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Ich mußte warten.

Ich bestellte einen zweiten Becher mit Paga. Um mir die Zeit zu vertreiben, spielte ich mit einem anderen Gast eine Runde Kaissa, die einige Zeit in Anspruch nahm und auch ein wenig Konzentration erforderte.

Wieder schaute ich auf das Mädchen unter der Aba. Ein- oder zweimal mußte ich blinzeln. Meine Augen fühlten sich irgendwie seltsam an, als sei Sand hineingeraten. An den Unterarmen und am Bauch verspürte ich ein leichtes Jucken. Ich kratzte.

»Herr?« fragte eines der Mädchen, eine Schwarze mit hohen Wangenknochen.

»Noch mehr Paga!« bestellte ich.

Eine Ahn später trafen Musiker ein, die kurze Zeit darauf zu spielen begannen. Die Taverne hatte sich gefüllt. Mein Oberschenkel juckte. Ich kratzte darauf herum.

Unterdessen beobachtete ich das weiße Mädchen mit den dunklen Haaren, die drüben auf der anderen Seite Gäste bediente. Sie hatte hübsche Beine.

Ein Flötentusch, begleitet von einem Trommelwirbel, lenkte meine Aufmerksamkeit auf das Sandviereck neben den Musikern.

Ich beobachtete die Tänzerin, ein hübsch gebautes dunkelhäutiges Mädchen, das gelbe Perlenschnüre wirbeln ließ.

Sie war sehr geschickt. Aus der Art und Weise, wie sie Hände und Perlen bewegte, schloß ich, daß die auf Ianda ausgebildet worden war, einer Handelsinsel nördlich von Anango.

Als sie abtrat, blickte ich mich um. Sofort fiel mir auf, daß das weiße Mädchen nicht mehr im Raum war.

Meine Stimmung verschlechterte sich. Außerdem begann der Alkohol seine Wirkung zu tun. Es wollte mir scheinen, daß man die blonde Barbarin längst hätte abholen müssen.

Wieder blickte ich zur Aba hinüber, die vor der Wand lag. Deutlich waren die anmutigen Rundungen des Mädchens auszumachen.

Plötzlich brüllte ich aufgebracht los und stürzte den kleinen Tisch um, hinter dem ich saß. Mit zwei Schritten hatte ich die Aba erreicht und riß sie hoch.

»Herr!« rief das Mädchen, das darunter lag, und blickte mich erschrocken an.

Es war nicht die blonde Barbarin. Es war das dunkelhaarige weiße Mädchen, das zuvor Paga serviert hatte.

Am Haar zerrte ich sie hoch. »Wo ist das andere Mädchen?« fragte ich. »Wo?«

»Was geht hier vor?« fragte der Wirt, der vor einiger Zeit eingetroffen war und jetzt hinter der Theke stand und Paga ausschenkte.

Ein Pagahelfer eilte auf mich zu, blieb aber stehen, als er meinen Blick bemerkte. Mehrere Männer waren aufgesprungen. Die Musiker hatten zu spielen aufgehört.

»Wo ist das Mädchen, das sich unter dieser Aba befand?« fragte ich. »Wo?«

»Was für ein Mädchen war denn das?« erkundigte sich der Tavernenwirt. »Wem hat sie gehört?«

»Sie wurde von Kungumi gebracht, während du fort warst«, sagte eines der schwarzen Mädchen.

»Ich hatte doch angeordnet, daß er das Lokal nicht mehr betreten darf«, sagte der Mann.

»Du warst nicht hier!« jammerte das Mädchen. »Wir hatten Angst, einen freien Mann abzuweisen.«

»Wo warst du?« wandte sich der Wirt an seinen Helfer.

»In der Küche«, antwortete er. »Ich wußte nicht, daß Kungumi sie gebracht hatte.«

Zornig stieß ich das Mädchen von mir fort.

»Wer hat sie gehen sehen – und in wessen Begleitung war sie?« fragte ich.

Männer musterten sich.

»Wie bist du unter die Aba gekommen?« fragte ich das Mädchen, das ich zur Seite geschleudert hatte.

»Ein Mann hat mir befohlen, drunterzukriechen«, antwortete sie. »Ich habe ihn nicht gesehen! Er sagte, ich dürfe mich nicht umschauen!«

»Du lügst!« beschuldigte ich sie.

»Sei gnädig, Herr!« bat sie. »Ich bin nur eine Sklavin.«

Der Helfer des Pagawirtes, der mir am nächsten stand, musterte mich eindringlich. Ich wußte nicht, was er an mir so interessant fand. Unsicher trat er einen Schritt zurück. Das verstand ich nicht, denn ich hatte ihn nicht bedroht.

»Einen Silber-Tarsk für den Mann, der das Mädchen für mich aufspürt«, sagte ich.

Die schwarzen Mädchen blickten sich an. »Sie war doch nur ein Topfmädchen!« sagte eine der Sklavinnen.

»Einen Silber-Tarsk«, wiederholte ich mein Angebot, »erhält der, der die Sklavin für mich wiederfindet.«

»Seht euch seine Augen an!« sagte der Helfer des Wirtes und wich einen weiteren Schritt zurück.

Sie konnte noch nicht lange fort sein. Ich mußte sie in den Straßen suchen.

Plötzlich hob die Tänzerin die Hände vor das Gesicht und schrie los. Sie deutete auf mich.

»Die Pest!« rief sie. »Die Pest!«

Der Pagahelfer machte unsicher kehrt und ergriff die Flucht. »Die Pest!« schrie er. Die ersten Männer stürzten aus dem Lokal. Allein blieb ich an der Wand zurück. Tische waren umgeworfen worden, Paga strömte über den Boden.

Plötzlich war es sehr still in der Taverne. Sogar die Pagamädchen waren geflohen.

Draußen auf der Straße gellten Rufe und Geschrei auf.

»Ruft die Wachen!« hörte ich jemanden fordern.

»Tötet ihn!« rief ein anderer. »Tötet ihn!«

Ich trat vor einen Spiegel. Mit der Zunge fuhr ich mir über die Lippen, die mir irgendwie trocken vorkamen. Das Weiße meiner Augen war eindeutig gelb geworden. Ich rollte den Ärmel meiner Tunika hoch und entdeckte am Unterarm etliche aufgeplatzte Furunkel.

9

»Herr!« rief Sasi.

»Keine Angst!« sagte ich. »Ich bin nicht krank. Trotzdem müssen wir schleunigst fort von hier.«

»Dein Gesicht ist entstellt!« sagte sie.

»Das geht vorüber«, sagte ich. Ich öffnete ihre Armfesseln und schob sie in meinen Beutel.

»Ich habe Angst, daß man mich hierher verfolgt«, fuhr ich fort. »Wir müssen die Unterkunft wechseln.«

Ich hatte die Paga-Taverne durch einen Hinterausgang verlassen und mich sofort auf ein niedriges Dach geschwungen, von wo ich auf ein höhergelegenes Dach kletterte. Über mehrere Häuser war ich gewandert, bis ich einen günstigen, abgelegenen Abstieg finden konnte. Anschließend war ich, in die Aba gehüllt, die zuvor Kungumi gehört hatte, durch die Straßen zur Schendi-Höhle geeilt. Überall in der Stadt erklangen die Alarmstangen. »Pest!« brüllte man in den Straßen.

»Bist du nicht krank, Herr?« fragte Sasi.

»Ich glaube es nicht«, antwortete ich.

Ich wußte genau, daß ich mich in keinem Pestgebiet aufgehalten hatte. Die Bazi-Pest hatte sich vor vielen Jahren totgelaufen. Meines Wissens waren seit Monaten keine neue Fälle mehr gemeldet worden. Und was am wichtigsten war – ich fühlte mich nicht krank. Ich war leicht betrunken und vom Paga erhitzt, doch ich nahm nicht an, daß ich Fieber hatte. Puls, Herzschlag und Atmung schienen normal zu sein. Ich hatte keine Mühe, Luft zu holen. Mir war weder schwindlig noch übel, meine Augen vermittelten mir ein klares Bild. Die größte Unannehmlichkeit waren eine gewisse Augenreizung und ein unangenehmes Jucken auf der Haut. Am liebsten hätte ich sie mir mit den Fingernägeln abgerissen.

»Gehörst du der Kaste der Metallarbeiter oder der der Lederarbeiter an?« fragte sie.

»Darum wollen wir uns im Augenblick nicht scheren«, sagte ich und schnürte meinen Seesack. Dann sah ich mich im Zimmer um. Abgesehen von Sasi trug ich meine gesamte Habe am Leib oder in meinem Seesack.

»Ein Mädchen weiß eben gern die Kaste ihres Herrn«, sagte sie.

»Wir müssen los!« drängte ich.

»Vielleicht bist du Kaufmann«, sagte sie.

»Möchtest du gern ausgepeitscht werden?« fragte ich sie. »Ganz und gar nicht«, erwiderte sie.

»Beeilen wir uns!«

»Du hättest doch jetzt auch gar keine Zeit, mich auszupeitschen, oder?«

»Nein«, sagte ich.

»Das dachte ich mir gleich. Bauer scheinst du mir aber auch nicht zu sein.«

»Ich könnte mir das Auspeitschen natürlich für später vornehmen«, sagte ich.

»Das stimmt. Vielleicht sollte ich den Mund halten.«

»Du bist sehr einsichtig«, sagte ich.

»Vielen Dank, Herr!« erwiderte sie.

»Wenn ich gefangen werde, und wenn man annimmt, daß ich die Pest habe«, sagte ich, »wird man dich zweifellos noch vor mir vernichten.«