Diese setzten es bei einer Reihe von Feldzügen ein, bis schließlich Promethaner den Gleiter erbeuteten. Ein Kimdissihändler fand ihn auf Prometheus und verkaufte ihn mir, und ich führte ihn in den Duellkodex ein. Seither hat mich niemand mehr zum Luftkampf herausgefordert.
Passen Sie auf.« Er streckte die Hand aus und drückte einen Leuchtknopf ein. Die plötzliche Beschleunigung preßte Dirk in seinen Sitz zurück. »Zusatztriebwerke für Höchstgeschwindigkeiten«, sagte Janacek grinsend. »Wir werden nicht die halbe Zeit brauchen, die Sie benötigten, t’Larien.«
»Gut«, ließ sich Dirk vernehmen. In ihm nagte etwas.
»Sagten Sie, Sie hätten die Maschine von einem Kimdissihändler?« »Das stimmt«, erwiderte Janacek.
»Die friedfertigen Kimdissi sind im Waffenhandel ganz groß. Wie Sie wissen, habe ich für diese Manipulatoren wenig übrig, bietet sich mir aber ein gutes Geschäft, dann ziehe ich auch meinen Vorteil daraus.«
»Arkin machte aus seinem pazifistischen Standpunkt eine große Schau«, sagte Dirk. »Ich nehme an, das war alles Attrappe.« »Keineswegs«, erwiderte Janacek. Er lächelte und warf Dirk einen Seitenblick zu. »Schockiert Sie das, t’Larien? Die Wahrheit ist vielleicht noch bizarrer. Wir nennen die Kimdissi nicht ohne Grund Manipulatoren. Ich setze voraus, Sie haben auf Avalen Geschichte studiert?« »Ein wenig«, antwortete Dirk.
»Soweit es Alt-Erde, das Bundesimperium, den Doppelkrieg und die Expansion betraf.« »Aber nicht die Geschichte der Außenwelten«, sagte Janacek. »Das war zu erwarten. So viele Welten und Kulturen es im menschlichen Einflußbereich gibt, so viele Geschichtsprozesse existieren auch. Wollte man nur die einzelnen Namen lernen, man könnte sie unmöglich alle behalten. Hören Sie mir zu, und ich werde Ihnen etwas erzählen. Haben Sie den Fahnenkreis bemerkt, als Sie auf Worlorn landeten?« Entwaffnend erwiderte Dirk seinen Blick. »Nein.« »Nun, vielleicht sind sie jetzt nicht mehr an Ort und Stelle. Zur Zeit des Festivals jedenfalls flatterten auf dem Platz vor dem Landefeld vierzehn Fahnen. Eine absurde Selbstgefälligkeit der Toberianer, denn von den vierzehn Planetenflaggen bedeuteten zehn überhaupt nichts. Aber irgendwie setzten sie ihren Willen durch. Welten wie Eshellin und die Vergessene Kolonie wußten überhaupt nicht, was eine Fahne ist, während die Emereli das andere Extrem darstellten. Auf ihrem Planeten hatte jede der hundert Turmstädte ihr eigenes Banner. Die Dunklinge lachten uns alle aus und hißten ein pechschwarzes Tuch.« Diese Tatsache schien ihn sehr zu amüsieren. »Und was Hoch Kavalaan angeht, so hat wir keine Fahne für unsere Welt. Wir erfanden jedoch eine. Sie wurde aus der Geschichte entlehnt. Ein Rechteck, das in vier Rechtecke verschiedener Farbe unterteilt war: ein grüner Banshee auf schwarzem Feld für Eisenjade, Shanagates silberfarbene Jagdfledermaus auf Gelb, gekreuzte Schwerter auf Karmesinrot für Rotstahl, und für Braith ein weißer Wolf auf Purpur. Es war die alte Standarte der Hochleibeigenenliga. Man gründete die Liga ungefähr zu der Zeit, als die ersten Sternenschiffe nach Hoch Kavalaan zurückkehrten.
Damals lebte ein Mann, ein großer Führer, namens Vikor Hoch-Rotstahl Corben. Er war eine Generation lang die herausragende Persönlichkeit im Hochleibeigenenrat von Rotstahl, und als die Fremden kamen, war er überzeugt, daß sich alle Kavalaren vereinigen mußten, damit Wissen und Reichtum gleichmäßig verteilt würden. Aus diesem Grund schuf er die Hochleibeigenenliga,, deren Flagge ich Ihnen beschrieben habe. Leider war dieser Union nur eine kurze Lebensdauer beschieden. Kimdissihändler fürchteten die Macht eines vereinten Hoch Kavalaan und schlossen mit Braith einen Vertrag, der dieser Koalition als einziger moderne Waffen versprach. Die Hochleibeigenen von Braith waren der Liga nur aus Furcht beigetreten. Sie wollten die Sterne, die nach ihrer Ansicht ohnehin nur von Spottmenschen bewohnt wurden, lieber meiden. Was sie aber nicht daran hinderte, Spottmenschenlaser entgegenzunehmen. So kam es zum letzten Hochkrieg. Trotz der Kimdissiwaffen wurde , Braith von Eisenjade, Rotstahl und Shanagate geschlagen, aber Vikor Hoch-Rotstahl verlor dabei sein Leben, und die Verluste an Menschen waren ungeheuer.
Die Hochleibeigenenliga überdauerte ihren Gründer nur um wenige Jahre. Das schwer geschlagene Braith versteifte sich auf den Glauben, daß es von Kimdissi-Spottmenschen überlistet und mißbraucht worden war, um in der Folgezeit den alten Traditionen noch treuer ergeben zu sein als zuvor. Um den Frieden mit Blut zu unterzeichnen und ihn dauerhaft zu machen, ließ die Liga — nun von den Hochleibeigenen Shanagates beherrscht — alle Kimdissihändler auf Hoch Kavalaan und eine Schiffsbesatzung Toberianer gefangennehmen, erklärte sie zu Kriegsverbrechern — übrigens ein Begriff, den uns die Fremden beibrachten — und setzte sie in den Ebenen wieder aus, wo sie als Spottmenschen gejagt wurden.
Banshees töteten viele von ihnen, andere verhungerten, aber die meisten wurden von den Jägern erwischt, die ihre Köpfe als Trophäen nach Hause brachten. Es hieß, daß die Hochleibeigenen von Braith besondere Freude daran hatten, denjenigen Männern die Haut abzuziehen, von denen sie einst mit Waffen versorgt und unterrichtet worden waren.
Heute sind wir auf diese Jagd nicht mehr stolz, aber wir können die Gründe verstehen. Seit der Zeit des Feuers und der Dämonen war kein Krieg in unserer Geschichte länger und blutiger. Es war eine Zeit großen Leids und noch größeren Hasses, und sie zerstörte die Hochleibeigenenliga. Die Eisenjadeversammlung erklärte die Kimdissi zu Menschen. Dann zog sie sich aus der Liga zurück, denn sie konnte die Jagden nicht länger billigen. Rotstahl folgte bald darauf. Die Spottmenschenschlächter bestanden nur aus Braiths und Shanagates, und von da an war der Shanagate-Trutz mit sich in der Liga allein. Vikors Banner wurde vergessen, bis das Festival uns wieder daran erinnerte.« Hier unterbrach Janacek seine Erzählung und sah Dirk in die Augen. »Können Sie die Wahrheit jetzt erkennen, t’Larien?«
»Ich kann verstehen, warum Kavalaren und Kimdissi einander nicht leiden können«, gab Dirk zu.
Janacek lachte. »Es geht über Ihr Geschichtsverständnis hinaus«, sagte er. »Kimdiss hat keine Kriege geführt, aber diese Welt hat Blut an den Händen. Als Tober-im-Schleier Wolfheim angriff, unterstützten die Manipulatoren beide Seiten. Als auf pi-Emerel zwischen den Urbaniten, deren Universum ein einziges Gebäude ist, und den Sternensuchern, die nach erweitertem Horizont strebten, der Bürgerkrieg ausbrach, hatte Kimdiss wieder die Finger im Spiel und versorgte die Urbaniten mit kriegsentscheidendem Material.« Er grinste. »Ehrlich, t’Larien, es gibt sogar Gerüchte, wonach Kimdiss innerhalb des Schleiers seine Fäden spinnen soll. Man sagt, daß Agenten von Kimdiss die Stahlengel und die Veränderten Menschen von Prometheus gegeneinander aufgehetzt haben sollen, daß sie es waren, die den Vierten Cuchulainn von Tara absetzten, weil er sich weigerte, mit ihnen Handel zu treiben, daß sie auf Braque eingriffen, um die sich langsam regende technologische Entwicklung unter das Joch der Braquepriester zu zwingen. Kennen Sie die alte Religion von Kimdiss?« »Nein.«
»Die würde Ihnen bestimmt gefallen«, sagte Janacek.
»Ein außerordentlich komplexes Credo, friedlich und ungeheuer zivilisiert. Danach kann alles gerechtfertigt werden, nur persönliche Gewalttaten nicht. Ihr großer Prophet, der Sohn des Träumers — als mythische Figur verehrt, obwohl seine Lehren ins Gegenteil verkehrt wurden — sagte einst: ›Erinnert euch daran, euer Feind hat seinerseits einen Feind.‹ Das trifft genau zu. Und das nahmen sich die Kimdissi sehr zu Herzen, es ist der Kern ihrer Philosophie.«