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Ich ließ den Weidenkorb fallen, und er rollte zum Ufer. Terence setzte ihm nach. Die Bulldogge hielt für einen Moment inne, bevor sie weiter auf mich zuraste.

Ich hatte nie begriffen, wieso ein Kaninchen hypnotisiert dastehen und auf eine sich nähernde Schlange starren konnte, aber nun begriff ich, daß es an der ungewöhnlichen Fortbewegungsart der Schlange liegen mußte.

Die Bulldogge rannte direkt auf mich zu, aber es war mehr ein Rollen als ein Rennen, mit einem seitlichen Schlenker dabei, so daß es schien, als liefe sie, obwohl sie es genau auf meine Kehle abgesehen hatte, zu sehr nach links, weshalb ich dachte, sie würde mich doch noch verfehlen, und als ich meinen Irrtum bemerkte, war es zu spät, wegzulaufen.

Die Bulldogge warf sich auf mich, und ich fiel nach hinten, die Hände schützend vor meiner Kehle. Hätte ich doch bloß mehr Mitleid mit Carruthers gehabt…

Die Bulldogge hatte nun ihre Vorderpfoten auf meine Schultern gesetzt, und ihr breites Maul war Millimeter von meinem Gesicht entfernt.

»Cyril!« sagte Terence, aber ich wagte nicht, den Kopf zu drehen, um zu sehen, wo dieser Cyril stand. Ich hoffte nur, wo immer er war, daß er eine Waffe bei sich hatte.

»Braver Hund«, sagte ich zu der Dogge, allerdings mit wenig überzeugender Stimme.

»Dein Korb wäre beinahe ins Wasser gefallen«, sagte Terence und trat in mein Gesichtsfeld. »Der beste Fang, den ich seit dem Rugbyspiel gegen Harrow ’84 gemacht habe.« Er setzte den Korb neben mir auf dem Boden ab.

»Könntest du…?« Ich nahm vorsichtig eine Hand von meiner Kehle und zeigte auf die Dogge.

»Oh, natürlich, wie gedankenlos von mir«, sagte Terence. »Ihr beide seid euch ja noch gar nicht richtig vorgestellt worden.« Er kniete sich neben uns. »Das ist Mr. Henry«, sagte er zu der Dogge, »das jüngste Mitglied unseres lustigen Haufens und unser finanzieller Retter.«

Die Dogge öffnete das riesige Maul zu einem breiten, lefzentriefenden Grinsen.

»Ned«, sagte Terence, »darf ich dich mit Cyril bekanntmachen?«

»George sagte: ›Fahren wir die Themse aufwärts!‹ — Wir würden dann, meinte er, frische Luft, Bewegung und Ruhe haben; der beständige Wechsel der Szene würde unseren Geist beschäftigen (soviel Harris davon besitzt, eingeschlossen), und die anstrengende Ruderarbeit uns guten Appetit und gesunden Schlaf verschaffen.«

5. Kapitel

»Drei Mann in einem Boot«

Jerome K. Jerome

Die Zähigkeit und Wildheit von Bulldoggen • Cyrils Stammbaum • Mehr Gepäck • Terence packt • Jabez packt • Ein Pferderitt • Christ Church Meadow • Der Unterschied zwischen Poesie und Wirklichkeit • Liebe auf den ersten Blick • Das Taj Mahal • Schicksal • Ein Platscher • Darwin • Rettung aus einem nassen Grab • Eine ausgestorbene Spezies • Naturgewalten • Die Schlacht von Blindheim • Eine Vision

»Guten Tag, Cyril«, sagte ich, versuchte aber nicht aufzustehen. Irgendwo hatte ich gelesen, daß plötzliche Bewegungen diese Hunde zum Angriff reizten. Oder waren das Bären gewesen? Ich wünschte, Finch hätte mir eine Kassette über Bulldoggen statt über Butler gebracht. Bulldoggen waren im einundzwanzigsten Jahrhundert sanft wie Lämmer. Das Maskottchen des Oriel College zum Beispiel hatte eine ausgesprochen freundliche Veranlagung und verbrachte seine Tage damit, faul vor der Portierloge zu liegen und zu warten, daß jemand vorbeikam und es streichelte. Dies hier war aber eine Bulldogge aus dem neunzehnten Jahrhundert, und Bulldoggen waren ursprünglich zur Stierhatz gezüchtet worden, einem reizenden Sport, bei dem Bulldoggen, die besonders zäh und blutrünstig waren, sich in lebenswichtige Adern verbissen, was den Bullen verständlicherweise ergrimmte, so daß er versuchte, die Doggen aufzuschlitzen beziehungsweise sie auf die Hörner zu nehmen. Wann wurde die Stierhatz verboten? Sicher vor 1888. Aber es hatte bestimmt einige Zeit gedauert, um die ganze Verbissenheit und Wildheit aus den Tieren wieder herauszuzüchten.

»Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen, Cyril«, sagte ich hoffnungsvoll.

Der Laut, den Cyril ausstieß, konnte ein Knurren sein, ebensogut aber auch ein Rülpser.

»Cyril kommt aus einer ausgezeichneten Familie«, erläuterte Terence, immer noch neben meiner hingestreckten Gestalt kniend. »Sein Vater war Daniel, der Tödliche, aus der Medusa-Linie. Scharfrichter war sein Ururgroßvater. Einer der größten Stierhetzer aller Zeiten. Verlor niemals einen Kampf.«

»Wirklich?« sagte ich kleinlaut.

»Cyrils Ururgroßvater kämpfte gegen den alten Silberrücken.« Terence schüttelte bewundernd den Kopf. »Ein Grizzlybär, achthundert Pfund schwer. Verbiß sich in die Bärenschnauze und ließ fünf Stunden nicht mehr los.«

»Aber diese Eigenschaften sind doch sicher aus ihnen wieder herausgezüchtet worden?« fragte ich.

»Nicht ganz«, erwiderte Terence.

Cyril knurrte wieder.

»Ich glaube nicht, daß sie diese jemals besaßen«, fuhr Terence fort. »Außer wenn sie notwendig waren. Ich denke, von Bärenkrallen zerfetzt zu werden, kann eine schon wild machen. Stimmt’s, Cyril?«

Cyril ließ wieder das tiefe Grollen hören, und dieses Mal war es eindeutig ein Rülpser.

»Sie sagen, Scharfrichter hätte ein Herz aus Gold gehabt. Mr. Henry wird mit uns fahren, Cyril«, sagte Terence, gerade als ob die Bulldogge mich nicht immer noch auf den Boden drücken und mir ins Gesicht sabbern würde, »sobald wir das Boot beladen und uns mit Jabez geeinigt haben.« Er zog seine Taschenuhr hervor und ließ sie aufschnappen. »Los, Ned. Es ist fast viertel vor zwölf. Du kannst nachher noch mit Cyril spielen.« Er packte zwei Hutschachteln und schickte sich an, zum Landesteg zu gehen.

Cyril, offenbar vom Wunsch beseelt zu helfen, stieg von mir herunter und schlenderte zu dem Weidenkorb, um ihn zu beschnüffeln. Ich rappelte mich hoch, rettete den Korb und folgte Terence.

Jabez wartete an der Anlegestelle neben einem großen Berg Gepäckstücke, die Arme kriegerisch verschränkt. »Es gibt Leute, die meinen, sie könnten das Boot beladen, bevor sie mich bezahlen«, sagte er in die Luft hinein, »aber Jabez kennt diesen Trick.« Er hielt eine beeindruckend schmutzige Hand unter meine Nase. »Foirnsicks.«

Ich verstand Foirnsicks ebensowenig wie Noinscher. »Hier«, sagte ich und drückte Terence meine Geldbörse in die Hand. »Bezahl du ihn, und ich hole derweilen das restliche Gepäck.«

Ich las das Portmanteau und den Rucksack auf, was beides halb die Treppe heruntergerollt war, als Cyril mich umgestoßen hatte, und trug sie zum Landesteg. Cyril trabte erfreut neben mir her.

Terence stand bereits im Boot, das mit grüner Farbe, die bereits abblätterte, gestrichen war und auf dessen Bug Victory geschrieben stand. Es wirkte mitgenommen, war aber recht groß, was von Vorteil war, denn es stellte sich heraus, daß der Berg Gepäckstücke auf dem Landesteg Terence gehörte.

»Eine Schönheit, was?« meinte Terence, nahm mir das Portmanteau ab und verstaute es unter dem mittleren Sitz. »Wir werden sie in Nullkommanichts beladen haben und dann ab mit uns.«

Es dauerte aber länger als erwartet. Wir verstauten Terences Gepäck, das aus einer großen Reisetasche, zwei Hutschachteln, einem Tornister, drei Proviantkörben, einer Holzkiste, einer Blechkiste, zusammengerollten Decken und zwei Angelruten bestand, im Bug, und mein Gepäck achtern, womit das Boot vollkommen ausgefüllt war, so daß wir alles wieder ausräumen und von vorn beginnen mußten.