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Und es war wie bei dem Fräulein von Shalott, nur ohne den Fluch, die splitternden Spiegel und die herumfliegenden Scherben. In Gedichten wird eben immer übertrieben. Ich fühlte keinen Zwang, mich im Boot hinlegen zu müssen und an gebrochenem Herzen zu sterben oder so. Ich ruderte forsch herbei, sprang ans Ufer und fragte sie, um welche Art Katze es sich handele und wo sie diese zuletzt gesehen hätte. Schwarz, sagte sie, mit einem weißen Gesicht und den niedlichsten weißen Füßchen, und daß sie bereits vor zwei Tagen verschwunden sei, und daß sie nun fürchte, es sei ihr etwas zugestoßen, und ich sagte, keine Angst, Katzen besitzen neun Leben. Und gerade da kam eine Anstandsdame hinzu, die sich als ihre Cousine herausstellte und ihr sagte, sie solle doch nicht mit Fremden sprechen, und sie antwortete: ›Aber dieser freundliche junge Mann hat mir seine Hilfe angeboten‹, worauf ihre Cousine sagte: ›Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, Mr…?‹ und ich meinen Namen nannte. Darauf wandte sie sich ihr zu und sagte: ›Tossie, ich fürchte, wir müssen gehen. Wir kommen sonst zu spät zum Tee.‹ Tossie! Hast du jemals einen so wunderschönen Namen gehört? Oh, teurer Name wie süßer Gesang, in meinem Ohr ein kostbarer Klang — Tossie!« wiederholte er voller Inbrunst.

Tossie? »Wer ist Prinzessin Arjumand?« fragte ich.

»Ihre Katze. Sie trägt den Namen der indischen Maharani, nach der das Taj Mahal benannt ist, obwohl man meinen sollte, es müßte dann Taj Arjumand heißen. Ihr Vater war in Indien gewesen, hat den Aufstand miterlebt, das Theater mit den Radschahs und all das.«

Ich begriff immer noch nicht. »Prinzessin Arjumands Vater?«

»Nein. Miss Merings Vater. Colonel Mering. Er war Colonel in Radjastan, aber nun sammelt er Fische.«

Ich wagte nicht zu fragen, was das genau bedeutete.

»Wie dem auch sei, die Cousine meinte, sie müßten gehen und Toss… Miss Mering sagte: ›Ich hoffe, wir sehen uns wieder, Mr. St. Trewes. Morgen nachmittag gehen wir uns die normannische Kirche in Iffley anschauen, um zwei Uhr‹, und die Cousine sagte: ›Tossie!‹, und Miss Mering sagte, sie hätte das nur für den Fall gesagt, daß ich Prinzessin Arjumand fände, und ich erwiderte, ich würde jedes Fleckchen nach ihr absuchen, und das tat ich auch, flußaufwärts und flußabwärts mit Cyril zusammen, ›Miez, miez‹, die ganze Nacht und den heutigen Vormittag.«

»Mit Cyril?« fragte ich, verwundert, ob eine Bulldogge unter diesen Umständen die beste Hilfe war.

»Er ist beinahe so gut wie ein Bluthund«, entgegnete Terence. »Und als wir gerade so am Suchen waren, stießen wir auf Professor Peddick, und er schickte uns an den Bahnhof, seine antike Verwandtschaft abzuholen.«

»Aber die Katze hast du nicht gefunden?«

»Nein, und ich werde sie wahrscheinlich auch nicht finden, so weit entfernt von Muchings End. Ich dachte, Miss Mering lebe nahe Oxford, aber es stellte sich heraus, daß sie nur zu Besuch hier ist.«

»Muchings End?« fragte ich.

»Es liegt flußabwärts. Bei Henley. Ihre Mutter brachte sie nach Oxford, um hier ein Medium zu konsultieren…«

»Ein Medium?« fragte ich schwach.

»Ja, du weißt doch, eine dieser Personen, die Tische rücken, sich in ein Seihtuch kleiden und Mehl ins Gesicht schmieren, nur um dir zu erzählen, daß es deinem Onkel drüben im Jenseits gut geht und sein letzter Wille in der oberen Schublade links in der Kommode liegt. Ich selbst glaubte nie an sie, aber so gesehen glaubte ich ja auch nicht an das Schicksal. Und dabei muß es einfach Schicksal gewesen sein. Mein Zusammentreffen mit Miss Mering und dein Erscheinen auf dem Bahnsteig und daß sie sagte, sie ginge mit ihrer Cousine diesen Nachmittag nach Iffley.

Bloß daß ich nicht mehr genug Geld für das Boot hatte, und deshalb muß es Schicksal gewesen sein. Was wäre denn geschehen, wenn du nicht auf dem Fluß hättest fahren wollen und nicht das Geld für Jabez gehabt hättest? Wir wären jetzt nicht auf dem Weg nach Iffley, und ich würde sie vielleicht nie wiedersehen. Aber wie dem auch sei, so ein Medium ist offenbar genauso gut im Auffinden von verlorengegangenen Katzen wie von Testamenten, also kamen sie nach Oxford, um eine Seance abzuhalten. Doch die Geister wußten auch nicht, wo sich Prinzessin Arjumand befand, und Miss Mering dachte, die Katze könnte ihr von Muchings End aus gefolgt sein, was aber unwahrscheinlich scheint. Ich meine, ein Hund täte so etwas vielleicht, aber eine Katze…«

Das einzige, was ich aus dieser verworrenen Erzählung klar schließen konnte, war, daß es sich bei Terence nicht um meine Kontaktperson handeln konnte. Er hatte keine Ahnung, was ich in Muchings End tun sollte. Falls es Muchings End war, und ich nicht auch das noch durcheinandergebracht hatte. Ich war mit einem Einheimischen, einem vollkommen Fremden — ganz zu schweigen von dem Hund — losgezogen und hatte meine Kontaktperson wartend auf dem Bahnsteig oder den Schienen oder bei einem Bootshaus zurückgelassen. Und ich mußte dorthin zurück.

Ich warf einen Blick zurück nach Oxford. Seine fernen Türme glitzerten in der Sonne, bereits zwei Meilen entfernt. Und ich konnte schlecht über Bord springen und zurücklaufen, weil ich dadurch mein Gepäck verlieren würde. Ich hatte bereits meine Kontaktperson verloren. Ich konnte nicht auch noch mein Gepäck aufgeben.

»Terence«, sagte ich. »Ich befürchte, ich…«

»Blödsinn!« schrie jemand vor uns, und Wasser spritzte hoch, daß das Boot beinahe überschwemmt wurde. Der geschlossene Weidenkorb, der oben auf der Reisetasche ruhte, ging fast über Bord. Ich grapschte nach ihm.

»Was ist das?« fragte ich und versuchte, um die Flußbiegung zu schauen.

Terence zog ein angeekeltes Gesicht. »Oh, wahrscheinlich Darwin.«

Ich hatte mir eingebildet, geheilt zu sein, wo ich doch offensichtlich immer noch an recht starken Symptomen der Zeitkrankheit litt und immer noch Hörprobleme hatte. »Wie bitte?« fragte ich vorsichtig.

»Darwin«, erklärte Terence. »Professor Overforce brachte ihm bei, auf Bäume zu klettern, und nun hat er sich angewöhnt, auf harmlose Spaziergänger herunterzuspringen. Wende das Boot, Ned.« Er zeigte in die Richtung, in die das Boot fahren sollte. »Bring uns vom Ufer weg.«

Das tat ich, wobei ich immer noch versuchte, unter die Weiden und um die Flußbiegung zu sehen.

»Letzte Woche landete er genau in einem Stechkahn, in dem zwei Burschen vom Corpus Christi College mit ihren Mädchen saßen«, sagte Terence und ruderte uns zur Flußmitte. »Cyril findet das überhaupt nicht komisch.«

Cyril schaute tatsächlich unangenehm berührt drein. Er hatte sich mehr oder weniger aufgesetzt und blickte zu den Weiden.

Man hörte einen weiteren lauten Platscher, und Cyrils Ohren stellten sich auf. Ich folgte seinem Blick.

Entweder hatte ich mich über meine Hörprobleme getäuscht oder mein Augenschaden hatte neue Dimensionen erreicht. Ein älterer Mann strampelte im Wasser unter den Weiden und schlug wild und ohne Erfolg mit den Armen um sich.

Großer Gott, dachte ich, es ist Darwin.

Er hatte Darwins weißen Bart und seinen Schnurrbart, dessen Form an Hammelkoteletts erinnerte, ebenso sein kahl werdendes Haupt und trug etwas, das einem schwarzen Gehrock glich und um ihn herumschwamm. Sein Hut trieb umgedreht einige Meter weiter, und der Mann versuchte ihn zu fangen, wobei er unterging. Er kam keuchend und um sich schlagend wieder hoch, und der Hut schwamm noch weiter fort.