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Ich hörte, wie Bila Huruma seine Männer an der Mauer zusammenrief. Dann brüllte er: »Attacke!«

Seine Kühnheit überraschte die Kurii. Doch schon wenige Momente später waren Bila Huruma, Kisu, Turgus, Ayari und die Askaris wieder zurückgetrieben worden.

Die Lage war hoffnungslos, und doch meine ich, daß die Kurii vor den Menschen Respekt zu empfinden begannen.

Ein Anführer der Kurii formierte entschlossen seine Ungeheuer neu. Ich war sicher, daß für den Sieg der anderen nur noch eine massierte Attacke der Ungeheuer erforderlich sein würde. Zu meiner Überraschung aber sah ich, wie der Kur-Anführer, ein riesiger brauner Kur, der zweifellos aus den fernen Schiffen stammte, vor dem schwarzen Ubar grüßend die Pfote hob. Daraufhin hob Bila Huruma schweratmend seinen Stoßspeer mit blutiger Faust. »Askari hodari!« rief er. Ich bebte vor Erregung. Große Ehre hatte er dem Ungeheuer erwiesen, das nicht einmal ein Mensch war. Der Salut des Kur-Befehlshabers war bestätigt und erwidert worden. Die Worte, die Bila Huruma gesprochen hatte, entstammten der Ushindi-Sprache und ließen sich etwa als »Mutiger Soldat« übersetzen.

»Ich habe ihn!« vernahmen wir einen Schrei. Wir blickten zum aufgebrochenen Eingang. Dort stand Msaliti, einen blutigen Dolch in der Hand haltend, während er in der anderen eine Kette mit einem daran baumelnden Ring schwenkte.

»Er hat den Ring!« rief ich.

Ich blickte zum Lager des Shaba. Es war von toten Kurii und niedergestreckten Askaris umgeben. Hustend hielt sich Shaba die Brust. Der Zahnring, der vergiftete Ring, war geleert. Msaliti hatte seine Chance abgewartet und war dann über Shaba hergefallen. Nach den Wunden zu urteilen, war Shaba vier- oder fünfmal getroffen worden. Anschließend hatte Msaliti Kette und Ring ergriffen und war zum Eingang geeilt. Die Kurii standen zwischen uns und Msaliti.

Der Befehlshaber der Kurii hob die Pfote und entblößte die mächtigen Reißzähne. Es war ein Zeichen seines Triumphs, ein Ausdruck seiner Freude. Eilig gab er seinen Ungeheuern neue Befehle. Msaliti sprang von der Steinschwelle und verließ die festungsähnliche Einfriedung. Die Kurii musterten uns fauchend und ließen uns nicht aus den Augen, als sie sich nun Schritt für Schritt zurückzuziehen begannen – offensichtlich war es bei den Befehlen ihres Kommandanten darum gegangen. Er hatte gesiegt und wollte keines seiner Ungeheuer mehr riskieren. Außerdem brauchte er sie, um den sicheren Transport des Ringes zum vorbereiteten Treffpunkt zu garantieren, von wo er später auf die Stahlwelten zurückgebracht oder auf dieser Welt vernichtend gegen die Menschen und Priesterkönige eingesetzt werden würde.

Meine Panga mit beiden Händen haltend, wollte ich die Ungeheuer verfolgen. Doch Kisu packte mich und hielt mich zurück. Bila Huruma stellte sich ebenfalls zwischen mich und unsere zottigen Feinde.

»Nein!« rief Kisu.

»Nein!« rief auch Bila Huruma. »Es wäre Wahnsinn, ihnen zu folgen.«

»Bleib bei uns, Tarl!« rief Ayari.

Auch Turgus faßte nach meinem Arm. Ich kam nicht mehr frei.

»Laßt mich los!« forderte ich.

»Du kannst nichts mehr ändern«, sagte Kisu.

Im Griff meiner Freunde sah ich zu, wie die Kurii sich zurückzogen. Gehorsam verließen die zottigen Ungeheuer die Festungsanlage. Ich bewunderte den Befehlshaber der Kurii, der seinen wilden Kämpfern eine solche Disziplin aufzuerlegen vermochte.

Bila Huruma eilte zu Shaba.

Ich schüttelte Turgus und Kisu ab und rannte zum Eingang der Festung. Als ich die Höhe der Steinschwelle erreichte, sah ich, daß die schwimmende Brücke an unserem Ende losgeschnitten worden war und jetzt auf der anderen Seite an Land gezogen wurde. Zwischen mir und den Ungeheuern erstreckte sich der gefährliche Graben, etwa vierzig Fuß breit, in dem sich die tödlichen Fische tummelten.

Ich stieg von den Steinen, die von Shabas Leuten im Eingang aufgetürmt worden waren.

Ich blickte über den Graben zu den Kurii hinüber. Kisu, Turgus und Ayari standen hinter mir.

Auf der anderen Seite des Grabens hob Msaliti Kette und Ring über den Kopf. »Ich habe gesiegt!« rief er.

Der Befehlshaber der Kurii entriß ihm die Kette und legte sie sich um den Kopf.

»Ich habe gesiegt!« rief Msaliti.

Nun gab der Befehlshaber der Kurii einem seiner Ungeheuer einen Befehl. Msaliti schrie entsetzt auf, als das Monstrum ihn hoch über den Kopf hob und in den Graben schleuderte.

Augenblicklich sprang Msaliti auf und begann zu kreischen. Er stürzte erneut, kam wieder hoch und sank wieder um. Ringsum brodelte das Wasser, das sich rot zu färben begann. Msaliti bewegte sich wie durch einen zähen Morast und kam schreiend auf uns zu. Ich entriß Kisu den Eingeborenenspeer und hielt ihn Msaliti hin, der schreiend danach griff. Wir zogen ihn aus dem Wasser. Füße und Beine waren nicht wiederzuerkennen. Wir rissen die gierigen Fische aus seinem Fleisch. Dann lag er vor uns, und wir versuchten mit Stoffstreifen die Blutung zu stillen.

Auf der anderen Seite zogen die Kurii im Gänsemarsch ab.

Wir gaben uns größte Mühe, Msalitis Leben zu retten. Schließlich gelang es uns, die Wunden wirksam abzubinden.

In diesem Augenblick tauchte Bila Huruma neben mir auf.

»Shaba ist tot«, sagte er.

Msaliti hob die Hand vor dem Ubar. »Mein Ubar«, sagte er.

Bila Huruma betrachtete Msaliti voller Trauer. Dann sagte er zu seinen Askaris: »Werft ihn den Fischen zum Fraße vor!«

»Mein Ubar!« kreischte Msaliti, aber schon ging er im Graben unter, umschwärmt von Fischen.

54

»Ich habe die Karten und Notizbücher untersucht«, sagte ich zu Bila Huruma.

»Sind die Unterlagen vollständig?« fragte er.

»Ja, es wurde alles gefunden.«

Wir standen auf einer weitläufigen Steinfläche, zu der verschiedene breite Treppen heraufführten, ausgehend von dem eindrucksvollen Marmorkai am Westrand der uralten Stadt, dem Kai an dem wir vor Tagen gelandet waren, nachdem wir den See überquert hatten. Hinter uns lag das riesige Gebäude mit seinen mächtigen Säulen, von denen einige in die Ruinen gestürzt waren. Links und rechts erhoben sich die überlebensgroßen Gestalten der Steinkrieger, die strengen Blickes nach Westen starrten. Shabas Galeere und die drei Galeeren und Kanus Bila Hurumas, daneben unser kleines Kanu, das uns lange und treu gedient hatte, waren tief unter uns festgemacht.

Wir schauten auf den ruhig daliegenden See hinaus.

Links von uns befanden sich die Überreste eines großen Scheiterhaufens. Bila Huruma hatte eigenhändig die Asche Shabas in die Luft hinaufgeschleudert, damit der Wind sie packe und über die Stadt und den dahinterliegenden Dschungel wehe. So würde ein Teil von Shaba die Reisen fortsetzen, die er als Geograph begonnen hatte, Flocken weißer Asche im Wind, zerbrechlich, aber beständig, schnell verweht, aber ewig, etwas, das mit den Realitäten von Geschichte und auch Ewigkeit unwiderruflich verbunden war.