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»Du hast unrecht, Epernon. Ich kann mit Chicot nur einen Menschen vergleichen, den ich liebe, und der mich liebt. Er war ein gediegener und geistreicher Diener.« – »Ich denke, nicht damit ich Meister Chicot gleiche, hat mich Eure Majestät zum Pair und Herzog gemacht.«

»Still, erheben wir keine Gegenbeschuldigung,« sagte der König mit einem so boshaften Lächeln, daß der Gaskogner, so fein und unverschämt er zugleich war, sich unbehaglicher vor diesem schweigenden Sarkasmus fühlte, als er es bei offenem Vorwurf gewesen wäre. »Chicot liebte mich, und er fehlt mir, das ist alles, was ich sagen kann,« fuhr Heinrich fort. »Oh! wenn ich bedenke, daß an demselben Platz, wo du bist, alle diese jungen, schönen, braven und treuen Leute vorübergegangen sind, daß auf dem Lehnstuhl, auf den du deinen Hut gelegt hast, Chicot mehr als hundertmal eingeschlafen ist.« – »Das war vielleicht sehr geistreich, jedenfalls aber sehr wenig ehrfurchtsvoll.«

»Ach! dieser teure Freund hat heute nicht mehr Geist als Körper.« Und der König schüttelte traurig seinen Rosenkranz von Totenköpfen, der ein so düsteres Geklapper hören ließ, als ob er von wirklichen Gebeinen gemacht wäre. – »Was ist denn aus Eurem Chicot geworden?«

»Er ist tot, tot wie alles, was mich geliebt hat.« – »Nun, Sire,« sagte der Herzog, »ich glaube in der Tat, er hat wohl daran getan, daß er gestorben ist; er alterte, viel weniger indessen, als seine Späße, und man hat mir gesagt, die Nüchternheit sei nicht seine Lieblingstugend gewesen. An was ist denn der arme Teufel gestorben, Sire, an der Unverdaulichkeit?«

»Chicot ist vor Kummer gestorben, schlechtes Herz,« erwiderte bitter der König, – »Er hätte Euch zum letzten Male lachen machen sollen.«

»Du täuschest dich; er wollte mich nicht einmal durch die Ankündigung seiner Krankheit betrüben; weil er wußte, wie sehr ich meine Freunde betraure, er, der mich so oft weinen sah.« – »Dann ist sein Schatten zurückgekehrt.«

»Gefiele es Gott, daß ich ihn wiedersehen würde, selbst im Schatten. Nein, sein bester Freund, der würdige Prior Gorenflot, hat mir diese Kunde mitgeteilt.« – »Gorenflot, wer ist dies?«

»Ein frommer Mann, den ich zum Prior der Jakobiner gemacht habe; er bewohnt das schöne Kloster vor der Porte Saint-Antoine, bei Bel-Esbat.« – »Sehr gut! irgendein schlechter Prediger, dem Eure Majestät eine Priorei von dreißigtausend Livres gegeben haben wird, ohne daß sie es wagt, ihm das Empfangene vorzurücken.«

»Willst du nun gottlos werden?« – »Wenn dies Eurer Majestät die Langeweile vertreiben könnte, würde ich es versuchen.«

»Willst du wohl schweigen, Herzog; du beleidigst Gott.« – »Chicot war sehr gottlos, und mir scheint, ihm verzieh man.«

»Chicot kam in einer Zeit, wo ich noch über etwas lachen konnte.« – »Dann hat Eure Majestät unrecht, seinen Verlust zu beklagen.«

»Warum?« – »Wenn sie über nichts mehr lachen kann, so würde ihr Chicot, so heiter er auch war, keine große Unterstützung gewähren.«

»Dieser Mann war zu allem gut, und ich beklage seinen Verlust nicht allein wegen seines Witzes.« – »Und warum sonst? Ich denke, nicht seines Gesichtes wegen, denn er war sehr häßlich, dieser Herr Chicot.« »Er erteilte weise Ratschläge.« – »Ah! ich sehe wohl, wenn er noch lebte, würde Eure Majestät einen Siegelbewahrer aus ihm machen, wie sie aus diesem Kuttenmann einen Prior gemacht hat.«

»Still, Herzog, ich bitte Euch, spottet nicht über die, die mir Zuneigung bewiesen haben, und denen ich zugetan war. Seitdem Chicot gestorben, ist er mir heilig, wie ein ernster Freund, und wenn ich nicht Lust habe zu lachen, soll niemand lachen.« – »Es sei, Sire, ich habe so wenig Lust, zu lachen, als Eure Majestät. Noch soeben beklagtet Ihr den Verlust Chicots wegen seiner guten Laune; soeben verlangtet Ihr von mir, daß ich Euch aufheitere, während Ihr nun wünscht, daß ich Euch traurig mache.... Parfandious! ... Oh! verzeiht, Sire, dieser verdammte Fluch entschlüpft mir immer.«

»Gut, gut, nun bin ich abgekühlt; nun bin ich auf dem Punkte, wo du mich haben wolltest, als du das Gespräch mit so düsteren Redensarten begannst. Sage mir nun deine schlimmen Nachrichten, Epernon; bei dem König findet sich immer die Kraft eines Mannes.« – »Ich bezweifle es nicht, Sire.«

»Und das ist ein Glück, denn schlecht bewacht, wie ich bin, wäre ich, wenn ich mich selbst nicht bewachte, zehnmal des Tages gestorben.« – »Was gewissen Leuten, die ich kenne, nicht mißfallen würde.«

»Gegen diese habe ich die Hellebarden meiner Schweizer, Herzog.« – »Das nützt nicht viel, wenn es gilt, aus der Ferne zu treffen.«

»Gegen die, die man aus der Ferne treffen muß, habe ich die Musketen meiner Schützen.« – »Das ist unbequem, will man von nahem treffen; um eine königliche Brust zu beschützen, taugen mehr als Hellebarden und Musketen gute Brüste.«

»Ach, das hatte ich einst, und in diesen Brüsten edle Herzen; nie hätte man mich erreicht zur Zeit der lebendigen Wälle, wie man Quelus, Schomberg, Saint-Luc, Maugiron und Saint-Megrin nannte.« – »Das ist es also, was Eure Majestät beklagt?«

»Ich beklage die Herzen, die vor allem in der Brust dieser Männer schlugen.« – »Sire, wenn ich es wagte, würde ich Eurer Majestät bemerken, daß ich Gaskogner, das heißt vorsichtig und gewandt bin; daß ich durch den Geist die Eigenschaften zu ersetzen suche, die mir die Natur versagt hat, mit einem Wort, daß ich alles tue, was ich kann, das heißt alles, was ich soll, und daß ich folglich mit Recht sagen kann: Komme, was da will.«

»Ah! so ziehst du dich heraus; du trittst ein und nimmst den Mund sehr voll mit wahren oder falschen Gefahren, denen ich preisgegeben sein soll, und wenn es dir gelungen ist, mich zu erschrecken, so faßt du dich in den Worten zusammen: Komme, was da will. Sehr verbunden, Herzog.« – »Eure Majestät will also ein wenig an diese Gefahren glauben?«

»Es sei. Ich werde daran glauben, wenn du mir beweist, daß du sie bekämpfen kannst.« – »Ich glaube, daß ich es kann.«

»Du kannst es?« – »Ja, Sire.«

»Ich weiß wohl, du hast Mittel – deine kleinen Mittel, – du Fuchs.« – »Nicht so klein.«

»Laß hören.« – »Will Eure Majestät die Gnade haben, aufzustehen?«

»Wozu?« – »Um mit mir zu den alten Gebäuden des Louvre zu kommen.«

»Zu dieser Stunde?« – »Es schlägt soeben zehn Uhr im Glockenturme des Louvre; mir scheint, das ist nicht so spät.«

»Was werde ich in diesen Gebäuden sehen?« – »Ah! bei Gott! wenn ich es Euch sage, so ist dies das Mittel, das Ihr nicht kennt.«

»Das ist sehr fern von hier, Herzog.« – »Durch die Galerien geht man in fünf Minuten dahin, Sire.«

»Epernon, Epernon!« – »Nun, Sire?«

»Wenn das, was du mich sehen lassen willst, nicht sehr interessant ist, so nimm dich in acht.« – »Sire, ich stehe Euch dafür, daß es interessant sein wird.«

»Vorwärts,« sagte der König, indem er sich mit einer gewissen Anstrengung erhob.

Der Herzog nahm seinen Mantel und reichte dem König seinen Degen; dann ergriff er eine Wachsfackel und schritt in der Galerie Seiner Allerchristlichsten Majestät voran, die ihm mit schleppendem Gange folgte.

Das Schlafgemach.

Obgleich es erst zehn Uhr war, herrschte doch schon eine Todesstille im Louvre; kaum hörte man, so wütend wehte der Wind, den schweren Tritt der Schildwachen und das Knarren der Zugbrücken.

Die nächtlichen Wanderer gelangten wirklich in weniger als fünf Minuten zu den gesuchten Räumen. Der Herzog zog einen Schlüssel aus seiner Tasche, stieg einige Stufen hinab, durchschritt einen kleinen Hof und öffnete eine gewölbte Tür, die halb von Brombeerstauden und langem Gras versperrt war. Er folgte ungefähr zehn Schritte einem dunkeln Weg, an dessen Ende er sich in einem inneren Hof befand; hier war in einer Ecke eine steinerne Treppe bemerkbar, die in ein weites Zimmer oder vielmehr in einen ungeheuern Korridor führte. Epernon hatte auch den Schlüssel zu diesem Korridor.