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Es sei unbestritten, daß Ihr derjenige seid, dessen Kommen prophezeit wurde, und doch wollen viele Euch Eurer weiteren Fähigkeiten wegen vernichten.

Um des Überlebens der Welt willen kann das nicht zugelassen werden. Zwei Nationen haben ihr Knie vor Euch gebeugt, und genauso die unzivilisierten Aiel, aber die Macht der Throne ist wie Staub gegenüber der Einen Macht. Die Weiße Burg wird Euch beherbergen und beschützen vor jenen, die sich weigern, einzusehen, was sein muß. Die Weiße Burg wird dafür sorgen, daß Ihr überlebt, um in Tarmon Gai'don zu kämpfen. Niemand sonst ist dazu in der Lage. Eine Eskorte aus Aes Sedai wird zu Euch kommen und Euch mit allen Ehren und allem Euch gebührenden Respekt nach Tar Valon geleiten. Dafür verbürge ich mich.

»Sie fragt nicht einmal, ob ich kommen will«, sagte er trocken. Er erinnerte sich noch gut an Elaida, obwohl er sie nur einmal getroffen hatte. Eine so harte Frau, daß Moiraine dagegen wie ein neugeborenes Kätzchen wirkte. Die ›Ehre und der Respekt‹, die ihm zustanden. Er hätte wetten können, daß diese Eskorte von Aes Sedai aus genau dreizehn Frauen bestand.

Er gab Elaidas Brief Moiraine zurück und öffnete den anderen. Der Text war in der gleichen Schrift geschrieben wie die Adresse.

Mit respektvollen Grüßen bitte ich demütigst darum, mich dem großen Lord Wiedergeborenen Drachen kenntlich machen und offenbaren zu dürfen, den das Licht als Retter der Welt gesegnet hat.

Die ganze Welt muß in Ehrfurcht vor Euch stehen, der Ihr Cairhien an einem Tag erobert habt wie zuvor Tear. Und doch bitte ich Euch, seid vorsichtig, denn Euer Glanz wird Eifersucht selbst bei jenen hervorrufen, die nicht dem Schatten verbunden sind. Sogar hier in der Weißen Burg gibt es Blinde, die Euren wahren Glanz, der uns allen leuchten wird, nicht sehen können. Und doch sollt Ihr wissen, daß einige Euer Kommen sehnlichst erwarten und ihre Erfüllung darin finden werden, Eurem Ruhm zu dienen. Wir gehören nicht zu denen, die etwas von Eurem Glanz für sich selbst stehlen wollen, sondern zu denen, die niederknien und in Eurem Licht baden wollen. Ihr werdet die Welt retten, so sagen es die Prophezeiungen, und die Welt wird Euer sein.

Ich schäme mich, Euch zu bitten, niemandem diese Zeilen zu zeigen und sie zu vernichten, sobald Ihr sie gelesen habt. Ohne Euren Schutz stehe ich unter jenen, die Eure Macht untergraben möchten, und ich kann nicht wissen, wer in Eurer Umgebung ebenso treu wäre wie ich. Man sagte mir, daß sich Moiraine Damodred bei Euch befinden könne. Sie mag Euch ja untertänigst dienen und Eure Worte als Gesetz betrachten, so wie ich, doch ich kann das nicht beurteilen, denn ich kenne sie als eine Frau mit vielen Geheimnissen, die gern Intrigen spinnt, wie das in Cairhien an der Tagesordnung ist. Aber solltet Ihr sie auch als Euer Geschöpf betrachten, so wie mich, bitte ich Euch dennoch, diese Mitteilung selbst vor ihr geheimzuhalten.

Mein Leben liegt in Euren Händen, mein Lord Wiedergeborener Drache, und ich bin Eure Dienerin.

Alviarin Freidhen Er blinzelte und las ihn noch einmal durch. Dann gab er Moiraine den Brief. Sie überflog hastig den Inhalt und reichte ihn an Egwene weiter, die mit Aviendha die Köpfe über dem Brief zusammensteckte. Vielleicht wußte Moiraine bereits über den Inhalt Bescheid?

»Es war gut, daß Ihr den Eid abgelegt habt«, sagte er. »So, wie Ihr euch früher verhalten habt und mir alles vorenthieltet, wäre ich jetzt sicher bereit gewesen, Euch zu verdächtigen. Es ist sehr gut, daß Ihr jetzt offener seid.« Sie reagierte nicht. »Was haltet Ihr davon?«

»Sie muß davon gehört haben, daß dir alles ziemlich zu Kopf gestiegen ist«, sagte Egwene leise. Er glaubte nicht, daß er die Worte wirklich hatte hören sollen. Dann schüttelte sie den Kopf und sagte lauter: »Das klingt überhaupt nicht nach Alviarin.«

»Es ist ihre Handschrift«, sagte Moiraine. »Was haltet Ihr selbst davon, Rand?«

»Ich denke, die Burg ist gespalten, ob das Elaida klar ist oder nicht. Ich glaube doch, eine Aes Sedai kann genausowenig eine Lüge niederschreiben wie aussprechen, oder?« Er wartete gar nicht erst auf ihr Nicken. »Hätte Alviarin nicht ganz so gekünstelt geschrieben, könnte man glauben, sie arbeiteten zusammen, um mich hinzulocken. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Elaida auch nur an so etwas denken würde, geschweige denn eine Behüterin der Chronik damit beauftragen, das zu schreiben!«

»Du wirst dieser Aufforderung keine Folge leisten«, sagte Aviendha. Sie zerknüllte Elaidas Brief. Es war keine Frage gewesen.

»Ich bin doch kein Narr.«

»Manchmal nicht«, sagte sie mürrisch und machte alles noch schlimmer, als sie eine Augenbraue fragend in Richtung Egwene hob, die daraufhin einen Augenblick überlegte und schließlich die Achseln zuckte.

»Was lest Ihr noch heraus?« fragte Moiraine.

»Ich lese von Spionen der Weißen Burg«, antwortete er trocken. »Sie wissen, daß ich die Stadt halte.« Zumindest die ersten zwei oder drei Tage nach Ende der Schlacht hätten die Shaido noch nicht einmal eine Taube in Richtung Norden durchgelassen. Und sogar ein Reiter, der wußte, wo er Pferde wechseln konnte, was zwischen Cairhien und Tar Valon keineswegs sicher war, hätte die Burg nicht so schnell erreichen können, daß diese Briefe als Reaktion darauf heute angekommen wären.

Moiraine lächelte. »Ihr lernt schnell. Ihr werdet weit kommen.« Einen Augenblick lang wirkte sie beinahe stolz auf ihn. »Was werdet Ihr nun unternehmen?«

»Nichts, außer dafür zu sorgen, daß sich Elaidas ›Eskorte‹ mir nie auf mehr als eine Meile nähert.« Dreizehn der schwächsten Aes Sedai konnten ihn überwältigen, wenn sie sich verknüpften, und er glaubte nicht daran, daß Elaida ihre schwächsten schicken werde. »Das, und ich werde mir merken, daß die Burg einen Tag, nachdem ich etwas tue, bereits darüber Bescheid weiß. Sonst nichts, solange ich nicht mehr weiß. Könnte Alviarin zu deinen geheimnisvollen Freundinnen gehören, Egwene?«

Sie zögerte, und er fragte sich mit einemmal, ob sie Moiraine überhaupt mehr erzählt habe als ihm. Hütete sie die Geheimnisse der Aes Sedai oder die der Weisen Frauen? Schließlich sagte sie einfach: »Ich weiß es nicht.«

Es klopfte an der Tür und Somara schob ihren flachsblonden Kopf herein. »Matrim Cauthon ist gekommen, Car'a'carn. Er sagt, Ihr hättet nach ihm geschickt.«

Vor vier Stunden, gleich nachdem er erfahren hatte, daß sich Mat wieder in der Stadt befand. Welche Ausrede würde er diesmal wieder benützen? Es war an der Zeit, mit den Ausreden Schluß zu machen. »Danke«, sagte er zu der Frau. Die Weisen Frauen machten Mat fast genauso nervös wie die Aes Sedai. Die drei anwesenden würden ihn aus dem Gleichgewicht bringen. Er verschwendete keinen Gedanken mehr daran, daß er sie benutzte. Er würde auch Mat benutzen. »Schickt ihn herein, Somara.«

Mat schlenderte grinsend in den Raum, als sei es irgendein beliebiger Schankraum. Sein grüner Rock stand offen, und sein Hemd war am Kragen halb aufgebunden. Der silberne Fuchskopf baumelte auf seiner verschwitzten Brust, aber um den Hals trug er trotz der Hitze den dunklen Seidenschal, um die Strangulierungsnarbe zu verbergen. »Tut mir leid, wenn ich so spät komme. Da waren so ein paar Leutchen aus Cairhien, die glaubten, sie könnten Karten spielen. Kann er nichts Lebhafteres spielen?« fragte er noch mit einer Kopfbewegung in Asmodeans Richtung.

»Wie ich höre«, sagte Rand, »will sich jeder junge Mann, der auch nur ein Schwert tragen kann, der Bande der Roten Hand anschließen. Talmanes und Nalesean müssen sie in Scharen abweisen. Und Daerid hat die Anzahl seiner Infanteristen verdoppelt.«

Mat unterbrach seine Bewegung, mit der er sich gerade auf den Sessel hatte setzen wollen, den Aracome benützt hatte. »Das stimmt. Eine ganze Menge netter junger ... Burschen, die gern Helden sein möchten.«