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Ich dachte an Bila Huruma und die Einsamkeit des Ubars. Ich dachte an Shaba und seine Forschungsreisen, an die Erkundung des Ushindi-Sees, die Entdeckung und Ausmessung des Ngao-Sees und die Entdeckung und Erforschung des Ua-Flusses bis hin zu seiner Quelle im stillen Wasser jenes großen Sees, den er Bila-Huruma-See getauft hatte. Dem Wunsche Bila Hurumas folgend, hatte ich diesen Namen in Shaba-See geändert. Er war wahrhaftig einer der größten, wenn nicht der größte Forscher Gors gewesen. Ich nahm nicht an, daß sein Name in Vergessenheit geraten würde.

»Ich bin dankbar«, hatte Ramani aus Anango gesagt, der Lehrmeister Shabas. Ich hatte ihm und zwei anderen seiner Kaste die Landkarten und Notizbücher Shabas ausgehändigt. Ramani und seine Kollegen hatten geweint. Ich hatte sie verlassen und war in meine Unterkunft zurückgekehrt. Sämtliche Unterlagen würden vielfach kopiert werden, um durch Kastenbrüder in den Städten des zivilisierten Gor verbreitet zu werden. Die ersten Kopien waren jedoch bereits durch die Schriftgelehrten Bila Hurumas in Ushindi erstellt worden, eine Tatsache, von der Ramani nichts zu wissen brauchte.

»Wirst du die Arbeit am Kanal fortsetzen?« hatte ich Bila Huruma gefragt.

»Ja«, hatte er gesagt.

Wenn der Kanal später einmal den Ushindi- mit dem Ngao-See verband, gab es eine durchgehende Wasserstraße zwischen dem Thassa und dem Ua-Fluß – von nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung. Die Bedeutung der Arbeit Bila Hurumas und Shabas, eines Ubar und eines Schriftgelehrten, war nach meinem Dafürhalten nicht zu ermessen.

Ich dachte an den kleinen Ayari, mit dem ich die Gaunerkette und meine Abenteuer am Ua-Fluß geteilt hatte.

Heute trug er die Robe eines Wesirs Bila Hurumas. Es war eine kluge Entscheidung seitens des Ubars, davon war ich überzeugt. Ayari hatte seine Härte und seinen Wert auf den Reisen am Ua mehr als einmal unter Beweis gestellt. Er verstand sich auf Sprachen und hatte Verbindungen in den Nyuki-Dörfern am Nordufer des Ushindi-Sees, der Gegend, in der sein Vater geboren worden war. Außerdem hatte er gute Beziehungen zu Kisu und dessen Ukungu-Region am Ngao-See. Darüber hinaus war er in Schendi geboren und aufgewachsen und beherrschte das Goreanische fließend. Wenn man dann noch berücksichtigte, daß er intelligent, schlau und human war, schien er mir für seine Aufgabe ideal geeignet zu sein. Ein solcher Mann ließ sich sehr gut von einem Ubar einsetzen, der seine Beziehungen nicht nur zum Landesinneren verbessern wollte, sondern auch mit Schendi, einem der wichtigsten Häfen des zivilisierten Gor. Außerdem war Ayari einer der wenigen Männer, die den Ua hinaufgefahren waren und von diesem Abenteuer berichten konnten. Zweifellos würde er in den langfristigen Plänen Bila Hurumas eine wichtige Rolle spielen. Mit der Zeit würde sich Ayari zu einem der bedeutendsten Männer in der Äquatorzone Gors entwickeln. Ich lächelte vor mich hin. Nur wenige hätten sich vermutlich träumen lassen, daß der kleine Gauner aus Schendi, Sohn eines Jungen, der einmal wegen eines Melonendiebstahls aus seinem Dorf fliehen mußte, eines Tages neben einem Thron stehen würde.

Noch bewegter jedoch dachte ich an Kisu, der nun wieder Mfalme von Ukungu war.

Bis heute ist auf jeder Landkarte klar auszumachen, daß sich das Land Ukungu im Bereich des Imperiums von Bila Huruma als selbständiger Staat behauptet.

Ehe Bila Huruma das Dorf Nyundu, das Hauptdorf der Ukungu-Bezirke, verließ, hatte er sich mit Kisu ausführlich unterhalten. »Wenn du willst«, hatte er gesagt und deutete auf Tende, die neben den beiden Männern kniete, »nehme ich diese Sklavin mit und sorge für ihren Verkauf in Schendi. Ihren Ertrag lasse ich dir zukommen.«

»Vielen Dank, Ubar«, hatte Kisu erwidert, »aber ich werde die Frau in Ukungu behalten.«

»Hast du die Absicht, sie zu befreien?« hatte Bila Huruma gefragt.

»Nein.«

»Ausgezeichnet«, hatte Bila Huruma gesagt. »Dazu ist sie auch viel zu schön.«

Tende hatte zu Kisu aufgeblickt. »Ich werde versuchen, meinem Herrn zu gefallen«, sagte sie.

Jene Nacht hatten wir in Nyundu verbracht. Ich erinnerte mich gern an das große Fest. Abgesehen von seiner politischen Bedeutung war es auch ein Abschiedsfest gewesen.

Ich blickte nach links – dort kniete Lana, das blonde Taluna-Mädchen, die ehemalige Anführerin der Schar, die inzwischen nach Schendi in die Sklaverei verkauft worden war. Neben ihr wartete Alice auf die Verladung.

In diesem Augenblick kam Ngoma auf mich zu, der zur Mannschaft Ulafis gehörte. Er war in Begleitung zweier Männer.

»Wir legen bald ab«, meldete er. »Die Käfige sind bereit.«

Ich nickte, und er und die beiden Helfer führten meine drei Sklavinnen an Bord der Schendi-Palme.

Vom Heck rief mir Ulafi zu: »Es ist bald Zeit, an Bord zu kommen!« Gudi und Schoka, sein Erster und Zweiter Offizier, standen neben ihm.

»Verstanden!« rief ich zurück.

Ich sah mich um.

Auf dem Deck des Schiffes warteten noch zwei leere Sklavenkäfige, die ich gebucht hatte.

»Ho, da!« rief ich einem Mann entgegen, der in meinem Auftrag in Pembes Taverne gewesen war.

Er erblickte mich und eilte auf mich zu. An einer Leine führte er eine hübsch gebaute Sklavin, die eine Augenbinde trug. Er hieß sie vor mir niederknien und nahm ihr die Binde ab.

»Oh!« rief das Mädchen, das einmal Evelyn Ellis geheißen hatte. Blinzelnd blickte sie zu mir auf.

»Du gehörst jetzt mir«, sagte ich. Sie hatte einmal den Kurii in dieser Stadt gedient.

»Ja, Herr«, sagte sie.

Ngoma kam die Planke herab und blieb neben mir stehen.

Ich erinnerte mich gut an sie, die einmal Shaba, Msaliti und mir gedient hatte. Und ich dachte an die Nacht in Pembes Taverne, in der ich ihr ein wenig von dem beigebracht hatte, was der Sklavenkragen bedeutete. Ohne daß sie es wußte, hatte ich sie gestern abend erstanden.

»Oh, Herr!« rief sie freudig, und ich ließ sie auf das Schiff bringen.

»Herr! Herr!« rief Sasi und eilte auf mich zu. Ich nahm sie in die Arme. »Du siehst gut aus, du hübsche kleine Dirne«, sagte ich.

Der Mann aus Filimbis Taverne, in die sie nach meinem Aufbruch aus Schendi verkauft worden war, folgte einige Schritte hinter ihr. Sie trug noch die kurze Tunika mit dem Zeichen ihrer Taverne. Auch sie hatte ich gestern heimlich gekauft.

»Du hast mich nicht vergessen!« rief sie.

»Dazu bist du viel zu hübsch«, sagte ich.

Der Mann aus der Taverne nahm ihr die Fesseln ab. Sie kniete vor mir nieder.

»Es ist Zeit, an Bord zu gehen!« rief Ulafi.

»Sei gegrüßt, Turgus!« rief ich dem Mann entgegen, der auf die Pier kam. »Es ist nett, daß du mich verabschieden möchtest.«

»Wer ist denn diese prächtige kleine Sklavin?« fragte er und betrachtete Sasi.

»Du erkennst doch sicher deine frühere Komplizin aus Port Kar?« fragte ich.

»Ach?« fragte er. »Heb doch den Kopf, Mädchen«, befahl er.

»Ja, Herr.«

»Großartig«, sagte er.

Ich griff in meinen Seesack und reichte Turgus einen Brief. »In diesem Brief«, sagte ich, »habe ich eine Petition niedergelegt für deine Begnadigung wegen deiner Verfehlungen in Port Kar. Das Schreiben ist an den Kapitänsrat gerichtet, die herrschende Körperschaft in Port Kar, der ich mit angehöre. Ich gehe davon aus, daß sich der Rat für die Begnadigung entscheiden wird. Sollte das nicht geschehen, hast du noch mindestens zehn Tage Zeit, die Stadt erneut zu verlassen.«

Er nahm den Brief. »Ich bin dir dankbar«, sagte er, »aber warum sollte sich der Rat für mich aussprechen?«

»Wir haben zusammen gekämpft«, entgegnete ich.

»Das stimmt«, sagte er.

»Wirst du nach Port Kar zurückkehren?« fragte ich.

»Ich habe hier in Schendi Geld liegen«, antwortete er, »Kreditbriefe, die ich nach meiner Rückkehr vom Ua anlegen konnte, Gelder, die aus meiner Teilnahme an Shabas Expedition herrühren. Damit komme ich etliche Monate aus.«

»Der Aufenthalt in Schendi ist für einen Fremden weniger gefährlich, seit Ayari Wesir von Bila Huruma geworden ist«, sagte ich.