Es ist eine Tatsache, daß die Kompanie K des Zweiten Kavallerieregiments in den 1850er Jahren tapfer in Texas gedient hat. Die Offiziere und Männer meiner Kompanie K sind natürlich erfunden, wie auch der Vorfall auf der Lantzman-Farm, obwohl sich ähnliche Zwischenfälle zu jener Zeit ereignet haben. Einzelheiten aus dem Leben und Wirken des berühmten Regiments sind historisch getreu wiedergegeben worden.
Eine Frage, die mir im Laufe meiner Arbeit immer wieder gestellt wurde – manchmal, wie mir schien, mit einer gewissen Schärfe –, war folgende: »Und auf welcher Seite stehen Sie?«
Ich habe die Frage nie beantwortet, weil ich fand, daß sie nie richtig gestellt wurde. Für mich gibt es nur eine ›Seite‹, die betrachtet werden muß, die Seite derjenigen, die gelitten haben. Die Seite derjenigen, die ihr Leben in der Schlacht verloren haben, und derjenigen, die ihr Leben langsamer, und vielleicht noch schrecklicher, in der Knechtschaft verloren.
Hier stoßen wir auf einen weiteren packenden Aspekt der gesamten Thematik, auf den Widerspruch zwischen Faszination und Tragik. Die Spaltung hätte nicht geschehen dürfen, und doch mußte sie geschehen – aber das ist meine persönliche Interpretation. Ein Historiker hat es einmal sehr schön formuliert: »Jeder Mensch schafft sich seinen eigenen Bürgerkrieg.« Diese Aussage erklärt vielleicht, weshalb der Konflikt eine derartige Faszination nicht nur auf die Amerikaner, sondern auf Millionen von Menschen überall in der Welt ausübt.
JOHN JAKES
Hilton Head Island
24. August 1981