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Was Lionel anging, so erhob diesen sein Patriotismus über jeden Zweifel.

Der junge Schreiber kam übrigens mit dem Erstaunen über das unerwartete Wiedererscheinen seines Helden gar nicht hinweg. - Johann ohne Namen war der Sohn eines Simon Morgaz!. Der Abbe Joann der Sohn eines Verräthers!

»Nun wohl, wiederholte er sich dann, sind deshalb Beide weniger gute Patrioten? Und hatte Fräulein Clary nicht ganz Recht, für Johann und seine Mutter einzutreten? O, die wackere junge Dame!. Das war edel von ihr!. Das war einer Vaudreuil würdig!«

So war der Gedankengang Lionels, der mit seinem Enthusiasmus nicht feilschte und nimmer glauben konnte, daß Johann die Insel Navy verlassen habe, um diese nicht wieder zu betreten. Nein, nein! Johann ohne Namen würde wiedererscheinen, und wäre es nur, um bei der Vertheidigung der nationalen Sache zu sterben!

Dann kam der junge Schreiber auch bald zu folgender, ganz gerechtfertigter Anschauung:

»Warum sollten die Kinder eines Simon Morgaz nicht die besten Menschen sein können, da ja der letzte Abkömmling einer kriegerischen Rasse ebenfalls nicht das Geringste von seinen Vorfahren geerbt hatte, da der Stamm der Sagamores -sogar in einen Notar auslief!«

Was Lionel von Johann ohne Namen glaubte, das glaubten ebenso Thomas Harcher und seine Söhne, die ihn ja schon lange in seinem Thun und Treiben beobachten konnten. Hatte denn Johann, indem er hundertmal sein Leben in die Schanze schlug, das Verbrechen Simon Morgaz' noch immer nicht wett gemacht? Wahrlich, wären sie bei jenem häßlichen Auftritte anwesend gewesen, sie hätten sich nicht beherrschen können, hätten sich auf die tobende Menge gestürzt und jene abscheulichen Schmähungen mit dem Blute der Verblendeten abgewaschen. Und hätten sie gewußt, wohin Johann sich zurückgezogen hatte, so gingen sie bestimmt dahin ihn zu suchen, ihn zu den Blaumützen zurückzuführen und an deren Spitze zu stellen.

Zur Ehre der Menschheit müssen wir übrigens erkennen, daß sich seit der Vertreibung Johanns und Bridgets eine völlige Umwandlung der Gemüther vollzogen hatte. Die Gefühle Lionels und der Familie Harcher wurden jetzt von der Mehrzahl der Patrioten getheilt.

Gegen elf Uhr Vormittags begann nun das Vorspiel des Angriffs. Die ersten Vollkugeln der Batterie von Chippewa sausten über das Lager hinweg und einige Bomben trugen Tod und Verderben über die Insel. Es wäre unmöglich gewesen, sich gegen diese Geschosse zu schützen, da das Terrain ziemlich flach, nur von einzelnen Baumgruppen unterbrochen und durch ziemlich dünne Hecken abgetheilt war, während den Vertheidigern nur einige Schulterwehren, welche nach der Seite des Stromes zu mit beraster Erde bedeckt waren, zu Gebote standen. Der Oberst Mac Nab suchte offenbar erst den

Uferabhang zu säubern, ehe er den Uebergang über den Niagara unternahm - eine Operation, welche trotz der beschränkten Anzahl der Vertheidiger immerhin ihre Schwierigkeiten hatte.

Die meisten Kämpfer umringten jetzt das Haus des Herrn de Vaudreuil, das wegen seiner Lage am rechten Ufer, gegenüber von Schlosser, dem Feuer der Geschütze weniger ausgesetzt war.

Beim ersten Kanonendonner hatte Herr de Vaudreuil Befehl gegeben, daß alle Personen, welche nicht Combattanten waren, sich auf amerikanisches Gebiet begeben sollten. Die Frauen und Kinder, welche bisher hier geduldet worden waren, mußten sich also einschiffen, nachdem sie ihren Gatten, ihren Vätern und Brüdern Lebewohl gesagt, und wurden nach dem anderen Ufer übergeführt. Auch das war nicht ohne Gefahr, denn die stromauf- und stromabwärts von Chippewa aufgestellten Geschütze bedrohten die Boote von beiden Seiten. Einige Kugeln schlugen sogar auf amerikanischen Boden ein - was natürlich die berechtigtsten Reclamationen seitens der Bundesregierung hervorrief.

Herr de Vaudreuil hatte auch von seiner Tochter verlangt, daß diese nach Schlosser entfliehen sollte, um daselbst den Ausgang des Kampfes abzuwarten. Clary weigerte sich aber ihn zu verlassen.

»Mein Vater, erklärte sie, ich muß in Deiner Nähe weilen und werde also dableiben. Das ist meine heilige Pflicht.

- Und wenn ich den Königlichen in die Hände falle?.

- O, so werden sie mir nicht verwehren, Dein Gefängniß zu theilen.

- Und wenn ich getödtet werde, Clary?«.

Das junge Mädchen antwortete nicht; Herrn de Vaudreuil gelang es jedoch nicht, ihren Widerstand zu beugen. Ja, sie stand an seiner Seite, als er in den Reihen der vor dem Hause versammelten Patrioten Platz nahm.

Die Kanonen krachten jetzt mit erschreckender Gewalt; das Lager mußte bald nicht mehr zu halten sein. Immerhin war ein eigentlicher Landungsversuch noch nicht gemacht worden, sonst hätten das die hinter den schwachen Uferverschanzungen stehenden Blaumützen sicherlich gemeldet

Vor dem Hause befanden sich jetzt Vincent Hodge, Clerc und Farran, Thomas, Pierre, Michel und Jacques Harcher. Hier standen auch Meister Nick und Lionel mit den Mahoganni-Kriegern, welch' letztere ihre gewohnte Ruhe selbst in diesem gefährlichen Augenblicke bewahrten.

Da nahm Herr de Vaudreuil das Wort.

»Kampfgenossen, sagte er, wir stehen vor der Aufgabe, das letzte Bollwerk unserer Unabhängigkeit zu vertheidigen. Wenn Mac Nab uns besiegt, so ist der Aufstand niedergeschlagen, und wer weiß, wann einmal neue Anführer und neue Kämpfer die Waffen einst wieder erheben können. Werfen wir die Angreifer zurück, gelingt es, uns hier zu halten, so wird auch aus Canada von überall her Hilfe herbeieilen. Unsere Parteigänger werden neue Hoffnung schöpfen, und dann machen wir aus dieser Insel eine uneinnehmbare Festung, in der die nationale Sache stets einen sicheren Stützpunkt findet. -Seid Ihr bereit, sie zu vertheidigen?

- Bis zum Tode! antwortete Vincent Hodge.

- Bis zum Tode!« wiederholten dessen Genossen.

Da schlugen einige Vollkugeln etwa zwanzig Schritte davon in die Erde ein, ricochettirten eine Strecke hin und wirbelten eine mächtige Schneewolke auf.

Keiner der Blaumützen machte die geringste Bewegung. Sie erwarteten die Befehle ihres Führers.

Herr de Vaudreuil fuhr also fort:

»Es ist nun Zeit, uns nach dem Ufer zu begeben. Die Artillerie von Chippewa muß bald schweigen, denn die Königlichen werden den Uebergang zu erzwingen suchen. Zerstreut Euch also längs des Uferabhanges, sucht Schutz hinter den Felsen und wartet, bis die Boote in Schußweite herankommen. Die Söldner Mac Nab's dürfen nicht aus Land kommen.

- Sie werden keinen Fuß darauf setzen, sagte William Clerc, und wenn es ihnen doch gelänge, treiben wir sie in den Niagara zurück!

- Auf unsere Posten, Freunde! rief Vincent Hodge.

- Ich werde mit Euch gehen, erklärte Herr de Vaudreuil, so lange mich die Kräfte nicht verlassen.

- Bleibe hier zurück, Vaudreuil, bat Farran. Wir werden immer in Verbindung mit Dir sein.

- Nein, Freund, erwiderte Herr de Vaudreuil, ich werde da sein, wo ich sein muß!. Kommt!.

- Ja, vorwärts, Patrioten!. Die Boote sind schon vom canadischen Ufer abgestoßen!«

Alle drehten sich bei diesen mit lautschallender Stimme gesprochenen Worten um.

Johann stand vor ihnen. In der verwichenen Nacht hatte ein Boot ihn wieder nach der Insel geschafft, Niemand aber ihn erkannt. Nachdem er sich auf der Seite nach Chippewa zu verborgen gehalten, hatte er die Vorbereitungen des Oberst Mac Nab beobachtet, ohne sich um die Geschosse zu bekümmern, welche den Uferabhang zerrissen. Als er dann bemerkte, daß die Angreifer sich zum gewaltsamen Uebergang anschickten, war er gekommen - offenen Gesichts gekommen, seine Stelle unter den früheren Waffengefährten einzunehmen.

»Ich wußte es doch!« rief Lionel.

Clary de Vaudreuil war an den jungen Patrioten herangetreten, gleichzeitig mit Thomas Harcher und dessen Söhnen, die sich um ihn drängten.

Herr de Vaudreuil bot Johann die Hand.

Johann nahm dieselbe nicht.

»Ihr Vertheidiger der Insel Navy, sagte er, meine Mutter ist todt, ist der Schmach erlegen, die Ihr der Armen angethan habt. Jetzt ist von der Familie, welche ein unseliges Geschick der Verachtung preisgegeben, Niemand mehr übrig als ich! Unterwerft Euch der Schande, einen Morgaz an Eurer Seite kämpfen und für die Freiheit der französischen Canadier sterben zu sehen!«