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»Entbietet der Flotte unseren Gruß!« rief Ulafi vom Heck und senkte das Fernglas der Hausbauer. Bunte Flaggenreihen wurden am Backbordheck aufgezogen.

Hand über Hand ließ ich mich wieder auf das Deck hinab.

Auf der Steuerbordseite des Bugs suchte ich mir einen Aussichtsposten. Links und rechts von uns glitten die Schiffe der Flotte vorbei, sechs auf der einen, fünf auf der anderen Seite – schmale, elegant geschnittene Umrisse mit geradem Kiel und niedrigem Tiefgang. Ich sah, wie sich die Ruder im Gleichgewicht hoben und senkten.

»Ihr scheint ja ganz unbesorgt zu sein«, sagte ich zu Shoka, Ulafis Zweitem Offizier, der sich in meiner Nähe aufgestellt hatte.

»Wir kommen aus Schendi«, sagte er nur.

»Plötzlich habe ich das seltsame Gefühl, geschwommen zu sein, um dann unversehens in die Gesellschaft von Haien zu geraten, die stumm an mir vorbeigleiten und mich dabei anstarren.«

»So etwas kann schon beängstigend sein«, sagte Shoka.

»Gehen sie denn nie gegen Schendi-Schiffe vor?« fragte ich.

»Ich nehme es nicht an«, antwortete er. »Wenn sie es tun, dann werden Schiff und Besatzung vermutlich auf hoher See vernichtet. Man erfährt nie davon.«

»Ich finde das nicht besonders beruhigend.«

»Wir befinden uns in den Gewässern Schendis«, fuhr Shoka fort. »Wenn sie überhaupt gegen Schendi-Schiffe vorgehen, dann bestimmt nicht im Hoheitsgebiet dieses Freihafens.«

»Das klingt schon besser«, meinte ich.

Die dunklen Schiffe glitten an uns vorbei. Hier und dort gewahrte ich die schwarzen Gesichter von Besatzungsmitgliedern. Die Ruderer auf unserer Seite konnte ich nicht ausmachen, denn sie wurden durch das Schanzkleid verdeckt. Wenn die Schiffe sich in der Dünung neigten, zeigten sich kurz die Ruderer auf der gegenüberliegenden Seite. Dabei handelte es sich zweifellos um freie Männer. Es ist unmöglich, Sklaven an die Ruder von Kriegsschiffen zu setzen.

Ich beobachtete die Schiffe, die einen prächtigen Anblick boten.

Shoka bedeutete den beiden Mädchen mit einer Handbewegung, an die Reling zu kommen und sich die Flotte anzuschauen.

»Ist das klug?« fragte ich. »Man sollte sie eher unter eine Plane legen, damit sie keine Aufmerksamkeit erregen. Warum zeigen, daß man zwei hübsche Sklavinnen an Bord hat?«

»Egal«, sagte Shoka, »die Sklavinnen sollen sich das anschauen!«

»Aber sie werden ebenfalls gesehen!« rief ich.

»Macht nichts«, entgegnete Shoka. »In zwei Monaten werden diese Schiffe Hunderte von Mädchen in den Laderäumen haben.«

Die beiden Sklavinnen standen neben uns an der Reling.

Ich sah, wie Ulafi einen schwarzhäutigen Kapitän mit erhobener Hand grüßte. Der andere erwiderte die Geste.

»Ihr scheint keinerlei Vorsichtsmaßnahmen zu treffen«, sagte ich zu Shoka.

»Was hätte das genützt?« fragte er.

Ich zuckte die Achseln. Da hatte er recht – ein einzelnes Handelsschiff wie die Schendi-Palme hätte gegen die schnellen Rammschiffe nichts ausgerichtet.

»Und was wäre gewesen, wenn sie ein solches Vorgehen als feindlich ausgelegt hätten?« fragte Shoka.

»Da hast du recht.«

»Unsere Verteidigung besteht darin, daß wir aus Schendi stammen.«

»Aha!« sagte ich.

»Sie brauchen unseren Hafen«, fuhr Shoka fort. »Selbst der Larl ist zuweilen müde, und auch der Tarn braucht gelegentlich ein Plätzchen, an dem er die Flügel einschlagen kann.«

Ich sah die Schiffe am Horizont verschwinden. Sie fuhren in den Norden. Wenn dort der Herbst anbrach, würden sie zurückkehren, um in Schendi ausgebessert und neu verproviantiert zu werden und anschließend nach Süden zu fahren, wo es dann Frühling war. Schendi, das in der Nähe des Äquators liegt, ist solchen Schiffen eine bequeme Basis für saisonale Vorstöße in beide Hemisphären. Es freute mich, daß ich die Schiffe gesehen hatte. Ich konnte mir keine angenehmere Art und Weise vorstellen, die Bekanntschaft dieser Flotte zu machen – denn es handelte sich um die Flotte der Schwarzen Sklavenhändler aus Schendi. Am Abend desselben Tages hatten wir beigedreht, nachdem wir Schendi schon ziemlich nahegekommen waren. Die Nacht hatten wir ohne Fahrt verbracht. Am Morgen war jetzt die Küste auszumachen, ein Sandstrand, hinter dem sich dichte grüne Vegetation erstreckte, dschungelähnlich, hier und dort durch Felder und Dörfer aufgebrochen. Das eigentliche Schendi lag noch ein wenig weiter im Süden und gruppierte sich um eine kleine Halbinsel, die Schendi-Spitze. Das Wasser war hier sattbraun gefärbt, eine Veränderung, die vordringlich auf die Mündung des Nyoka-Flusses zurückging.

Wir hatten die Nacht über gewartet, damit die Schendi-Palme am frühen Vormittag in den Hafen einlaufen konnte, wenn an den Piers große Geschäftigkeit herrschte.

Ich blickte mich um. Die Schendi-Palme funkelte vor Sauberkeit. Das Deck war weiß geglättet worden, die Taue lagen säuberlich zusammengerollt an Deck, alle Gerätschaften hatte man sorgfältig verstaut und außerdem die Luken gesichert. Sämtliche Messingbeschläge waren geputzt worden. Die Schendi-Palme, deren Heimathafen Schendi war, würde stilvoll einlaufen. Ulafi verstand sein Handwerk.

Die leichten Anker wurden gelichtet. Man hißte Segel, Ruder wurden durch die Öffnungen geschoben und bewegten sich auf Kommando Gudis, des Ersten Offiziers, im Takt durch das braune Wasser.

Die Mädchen knieten vor dem Heck. Man hatte sie auf besondere Weise gefesselt, denn ihnen sollte die große Ehre zuteil werden, vor den Bug gehängt zu werden.

Ich betrachtete die blonde Barbarin, die noch immer einen weiten Weg vor sich hatte, ihr Sklaventum auch vor sich selbst einzugestehen, während meine wohlgerundete kleine Sasi von den Piers der Hafenstadt Port Kar ein wahres Vergnügen war. Sie war auf Gor geboren und wußte, was es bedeutete, das Brandzeichen zu tragen. Kaum hatte sich der Kragen um ihren Hals geschlossen, war sie förmlich aufgeblüht, und das nicht nur auf den Fellen.

Die Schendi-Palme fuhr jetzt langsam um die Schendi-Spitze herum. Die Segel bewegten sich seitlich an den Masten und nutzten den Wind aus. Die Ruder hoben und senkten sich regelmäßig.

Wir waren noch etwa sieben Pasang von den ersten Bojenketten entfernt. Ich vermochte im Hafen Schiffe auszumachen.

Die uns leitenden Bojen würden an Backbord liegen, während sich Schiffe, die den Hafen verließen, nach Steuerbord orientieren mußten.

»Besitzt Ulafi ein eigenes Lagerhaus im Hafen?« fragte ich.

»Nein, er hat ein Gebäude vom Rat der Kaufleute gemietet«, antwortete Shoka, der wieder in meiner Nähe stand.

Im Hafen zählte ich vierzig bis fünfzig Segel. Die Gesamtzahl der ruhenden Schiffe mußte viel größer sein, denn natürlich nehmen die meisten Schiffe im Hafen die Leinwand herunter. Wer das Segel offen hatte, stand in der Regel im Begriff, in den Hafen einzulaufen oder ihn zu verlassen. Die meisten Einheiten waren nur klein, Küstenschiffe und leichte Galeeren. Außerdem würden sich im Hafen Flußschiffe befinden, mit denen der Verkehr auf dem Nyoka abgewickelt wurde.

Es war mir nicht bewußt gewesen, wie groß der Hafen Schendis war. Insgesamt muß er etwa acht Pasang breit und zwei oder drei Pasang tief sein. Am Ostende ergießt sich der Nyoka-Fluß hinein – von Steinmauern gelenkt, die etwa zweihundert Meter voneinander entfernt sind. Wegen dieser Eindämmung strömt der Nyoka an dieser Stelle viel schneller als anderswo; im allgemeinen ist er ein breiter, gemächlich dahinfließender Strom. Etwa zwei Pasang vor Schendi rücken die befestigten Ufer enger zusammen. Damit soll der Fluß gelenkt und der Hafen geschützt werden. Da sich die Wassermenge nicht verändert, führt die Verengung des Flußbettes natürlich zu einer erheblichen Beschleunigung. Für den flußaufwärts laufenden Schiffsverkehr gibt es daher Nebenkanäle, die über Schleusen für einen ruhigen Weg sorgen, bis die Boote in den eigentlichen Nyoka geleitet werden. Diese Umgehung, auch ›Haken‹ genannt, schließt sich dem Fluß nicht gegen die Strömung an, sondern im weiten Bogen mit der Wasserbewegung. Hat man den Kanal verlassen, muß man das Boot wenden und sich mit Windoder Ruderkraft flußaufwärts bewegen.