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Und seltsam genug, obwohl das viel schlimmer als die Wohltätigkeitsbasare war und ich höchstens jedes dritte Wort und überhaupt nichts von den literarischen Anspielungen verstand, begriff ich doch das Wesentliche an seiner Rede — daß er nämlich kein Geld für das Boot mehr hatte.

Und das hieß eindeutig, daß es nicht mein Kontaktmann sein konnte. Er war nur ein mittelloser Student. Oder einer von Tantchens Halunken, die auf Bahnhöfen herumstreunten und Leute in Gespräche verwickelten, um ihnen Geld stehlen zu können. Oder Schlimmeres.

»Hat denn Cyril kein Geld?« fragte ich.

»O Gott, nein!« sagte er und streckte die Beine aus. »Er hat nie welches. Deshalb überlegte ich mir, ich meine, weil du doch sowieso einen Ausflug auf dem Fluß vorhast wie wir auch, ob wir nicht unsere Ressourcen zusammenwerfen sollten, wie Speke und Burton,[20] obwohl natürlich die Quelle der Themse längst entdeckt ist und wir auch nicht flußaufwärts fahren wollen. Und es gibt auch keine Wilden oder Tsetsefliegen oder dergleichen. Cyril und ich überlegten uns, ob du nicht mit uns kommen möchtest.«

»Drei Mann in einem Boot«, murmelte ich und wünschte mir, er wäre mein Kontaktmann. Drei Mann in einem Boot war immer eines meines Lieblingsbücher gewesen, besonders das Kapitel, wo sich Harris im Labyrinth von Hampton Court verirrte.

»Cyril und ich wollen flußabwärts«, sagte Terence gerade. »Wir stellten uns einen gemütlichen Ausflug nach Muchings End vor, aber wir können auch dort halten, wo du willst. Bei Abingdon gibt es ein paar hübsche Ruinen. Cyril liebt Ruinen. Oder die Abtei von Bisham, wo Anne von Cleves auf ihre Scheidung wartete. Oder, falls du dich einfach nur entlanggleiten lassen willst und ›den Bach, der nur mit sanftem Murmeln schleicht‹[21] genießen, können wir das auch machen.«

Ich hörte nicht zu. Muchings End, hatte er gesagt, und in dem Moment, als ich es hörte, wußte ich, daß es der Name war, an den ich mich so krampfhaft versucht hatte zu erinnern. »Nehmen Sie Verbindung auf mit…« hatte Dunworthy gesagt, und der junge Mann neben mir war dieser Jemand. Seine Hinweise auf den Fluß und die Anweisungen meines Arztes, sein schiefer Schnurrbart und der identische Blazer konnten keine Zufälle sein.

Ich fragte mich trotzdem, warum er mir nicht einfach sagte, wer er war. Außer uns befand sich kein Mensch auf dem Bahnsteig. Ich schaute ins Bahnhofsfenster, um festzustellen, ob uns der Vorsteher belauschte, konnte aber nichts entdecken. Vielleicht war mein Kontaktmann nur vorsichtig, weil er sich nicht sicher war, ob ich der Richtige sei.

Ich sagte: »Ich bin…«, als sich die Bahnhofstür öffnete und ein stattlicher Mann mittleren Alters heraustrat, der einen Bowler auf dem Kopf und einen Zwirbelbart trug. Er tippte kurz mit dem Finger an den Bowler und murmelte etwas Unverständliches, dann ging er zum Fahrplan hinüber.

»Ich würde sehr gern mit dir nach Muchings End fahren«, sagte ich, den Ortsnamen besonders betonend. »Eine Bootsfahrt wäre eine angenehme Abwechslung von Coventry.«

Ich suchte in meiner Hosentasche, während ich mich zu erinnern versuchte, wo Finch die Brieftasche hingetan hatte. »Wie viel brauchst du, um das Boot zu mieten?«

»Sicks’ndrei«, sagte er. »Für eine Woche. Ich habe bereits einen Noinscher hinterlegt.«

Die Brieftasche war in meiner Jacke. »Ich weiß nicht, ob ich genügend bei mir habe«, sagte ich und drückte Terence eine Banknote und ein paar Münzen in die Hand.

»Das ist genug, um das Boot zu kaufen«, sagte er. »Oder den Koh-i-noor.[22] Ist das dein Zeug?« Er zeigte auf mein aufgetürmtes Gepäck.

»Ja«, sagte ich und langte nach dem Portmanteau, aber Terence hatte es bereits mit einer Hand ergriffen und ebenso eine der verschnürten Schachteln. Mit der anderen Hand schnappte er den Rucksack und den Proviantkorb. Ich nahm die zweite Schachtel, die Reisetasche und den geschlossenen Weidenkorb und folgte Terence.

»Ich hatte den Kutscher gebeten, zu warten«, sagte er und ging die Stufen der Bahnhofstreppe hinunter, aber vor dem Gebäude war nichts zu sehen außer einem scheckigen Hund, der sich faul mit der Hinterpfote am Ohr kratzte. Er nahm keine Notiz von Terence, als dieser an ihm vorbeiging, und mich durchrann eine weitere Woge der Freude, daß ich Jahre um Jahre entfernt war von bösartigen Hunden und herabjagenden Luftwaffenpiloten, in einer ruhigeren, gemütlicheren, anständigeren Zeit.

»Ungehobelter Kerl«, sagte Terence. »Ich sagte ihm, er solle warten. Jetzt müssen wir uns am Kornmarkt eine Droschke nehmen.«

Der Hund verlagerte seine Position und begann, an seinen intimen Teilen zu lecken. Na ja. Vielleicht doch nicht ganz so anständig.

Und auch überhaupt nicht langsam. »Komm jetzt«, sagte Terence. »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, und setzte sich im Laufschritt hoch zur Hythe Brigde Street in Bewegung.

Ich folgte, so schnell es mein Gepäck und der Zustand der Straße, die ungepflastert und von Droschkenrädern ausgefahren war, gestattete. Es verlangte meine ganze Aufmerksamkeit, nicht zu straucheln und gleichzeitig das Gepäck zu jonglieren.

»Beeil dich«, sagte Terence und blieb kurz oben auf dem Hügel stehen. »Es ist beinahe Mittag.«

»Komm ja schon«, erwiderte ich, packte den geschlossenen Weidenkorb fester, der mir aus der Hand zu rutschen drohte, und kämpfte mich den Hügel hoch.

Als ich oben angekommen war, blieb mir der Mund so dämlich offenstehen wie dem neuen Rekruten in der Kathedrale. Ich war am Kornmarkt, an der Kreuzung von St. Aldate’s und High Street, unterhalb dem mittelalterlichen Turm. Hier hatte ich schon Hunderte von Malen gestanden, um eine Lücke im Verkehr abzuwarten. Aber das war im Oxford des einundzwanzigsten Jahrhunderts gewesen, mit seinen Touristenläden und der U-Bahnstation.

Dies hier war das echte Oxford mit seinen sonnenbeschienenen Türmen, das Oxford von Newman und Lewis Carroll, von Tom Brown.[23] Hier war die High Street, die sich zum Magdalen und Queen’s College hinabwand, und dort die Alte Bodleiana-Bibliothek mit ihren hohen Fenstern und angeketteten Büchern, und daneben das Radcliffe Camery und das Sheldonia-Theater. Und dort unten an der Ecke der Broad Street erhob sich Balliol College in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Das Balliol von Matthew Arnold und Gerald Manley Hopkins und Asquith. In diesen Mauern lebte der große Jowett, mit seinem buschigen weißen Haar und seiner machtvollen Stimme, die einem Studenten sagte: »Erklären Sie niemals etwas. Entschuldigen Sie sich nie.«

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20

John H. Speke und Sir Francis Burton. Britische Forscher, die im 19. Jahrhundert die Quelle des weißen Nils entdeckten. — Anm. d. Ü.

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21

William Shakespeare, Die beiden Veroneser, II. Akt, 7. Szene. — Anm. d. Ü.

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22

Berühmter indischer Diamant, etwa 106 Karat; gelangte 1849 bei der Annexion von Punjab in britischen Besitz und gehört seitdem zum Kronjuwelenschatz. — Anm. d. Ü.

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23

Hauptfigur des semibiographischen Romans Tom Brown at Oxford von Tom Hughes. — Anm. d. Ü.