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Einige Offiziere stellten dem Herrscher Männer vor, die für ihre mutigen Taten während der Schlacht belobigt wurden.

Goldringe und neue Rangabzeichen, Federn und Halsbänder wurden verteilt.

Einmal hob Bila Huruma die Hand und sagte: »Gut!« Der so angesprochene Soldat wäre daraufhin wohl lieber tausend Tode gestorben, als seinen Ubar nur einmal zu verraten. Über solche Kleinigkeiten spotten wohl Menschen, die den Krieg und die Menschen nicht begreifen; sie mögen darin eine lächerliche Beeinflussung sehen, und doch ist es ein kleines Lob dieser Art, wenn es angebracht und ernst gemeint ist, einigen Männern mehr wert als die materiellen Schätze, von denen sich jene beflügeln lassen, die sich für überlegen halten. Jeder Mann soll seine eigenen Schätze erstreben. Der zynische Kaufmannsverstand wird nie begreifen, was den Soldaten bewegt. Der Soldat hat mit seinen Kameraden in der Kampflinie gestanden und den Gegner zurückgeschlagen. Ich glaube nicht, daß er dieses Erlebnis gegen jene verächtlich vorgetäuschte Weisheit jener eintauschen würde, die er beschützt und die ihn eher noch verlachen möchten. Er ist auf seinem Posten geblieben. Vielleicht können aber doch einige verstehen, was ich meine – vielleicht sogar jemand, der nicht an einem klaren, windigen Morgen mit seinen Kameraden singend durch den Schlamm marschiert ist, einen Speer auf der Schulter. Warum keckert die nibbelnde Urt und lacht den Larl an? Weil sie selbst kein Larl ist – oder weil sie seine Klaue fürchtet?

Ich blickte zu der hohen, konischen Decke aus miteinander verwobenen Ästen und Grashalmen empor. Sie befand sich etwa siebzig Fuß über unseren Köpfen. Der große runde Raum maß hundert Fuß von Wand zu Wand.

Msaliti hängte sich bei mir unter. »Bist du bereit?« fragte er.

»Ja«, antwortete ich.

Bila Huruma sollte jetzt Recht sprechen, in Fällen, die für ihn ausgewählt worden waren.

Vielleicht würde eines Tages der Krieger im Menschen sterben – und somit der Kämpfer, der Wanderer, der Frager, der Forscher, der Abenteurer, der Herumstreuner, der, der etwas tut und erhofft. Die Tage der Einsamen, der Zupackenden, der Suchenden wären vorbei. Der Mensch würde dann, wie es sich manche wünschten, dem Vieh und den Blumen ähneln, frei, seine Tage mit ruhigem Fressen zu verbringen, bis er im Schein der fernen, brennenden, unerreichbaren Sonnen starb.

Es war schwierig zu wissen, was der Dunst des Morgens bringen würde.

Ich gab mich mit dem Gedanken zufrieden, daß Dinge getan worden waren, die jetzt in ihrer Gänze und Wahrheit im Gewebe der Ewigkeit verankert waren – wie immer man sie auch später sah oder ob man sich ihrer überhaupt erinnerte oder nicht. Sie hatten stattgefunden. Gleichgültig, was auch passierte, nichts konnte daran etwas ändern. Die Bedeutung der Geschichte liegt nicht in der Zukunft, sondern im Augenblick. Sie befindet sich zu keiner Zeit an einem anderen Ort als in unseren eigenen Händen. Und wenn sich die Geschichte des Menschen nach ihrem Abschluß lediglich als kurzes Aufflackern inmitten eines achtlosen Nichts erweisen sollte, so möge sie wenigstens des kurzen Moments würdig gewesen sein, den sie loderte. Vielleicht aber erwies sie sich auch als Funken, der mit der Zeit ein ganzes Universum erleuchten konnte.

Man weiß eben nicht, was der Nebel des Morgens bringt.

Viel hängt davon ab, was der Mensch ist.

Viel hängt von dem Bild ab, das er sich von sich selbst macht.

»Bist du bereit?« fragte Msaliti drängend.

»Ja, ja«, sagte ich. »Ich bin bereit für das, was ich plane.«

Daraufhin entfernte er sich erneut von mir. In der Gruppe von Leuten, die Bila Huruma umgab, erblickte ich Shaba.

Der erste Fall des Ubars betraf eine Witwe, die von einem Gläubiger betrogen worden war. Der Bursche wurde schreiend aus dem Saal gezerrt. Die Hände sollten ihm abgehackt werden, wie es jedem gewöhnlichen Dieb widerfuhr. Sein Besitz sollte beschlagnahmt und zur Hälfte der Witwe und zur Hälfte, wie nicht anders zu erwarten, dem Staat zugesprochen werden.

Der nächste Mann war ein richtiger Dieb, ein Junge, der Gemüse gestohlen hatte. Es stellte sich heraus, daß er hungrig gewesen war und im Garten des Bestohlenen sogar um Arbeit nachgesucht hatte. »Niemand, der in meinem Ubarat arbeiten will«, sagte Bila Huruma, »soll Hunger leiden.« Er befahl, dem Jungen sei, wenn er es wollte, in seinen ausgedehnten Gärten Arbeit zu geben. Wer nicht arbeiten wollte, so vermutete ich, mußte Hunger leiden. Bila Huruma hatte für Faulenzer offensichtlich nichts übrig. Fairneß in der Behandlung seiner Untergebenen ist eine Zentralthese für jeden guten Regierungschef.

Nun wurden zwei Mörder vorgeführt. Der erste, ein einfacher Mann, hatte einen Bootsmann aus Schendi erschlagen. Der zweite, ein Askari, hatte einen anderen Askari umgebracht. Es wurde angeordnet, dem einfachen Mann die Finger abzuschneiden und ihn dann an einen Tharlarionmast in den Ushindi-See zu stellen. Daß er die Finger verlieren sollte, galt als Gnadenakt des Ubars, weil er sich auf diese Weise nicht so lange an dem Pfosten festhalten konnte und somit früher von seinem Leiden erlöst sein würde. Er hatte keinen Bürger des Ubarats getötet, sondern einen Mann aus Schendi; sein Verbrechen galt daher als weniger scheußlich. Der Askari wurde dazu verurteilt, durch einen Angehörigen seiner Familie aufgespießt zu werden. Damit wurde seine Ehre gerettet, und es bestand keine Gefahr, daß sich zwischen beteiligten Familien eine Blutfehde entwickelte. Der Askari äußerte jedoch die Bitte, im Kampf gegen die Feinde des Ubarats sterben zu dürfen. Dieses Anliegen wurde mit der Begründung abgelehnt, daß er seinem Mordopfer, einem Kampfgefährten, dieses Privileg auch nicht zugebilligt hätte. Der Askari nahm dieses Urteil ohne weitere Widerworte an. »Aber bin ich nicht mit mir selbst verwandt, ein Ubar?« fragte er. »Ja«, antwortete Bila Huruma darauf. Der Mann wurde nach draußen gebracht. Man würde ihm einen kurzen Stoßspeer geben, damit er sich in die Klinge stürzen konnte.

Der nächste Angeklagte war hinsichtlich seiner Steuern unehrlich gewesen. Man würde ihm einen Haken durch die Zunge spießen und ihn auf dem nächsten Markt aufhängen. Sein Besitz sollte beschlagnahmt und verteilt werden – zur Hälfte an Bewohner seines Dorfes, zur Hälfte an den Staat. Man nahm an, daß er künftig mit seiner Buchführung ehrlicher sein würde, wenn er vom Haken heruntergenommen wurde und dann noch lebte.

Von draußen vernahm ich den Schrei des Askari. Er hatte die Gerechtigkeit des Bila Huruma an sich selbst vollstreckt.

Als nächstes erschienen zwei Angehörige des Adelstandes vor dem Ubar, ein Mann und seine Gefährtin. Er beklagte sich, sie sei nicht bereit gewesen, ihm zu Gefallen zu sein. Mit einem Wort und einer senkrechten Handbewegung schied Bila Huruma die Gefährtenschaft. Anschließend ordnete er an, dem Mann Frauenkleidung anzulegen und ihn aus dem Palast zu prügeln. Dies geschah. Dann gab er Befehl, die Frau zu entkleiden und ihr eine Weinranke um den Hals zu legen. Anschließend wurde sie dazu verurteilt, ein Jahr lang in einer Baracke der Askaris zu dienen, um zu lernen, Männern zu gefallen.

Nun wurde der Rebell Kisu in Ketten vor Bila Huruma geführt. Man zwang ihn vor dem Herrscher in die Knie. Er wurde dazu verurteilt, an die Gaunerkette gelegt zu werden und am Kanal zu arbeiten. Auf diese Weise sollte er endlich seinem wahren Herrscher Bila Huruma dienen. Kisu, der sich nicht wieder aufrichten durfte, wurde seitlich aus dem Saal geschleppt. Nun trat Mwoga auf, Botschafter der Ukungu-Dörfer, Abgesandter des hohen Häuptlings Aibu, der die Ukungu-Häuptlinge gegen Kisu geeint und den Mann abgesetzt hatte. Er überreichte Bila Huruma Geschenke, Federn, Häute, Messingringe und Tharlarionzähne, und schwor ihm die ewige Treue der Ukungu-Dörfer. Um diese politischen Abmachungen zu besiegeln, bot er dem Ubar in Aibus Namen die Tochter des hohen Häuptlings an, Aibus eigene Tochter, ein Mädchen namens Tende.