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- Es wird sich schon machen.

- Sage mir, Louis Lacasse, bist Du auch der Leute, die Du bei Dir hast, sicher?

- Wie meiner selbst. Wahre Jean-Baptiste sind es, und wenn es darauf ankommt - eine Muskete abzubrennen, so glaub' ich nicht, daß sie zaruckbleiben würden.«

Louis Lacasse sagte »zaruck«, vielleicht weil man »dahinter« und nicht »duhinter« sagt.

Johann übergab ihm noch eine gewisse Menge Piaster, welche der wackere Schiffsmann, ohne sie zu zählen, in die Tasche seiner groben Jacke gleiten ließ.

Dann wechselte er noch ein paar warme Händedrücke mit der Besatzung des Kutters.

Johann hatte wieder an Bord des »Champlain«, der sich nach dem linken Ufer zu entfernte, Platz genommen, und während der Holzzug abwärts glitt, konnte man noch die lauttönende Stimme Louis Lacasse's vernehmen, welche wieder fortfuhr:

»Und an der kühlen Quelle, Da ruht' ich sorglos aus!«

Eine Stunde später erhob sich auch der Wind von Neuem. Der »Champlain« segelte nun unter die zahlreichen Inseln hinein, welche den Pierre-See anfüllen, und nachdem er nach und nach an den Ufern der Grafschaften Joliette und Richelieu, welche einander gegenüberliegen, vorbei gekommen, legte er bei den Uferdörfern der Grafschaften Montcalm und Vercheres an, deren Frauen sich gegen das Ende des siebzehnten Jahrhunderts so muthvoll geschlagen hatten, um ein von Wilden gestürmtes Fort zu vertheidigen.

Während der Kutter still lag, besuchte Johann die Führer der Reformer und konnte er sich durch eigene Anschauung von dem Geiste der Bewohner überzeugen. Mehrmals erwähnte man ihm gegenüber auch Johanns ohne Namen, auf dessen Kopf ein Preis ausgesetzt worden war. Wo befand sich derselbe jetzt? Würde er erscheinen, wenn die Stunde des Kampfes schlug? Die Patrioten rechneten auf ihn. Trotz der Bekanntmachung des Gouverneurs hätte er nach dieser Grafschaft kommen können und hier wäre für ihn, auf eine Stunde wie auf vierundzwanzig, jede Thür offen gewesen.

Angesichts dieser Zeichen einer Erhebung, welche zu jedem Opfer bereit schien, fühlte Johann sich tief bewegt. Ja, er wurde von der canadischen Bevölkerung erwartet gleich einem Messias. Dennoch beschränkte er sich darauf zu antworten:

»Ich weiß nicht, wo Johann ohne Namen ist; kommt aber der große Tag, so wird er da sein, wohin die Pflicht ihn ruft.«

Etwa um die Mitte der Nacht vom 26. zum 27. September hatte der »Champlain« den Mittellauf des St. Lorenzo erreicht, der die Insel Montreal vom südlichen Ufer scheidet.

Der »Champlain« gelangte damit an die letzten Stationen seiner Fahrt. In wenigen Tagen gedachten die Brüder Harcher das Fahrzeug für die Winterzeit abzurüsten, da der Strom dann völlig unschiffbar wird. Damit sollten Johann und sie nach der Grafschaft Laprairie heimkehren, wo dann die ganze Familie des Farmers vom Pachthofe von Chipogan zur Hochzeitsfeier versammelt sein sollte.

Zwischen der Insel Montreal und dem rechten Ufer besteht der Arm des St. Lorenzo aus Stromschnellen, welche man als eine Sehenswürdigkeit des Landes betrachten darf. An dieser Stelle breitet sich eine Art See, ähnlich dem St. Pierre-See, aus, wo der »Champlain« dem Käfig des Patrons Louis Lacasse begegnet war. Man nennt denselben den Sprung des heiligen Ludwig, und er liegt gegenüber Lachine, einer kleinen Ortschaft stromaufwärts von Montreal, in der viele Bewohner der Stadt gern Sommeraufenthalt nehmen. Der See gleicht einem schäumenden Meere, in das sich der Wasserschwall eines der Arme des Ottawa entleert. Dichte Wälder starren noch am Ufer empor und umgeben ein Dorf zum Christenthum bekehrter Irokesen, Caughnawaga mit Namen, dessen kleine Kirche ihre bescheidene Thurmspitze über die grünen Waldmassen erhebt.

Wenn die Bergfahrt auf diesem Theile des St. Lorenzo sehr schwierig ist, so droht die Thalfahrt mit der Gefahr, leichter und schneller als gewünscht vor sich zu gehen, denn hier könnte ein falscher Ruderschlag genügen, ein Boot in die Stromschnellen zu werfen. Die Seeleute und Schiffer aber, und vorzüglich die Fischer, welche hier Alsen zu Myriaden fangen, sind diese gefährlichen Durchfahrten gewöhnt und wissen sich geschickt, trotz der tosenden Gewässer, im richtigen Curse zu erhalten.

Steuert man am südlichen Ufer des Stromes hin und benützt dann noch ein Seil zum Anholen, so ist es nicht unmöglich, Laprairie, den Hauptort der gleichnamigen Grafschaft, zu erreichen, wo der »Champlain »sein gewöhnliches Winterlager hatte.

Gegen die Mitte des Tages befand sich Pierre Harcher ein wenig stromaufwärts von dem Flecken Lachine (China). Dieser Name, also der nämliche Name wie der des ungeheuren asiatischen Reiches, rührt noch von den ersten Seefahrern her, welche in den St. Lorenzo eindrangen.

In der Nachbarschaft des Landes der großen Seen angekommen, glaubten sie sich an der Küste des Stillen Weltmeeres zu befinden und folglich nicht weit von dem Himmlischen Reiche zu sein.

Der Führer des »Champlain« manövrirte in der Weise, um nach dem rechten Stromufer zu gelangen; er erreichte dasselbe gegen fünf Uhr Nachmittags, nahe der Grenze, welche zwischen Montreal und Laprairie verläuft.

Da sagte Johann zu ihm:

»Ich werde aus Land gehen, Pierre.

- Du willst nicht mit uns nach Laprairie kommen? fragte Pierre Harcher dagegen.

- Nein, ich muß noch das Kirchspiel von Chambly besuchen, und wenn ich bei Caughnawaga lande, habe ich einen kürzeren Weg dahin.

- Du wagst damit aber viel, bemerkte Pierre, und ich werde Dich nicht ohne Unruhe diesen Weg nehmen sehen. Warum willst Du uns verlassen, Johann? Bleibe noch zwei Tage, und wir gehen nach der Abtakelung des »Champlain« zusammen.

- Ich kann nicht, antwortete Johann, ich muß noch diese Nacht in Chambly sein.

- Wünschest Du vielleicht, daß Dich zwei von uns begleiten? fragte Pierre Harcher.

- Auch das nicht, es ist besser, ich bin allein.

- Und Du wirst dich in Chambly aufhalten?.

- Nur wenige Stunden, Pierre; vor Tagesanbruch hoffe ich von da wieder aufzubrechen.«

Da Johann nicht geneigt schien, sich über das, was er in jenem Flecken vorhatte, näher zu erklären, so bestand Pierre Harcher nicht weiter darauf und begnügte sich hinzuzufügen:

- Sollen wir Dich in Laprairie erwarten?

- Das ist unnöthig. Macht was Ihr zu machen habt, ohne Euch um meinetwillen zu ängstigen.

- Wo werden wir uns dann wieder treffen?.

- Im Pachthofe zu Chipogan.

- Du weißt, fuhr Pierre fort, daß wir in der ersten Octoberwoche dort sein müssen.

- Ja, das weiß ich.

- Verfehle auch Du diese Zeit nicht, Johann. Deine Abwesenheit würde meinem Vater, meiner Mutter und uns Allen große Sorge bereiten. Wir werden in Chipogan zu einem Familienfeste erwartet, und da Du unser Bruder geworden bist, mußt Du ebenfalls da sein, damit die Familie vollzählig ist.

- Ich werde mich einstellen, Pierre!«

Johann drückte den Söhnen Harcher's die Hand. Dann begab er sich nach der Cabine des »Champlain«, legte wieder die Kleidung an, welche er bei seinem Besuche in der Villa Montcalm getragen hatte, und nahm von seinen wackeren Genossen Abschied.

Gleich darauf sprang Johann auf das Ufer und nach einem letzten »Auf Wiedersehen!« verschwand er unter den Bäumen, deren dunkles Dickicht das Irokesendorf umgibt.

Pierre, Remy, Michel, Tony und Jacques begaben sich unverzüglich wieder an die Arbeit. Nur mit großer Anstrengung und dem Aufwand aller Kräfte gelang es ihnen, ihr Fahrzeug gegen die Strömung anzuholen, wobei sie die Wirbel benützten, welche sich an verschiedenen Stellen bildeten.

Um acht Uhr Abends lag der »Champlain« sorgsam vertaut in einer kleinen Bucht vor den ersten Häusern von Laprairie.

Die Brüder Harcher hatten ihre Fischerei-Campagne beendet, während der sie sechs Monate lang je zweihundert Lieues weit die Gewässer des gewaltigen Stromes bergauf und bergab befahren hatten.