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Bolitho zögerte. Er wollte den flüchtigen persönlichen Kontakt mit dem Offizier nicht gefährden.»Werden die Seesoldaten die Batterie attackieren, Sir?»

«Ja. Ein verrückter Plan. «Hope wischte sich die aufsprühende Gischt vom Gesicht.»Der Kapitän wird so nahe wie möglich an die Seeseite der Insel herankreuzen und ein Landekommando absetzen. Mit möglichst viel Krach. Das ist was für Major Dewar — wenn der was sagt, dröhnt die ganze Offiziersmesse!»

Flüsternd gaben die Ruderer eine Meldung vom Bug her weiter:»Fahrzeug vor Anker Steuerbord voraus, Sir!»

Hope nickte.»Fall ab ein Strich Backbord. «Er drehte sich um, weil er wissen wollte, ob das zweite Boot die Kursänderung mitmachte.»Das muß das erste sein. Die Brigg liegt ein paar Faden weiter.»

Ein Mann seufzte wahrscheinlich mehr wegen der Aussicht, noch vierhundert Meter weiter das schwere Ruder pullen zu müssen, und nicht so sehr, weil vielleicht der Tod schon auf ihn wartete.

«Wahrschau!«Der Mann im Bug warf die Leine weg und ergriff einen Bootshaken. Die Riemen gerieten ein paar Sekunden aus dem Takt, denn etwas Großes und Schwarzes, wie ein schlafender Wal, erhob sich drohend vor dem Kutter, stieß an die Riemenblätter und verursachte einen furchtbaren Krach — wenigstens kam es ihnen so vor.

Zitternd murmelte Eden:»Dick, d-das ist ein Stück von der B-Barkentine!»

«Ja.»

Bolitho roch die verkohlten Planken, er konnte sogar ein Stück von der Heckreling der Athen erkennen, ehe es wieder in die Finsternis zurückglitt.

Das unerwartete Auftauchen des Wrackteils beeindruckte die Matrosen mächtig. Ein leises Grollen war zu vernehmen, und trotz ihrer Müdigkeit legten sie sich kräftiger in die Riemen.

Leise sagte Hope:»Das sind hartgesottene Männer, Bolitho. Die sind schon lange auf der Gorgon, und sie hatten eine Menge Freunde unter den Männern vom Prisenkommando. «Gespannt richtete er sich auf — die Masten und Rahen eines vor Anker liegenden Fahrzeugs schwangen langsam vorbei.»Da ist sie! Kein Laut mehr, sonst holt euch der Satan!»

Bolitho starrte auf das dunkle Schiff. Längsseits der Gorgon hätte es sich recht winzig ausgenommen. Hier auf See, von dem niedrigen Kutter aus, kam es ihm riesengroß vor.

Hope dachte laut:»Kleine Fregatte höchstwahrscheinlich. Keine englische. Dazu stehen die Masten zu schräg. «Er schien vollkommen in seine Gedanken versunken zu sein.»Dieser Satan hat sich anscheinend eine ganze Flotte zusammen-geräubert.»

Hope stand auf und stütze sich auf Bolitho. Der fühlte, wie sich die Finger in seine Schulter gruben, und konnte sich vorstellen, wie dem Leutnant jetzt zumute war.»Wenn ich bloß auf meine Uhr sehen könnte!«stieß er leise hervor. Der Bootsmannsmaat grinste.»Da könnten Sie den Hunden da oben auch gleich Alarm geben, Sir.»

«Aye«, seufzte Hope.»Wir müssen eben beten, daß Major Dewar und seine Bullen pünktlich sind.»

Er spähte über das Schandeck und prüfte den Wirbel der Strömung und den Wind in seinem Gesicht. Das Resultat schien ihn zu befriedigen.»Riemen hoch!»

Tropfend hoben sich die Riemen aus dem Wasser und verharrten bewegungslos. Mit der Strömung trieb der Kutter jetzt lautlos voran.

Nun sah Bolitho die vor Anker liegende Brigg. Sie schwojte langsam, mit dem Heck seewärts, und die vergoldeten Fenster der Kapitänskajüte hoben sich etwas heller von dem schwarzen Schiffsrumpf ab. Mit Mühe und Not konnte er ihre beiden Masten ausmachen, und die beschlagenen Segel, die dunkleren Schräglinien der Wanten; und dann versank alles wieder in der Nacht.

Bolitho versuchte, sich in die Situation derer an Bord zu versetzen. Sie hatten die Barkentine geentert und genommen, hatten ihre Ladung geplündert und die Mannschaft niedergemacht. Als ein großes Kriegsschiff in Sicht kam, hatten sie abgedreht und waren hierher zurückgekommen, um sich ihre Prise näher anzusehen. Das Auftauchen der Gorgon vor der Küste mochte wohl allerlei Spekulationen verursacht haben, aber vermutlich fühlten sie sich unter den Geschützen des alten Forts hinreichend sicher. Das Fort stand schon ein paar hundert Jahre an dieser Stelle, wie der Kapitän gesagt hatte. Es hatte mehrmals den Herrn gewechselt, aber immer nur durch Staats- oder Handelsverträge, niemals durch gewaltsame Eroberung. Ein paar Mann hinter diesen geschickt plazierten Geschützen, ein paar heißgemachte Kanonenkugeln alles andere war leicht. Selbst wenn Kapitän Conway mehrere kleine, schnell bewegliche Schiffe unter seinem Kommando gehabt hätte und zehnmal so viele Männer, wäre die Festung kaum zu nehmen gewesen. Und in Friedenszeiten war es sehr zweifelhaft, ob Admiralität und Parlament der Ansicht gewesen wären, dieses stecknadelkopfgroße Stückchen Afrika lohne eine ausgewachsene Belagerung mit allen Risiken, die dabei drohten. Aber andererseits erwarteten sie von Kapitän Conway, daß er etwas unternahm. Für den Anfang zum Beispiel, daß er die Brigg zurückeroberte.

Ein silbriger Lichtstrahl lief plötzlich die Fockmastwanten der Brigg hinauf, und Hope zischte:»Das ist die Bugankerwache — kontrolliert das Ankertau. «Ebenso unvermittelt verlöschte die Laterne wieder.

Der Strom trieb den Kutter schräg auf das Heck der Brigg zu. Hope mußte sich darüber klar sein, daß ihm keine Zeit mehr blieb. Ruhig befahl er:»Riemen ein! Achtung, der Bugmann!«Mit dumpfem Rumpeln wurden die Riemen in die Duchten gezogen; aber Bolitho wußte aus Erfahrung, daß dieses Geräusch, das hier unten in der kühlen Brise ohrenbetäubend schien, auf dem Vorderkastell der Brigg kaum zu hören sein würde.

Eden flüsterte:»Was wird Mr. T-tergorren machen?»

Unter der Spannung lief ein eiskalter Schauer über Bolithos Rücken. Er hörte, wie Hope möglichst leise seinen Degen aus der Scheide zog; gebückt spähte er zur Kampanje der Brigg hinauf, die langsam und stetig aus der Nacht über dem Boot aufstieg. Er antwortete Eden:»Sobald wir geentert haben, wird er vom Bug her angreifen, die Ankertrosse kappen und. . »

«Fertig, Jungs!«rief Hope.

Von See her, weit draußen, kam das Krachen einer Explosion. Ein dunkelroter Schein breitete sich glitzernd auf dem Wasser aus, so daß jede einzelne Welle der Dünung wie Seide schimmerte. Dann noch eine Explosion, und noch eine.

«Dewars Soldaten haben schon angefangen«, rief Hope. Er strauchelte und fiel beinahe, als der Kutter achtern gegen die Brigg stieß und der Bugmann seinen Draggen über die Reling des Fremdlings schleuderte.

«Los, Jungs!«Hopes Ruf kam nach der gespannten Stille wie ein Donnerschlag.»Drauf!»

Unter wildem Geschrei enterten die Männer über den Schiffsrumpf und die offenen Stückpforten auf und strömten in hellen Haufen an Deck. Ein paar stießen auf ein locker aufgelaschtes Enternetz, aber es wurde durchschnitten, ehe noch Alarmrufe aus dem Schiffsinnern ertönten, und, von Hope und dem Bootsmannsmaat angeführt, überschwemmten die Männer das fremde Deck.

Es war eine Szene wie aus der Hölle. Die britischen Matrosen rasten über das Deck; wild erglühten ihre Gesichter im roten Schein der Explosion.

Zwei Gestalten rannten ihnen von der Back entgegen, und ein Pistolenschuß krachte. Ein Matrose stürzte mit einem Schrei auf die Planken; ein anderer stach den einen Verteidiger mit seinem Entersäbel über den Haufen und versetzte dem Fallenden noch obendrein einen Hieb in den Nacken.

Noch mehr Schüsse: die Kugeln schlugen dröhnend in die Planken oder zischten ins Meer. Die Mannschaft der Brigg drängte sich durch die beiden Luken, und eine Anzahl von Hopes Männern fiel unter einer unregelmäßigen Salve von Pistolen und Musketen.

«Bringt die Drehbasse vom Kutter!«brüllte Hope. Er bekam einen Mann zu fassen, der von einer Musketenkugel getroffen war, und ließ ihn aufs Deck niedergleiten; dabei keuchte er:»Wo bleibt denn dieser verfluchte Tergorren?»