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Dirk sah sich unauffällig um. Der Wohnraum wirkte verlassen, im Kamin brannte kein Feuer. Nichts schien zu fehlen oder an anderer Stelle zu sein. Soviel er durch den Türbogen sehen konnte, war das Eßzimmer ebenfalls leer. Im ganzen Appartement war es sehr ruhig. Kein Zeichen einer Anwesenheit von Gwen oder Jaan.

Offensichtlich hatte Janacek die Wahrheit gesagt.

Unsicher ging Dirk durch den Raum und blieb vor dem Kamin und seinen Wasserspeiern stehen. Wortlos sah ihm Janacek zu, dann wandte er sich nach links und kam kurz darauf wieder zurück. Nun trug er seinen Webstahlgürtel mit dem umgeschnallten schweren Halfter und knöpfte ein schwarzes Hemd zu. »Wo gehen Sie hin?« fragte Dirk. »Ich gehe aus«, antwortete Janacek mit trockenem Grinsen. Er öffnete den Schnappverschluß an seinem Halfter, zog die Laserpistole und prüfte die Energieanzeige seitlich am Kolben. Dann steckte er sie weg und zog aufs neue, wobei seine rechte Hand eine fließende, elegante Bewegung vollführte. Er brachte die Waffe auf Dirk in Anschlag. »Beunruhige ich Sie?« wollte er wissen. »Ja«, sagte Dirk und trat vom Kamin zurück.

Janacek grinste wieder. Er ließ den Laser in das Halfter gleiten. »Mit dem Duell-Laser bin ich ganz gut«, sagte er, »obgleich mein teyn noch besser ist. Natürlich kann ich nur den rechten Arm gebrauchen. Der linke schmerzt zu sehr dabei. Das vernarbte Gewebe spannt sich, deshalb sind die Brustmuskeln auf dieser Seite nicht so beweglich wie auf der rechten. Dennoch macht es nicht viel aus. Ich bin in erster Linie Rechtshänder. Der rechte Arm ist immer mehr wert als der linke, wissen Sie.«

Während er sprach, ruhte seine rechte Hand auf der Laserpistole, und die Glühsteine in ihrer Fassung aus schwarzem Eisen leuchteten wie trübrote Augen an seinem Unterarm. »Das mit Ihrer Verletzung ist wirklich Pech.«

»Ich machte einen Fehler, t’Larien. Vielleicht war ich zu jung, aber der Fehler war für mein Alter dennoch gravierend. Solche Fehler können fatale Auswirkungen haben.« Er wandte den Blick nicht von Dirk. »Man sollte immer darauf achtgeben, daß man keinen Fehler macht.«

»Stimmt.« Dirk brachte ein unschuldiges Lächeln zustande. Eine ganze Zeit lang erwiderte Janacek nichts.

Dann sagte er endlich: »Ich denke, Sie wissen, wovon ich spreche.« »So?«

»Ja. Sie sind kein unintelligenter Mann, t’Larien. Ich aber auch nicht. Über Ihre kindischen Listen kann ich nicht lachen. Beispielsweise gibt es zwischen uns beiden überhaupt nichts zu diskutieren. Sie wollten ganz einfach Zugang zu diesem Zimmer haben, aus Gründen, die nur Sie allein kennen.«

Dirks Lächeln verschwand. »Na gut. Da Sie ihn so leicht durchschauten, war es wirklich ein lausiger Trick.

Ich wollte nach Gwen sehen.« »Ich sagte Ihnen, sie sei draußen in der Wildnis bei der Arbeit.« »Das glaube ich Ihnen nicht«, sagte Dirk. »Davon hätte sie mir gestern etwas gesagt. Sie halten mich von ihr fern. Warum? Was ist los?« »Nichts von Bedeutung für Sie«, sagte Janacek.

»Verstehen Sie mich richtig, t’Larien. Vielleicht bin ich für Sie, wie auch für Ruark, ein schlechter Mensch. Das können Sie ruhig denken. Es stört mich kaum. Ich bin kein schlechter Mensch, deshalb warne ich Sie auch davor, Fehler zu begehen. Deshalb habe ich Sie auch hereingelassen, obwohl ich ganz genau weiß, daß Sie mir nichts zu sagen haben. Aber ich habe Ihnen ein paar Dinge zu sagen.«

Dirk lehnte sich in die Couch zurück und nickte. »In Ordnung, Janacek. Schießen Sie los.«

Janacek zog die Augenbrauen hoch. »Ihr Problem, t’Larien, ist, daß Sie sehr wenig von Jaan und mir und unserer Zeit wissen und noch weniger verstehen.«

»Ich weiß mehr, als Sie denken.« »Wirklich? Sie haben Jaans Schriften über die Dämonenlieder gelesen, und zweifellos haben verschiedene Leute Ihnen einiges erzählt. Na und? Was ist das schon? Sie sind kein Kavalare, und Sie verstehen die Kavalaren nicht, um es mal so auszudrücken. Und doch stehen Sie hier, und ich lese ein Urteil in Ihren Augen. Mit welchem Recht? Wer sind Sie, daß Sie sich ein Urteil anmaßen? Sie kennen uns kaum. Dafür will ich ein Beispiel anführen. Vor ein paar Augenblicken noch nannten Sie mich Janacek.«

»Das ist doch Ihr Name, oder?« »Das ist ein Teil meines Namens, der letzte Teil, der geringste und kleinste Teil von dem, was ich bin. Es ist mein Wahlname, der Name eines alten Helden der Eisenjadeversammlung, der ein langes, verdienstvolles Leben lebte und im Hochkrieg viele Male ehrenhaft seinen Festhalt und seine kethi verteidigte. Ich weiß natürlich, warum Sie ihn benutzten. Auf Ihrer Welt, in Ihrem Namenssystem, ist es üblich, Personen, zu denen man Abstand hat oder denen man nicht sonderlich zugetan ist, mit ihrem letzten Namen anzusprechen — einen Freund würden Sie doch mit seinem vorderen Namen anreden, oder nicht?« Dirk nickte. »Mehr oder weniger. Ganz so einfach ist es nicht, aber es kommt in etwa hin.«

Janacek lächelte dünn. Die blauen Augen schienen zu funkeln. »Sehen Sie, ich verstehe Ihr Volk nur zu gut. Ich gebe Ihnen den Vorzug Ihres eigenen Systems — ich nenne Sie t’Larien, weil ich Ihnen nicht freundlich gesinnt bin, und das ist korrekt. Sie übertragen diese Regel jedoch nicht auf mich. Ohne einen Augenblick nachzudenken, nennen Sie mich Janacek und drücken mir damit Ihr Namenssystem vorsätzlich auf!« »Wie soll ich Sie sonst nennen? Garse?«

Janacek vollführte eine ungeduldige Handbewegung.

»Garse ist mein echter Name, aber für Sie kommt er nicht in Frage. Nach kavalarischem Brauch zeigt dieser Name eine Verbindung an, die zwischen uns beiden nicht existiert. Garse ist ein Name für meinen teyn, meine cro-betheyn und meine kethi, aber kein Name für Fremde.

Die richtige Anrede für Sie wäre Garse Eisenjade, und mein teyn heißt für Sie Jaantony Hoch-Eisenjade. Das sind die traditionellen und korrekten Anredeformen für einen Gleichgestellten, einen Kavalaren aus anderem Hause, mit dem ich mich unterhalten will. Ihnen halte ich zugute, daß Sie das nicht wissen können.« Er lächelte.

»Mißverstehen Sie mich nicht, t’Larien, ich erzähle Ihnen das nur, um die Sachlage anschaulicher zu machen. Mich kümmert es herzlich wenig, ob Sie mich Garse, Garse Eisenjade oder Herr Janacek nennen — sprechen Sie mich an, wie es Ihnen Spaß macht, ich sehe darin keine Beleidigung. Der Kimdissi Arkin Ruark ist bekannt dafür, daß er mich Garsey nennt — dennoch widerstehe ich dem Drang, ihn aufzuspießen, um zu sehen, ob er dann platzt. Dies ist eine Sache der Form und der Höflichkeit — aber auch ohne Jaan weiß ich, daß dies alles alte Hüte sind, das Erbe einer Zeit, die zugleich feinfühliger und primitiver als unsere heutige war. Heute bewegen sich die Schiffe der Kavalaren von Stern zu Stern, wir reden und handeln mit Wesen, die wir früher als Dämonen angesehen und ausgerottet hätten. Wir formen sogar ganze Planeten so, wie wir Worlorn formten. Altkavaler, über Tausende von Standardjahren hinweg die Sprache der Festhalte, wird heute kaum noch gesprochen, aber es gibt einige Begriffe, die sich gehalten haben und die sich halten werden, weil sie Realitäten bezeichnen, die in der Sprache der Sternenfahrer nur ungenügend oder überhaupt nicht wiedergegeben werden können. Realitäten, die schon bald verschwunden wären, wenn wir ihre Namen, die altkavalarischen Begriffe, aufgäben. Alles hat sich verändert, auch wir von Hoch Kavalaan haben uns verändert, und Jaan sagt, daß wir uns weiter verändern müssen, um unseren Beitrag für den Fortschritt der Menschheit zu liefern. Daher zerbrechen die alten Namensregeln, und selbst die Hochleibeigenen befleißigen sich einer laxen Sprache. Jaantony Hoch-Eisenjade nennt sich sogar nur noch Jaan Vikary.«

»Und wie ist Ihr eigener Standpunkt, wenn ich fragen darf«, erkundigte sich Dirk.

»Es ging nur um die Veranschaulichung, t’Larien, um eine einfache und saubere Erklärung, wieviel Ihrer eigenen Kultur Sie fälschlicherweise als Teil auch der unsrigen annehmen, und wie Sie Ihre Urteile und Wert-vorstellungen mit jedem Wort und jeder Handlung auf uns anzuwenden versuchen. Allein darum ging es. Es stehen noch weitere wichtige Fragen an, das Muster bleibt jedoch dasselbe, Sie machen stets den gleichen Fehler, einen Fehler, den Sie nicht machen sollten. Der Preis kann höher sein, als Sie es sich leisten können.