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»Das ist nicht wahr!«

»Hast du dich niemals gefragt, warum du wie keine zweite von uns die Fähigkeit des Heilens besitzt?« Um Lursas Lippen spielte ein böses Lächeln. »Du kannst die Menschen heilen, weil du mehr als andere dazu geboren wurdest, sie magisch zu töten, genau wie dein Vater Elinor. Nur wer diese Fähigkeit besitzt, kann auch magisch heilen. Meine Mutter mußte als Hüterin des Feuers den Gwenyar schwören, daß du niemals erfährst, welche Kraft wirklich in dir liegt, damit du die dunkle Kraft in dir nicht leben kannst.«

Antana schaute in das schmerzverzerrte Gesicht der anderen. »Du hast Fieber«, flüsterte sie, wie um sich selbst zu versichern, daß nichts von all dem wahr sein konnte, und doch spürte sie, daß Lursa recht hatte. Viele Dinge, die ihr immer wieder Rätsel über sich selbst aufgegeben hatten, bekamen damit einen Sinn.

»Ja, ich habe Fieber, und du bist die einzige, die mich und das Kind retten kann. Also hole es.« Lursa griff wieder nach Antanas Hand. »Beginne endlich!«

Antana zögerte einen Moment, dann machte sie sich wieder los. »Nein, ich werde nicht das Kind eines dunklen Magiers holen«, sagte sie und legte das Tuch zurück in ihren Korb.

Lursa krallte sich an ihren Arm.

»Außerdem lügst du. Elinor kann nicht mein Vater sein, er ist hinter dem schwarzen Wasserfall gebannt.«

»Er war unvorsichtig. Er wollte deine Mutter von den Gwenyar befreien und ritt zum schwarzen Wasserfall. Du weißt besser als keine andere, Antana, daß es zwei Orte gibt, die sich an Kraft gleichen. Der eine ist die Flammenburg, der andere ist der schwarze Wasserfall. Der eine Ort wird vom Feuer, der andere vom Wasser beherrscht. Das war nicht immer so.

Das alte Volk hat von jeher das Wasser geliebt, sie kamen einst über das Meer hierher, und sie verehren die Göttin im Wasser. Sie sind diesem Element auf ewig verbunden. Elinor jedoch war ein Magier aus den Bergen. Sein Element war immer das Feuer.« Lursas Stimme wurde leise. »Lange bevor die Gwenyar die Hüterin des Feuers auswählten und beschützten und ihr die Kraft des heilenden Wassers zur Seite gaben, herrschten Männer wie Elinor über die Vulkanberge. Elinor forderte mit seiner Reise zum schwarzen Wasserfall die Macht des Wassers zum Kampf, um deine Mutter zu befreien. Es kam zu einem magischen Duell, bei dem er die Hohepriesterin der Gwenyar mit einem feurigen Stab tötete. Doch bevor sie starb, bannte sie ihn mit einem Fluch in die Höhle hinter dem Wasserfall, und da das Wasser heilig ist, kann er alleine ohne die brennende Kraft der Glut von dort nicht fliehen.«

Lursa keuchte wieder. Das Reden strengte sie sehr an. »Deine Mutter gebar kurz darauf bei den Gwenyar einen Sohn, und sie nannte ihn Pyros.«

»Nein, hör auf! Pyros ist nicht mein Bruder. Meine Mutter starb bei meiner Geburt!«

Lursa schüttelte den Kopf. »Nein, sie starb, damit Pyros leben konnte. Sie gab ihm ihr Blut über lange Zeit hinweg, so, wie Elinor ihr das seine zu trinken gegeben hatte, wenn er ihr beiwohnte. So bekam der Sohn auch das Blut des Vaters und mit ihm die Macht des Feuerzaubers. Pyros sollte Elinor eines Tages befreien und sie alle rächen. Er wird die Gwenyar vernichten!

Mit letzter Kraft verließ deine Mutter damals das Reich der Gwenyar und lebte in einem kleinen steinernen Haus, das unweit des Wasserfalls liegt. Pyros erzählte, in lauen Nächten könne man von dort den Wasserfall rauschen hören, aber das Haus steht jenseits der magischen Grenze, so daß die Priesterinnen deine Mutter nicht weiter suchten. Deine Mutter blieb jedoch in der Nähe des Wasserfalls, weil sie hoffte, Elinor würde eines Tages freikommen. Aber als sie einsah, daß es mit ihr zu Ende ging und daß sie ihren Geliebten nie wiedersehen würde, da verfluchte sie alle. Sie verband Pyros, ihren Sohn, durch ein magisches Band mit mir, der ältesten Tochter ihrer Schwester, genauso, wie ich das Leben von Luovanas Tochter mit meinem Sohn verbinden werde, um sie zu zerstören.« Lursa hielt inne, um Atem zu schöpfen. Der Schweiß rang ihr übers Gesicht, doch sie ließ Antana nicht los. »Du, Antana, bist geboren, um dem Schicksal zu dienen. Es ist deine Pflicht, dieses Kind zu holen, damit der Kreis sich schließen kann.«

»Nein.« Antana riß sich los, dabei fuhren ihr Lursas Fingernägel tief ins Fleisch und hinterließen blutige Wunden auf ihrem Arm. Lursas Augen funkelten erregt, als sie das frische rote Blut erblickte, und gierig leckte sie sich die Lippen.

»Gib es mir, dann habe ich Kraft genug, dieses Kind zu bekommen.«

»Nein!« Antana schrie auf, doch mit der gewaltigen Kraft einer Frau, die nicht sterben will, hatte Lursa ihren Arm wieder gepackt und leckte mit der Zunge über die Wunden. Antana stieß Lursa mit Gewalt von sich und sprang auf die Füße. Hastig griff sie nach ihrem Korb und floh zum Höhlenausgang. Lursas Stöhnen ließ sie jedoch innehalten. Sie wandte sich noch einmal um.

»Ich darf dieses Kind nicht holen, damit würde ich die dunkle Magie weitergeben. Und ich kann es erst recht nicht holen, wenn das, was du sagst, die Wahrheit ist. Lieber lasse ich dich sterben, um diesem elenden Fluch ein Ende zu bereiten.«

Lursa lächelte wieder. Das Blut schien ihr tatsächlich Kraft gegeben zu haben. »Du wirst mich nicht sterben lassen.«

»Doch Lursa, das werde ich! Deine Mutter war eine gütige, liebe Frau. Sie hat mich die Heilkunst gelehrt. Ich würde sie verraten, wenn ich dir helfen würde. Pyros ist die Dunkelheit, und er ist Vater dieses Kindes. Er wird mit seinem Zorn und seiner Finsternis uns alle vernichten. Wenn er Elinor befreit, werden die Gwenyar für alle Zeiten dieses Land verlassen und die Göttin wird zurück in die geheiligten Gärten gehen. Nichts als die Gewalt des Feuers und kalte staubige Asche wird bleiben. Nein, Lursa, die Liebe und die Heilung sind meine einzigen Pflichten gegenüber dem Schicksal. Die Liebe zur Göttin verlangt von mir, daß ich deinen Sohn nicht auf diese Welt hole.«

Sie schob die Decke, die den Eingang verhängte, zur Seite. »Ich hätte etwas für dich tun können, wenn nicht Pyros der Vater wäre.«

»Du wirst deinem Schicksal nicht entkommen. Ehe es Nacht wird, wirst du mein Kind holen«, keuchte Lursa.

Antana schüttelte entschlossen den Kopf. »Du irrst dich. Ehe es Nacht wird, Lursa, wirst du tot sein.«

Sie griff in ihren Kerb und holte ein kleines Kristallfläschchen mit einer dunklen Flüssigkeit heraus. Sie ging zurück und legte das Fläschchen neben die schwangere Frau. »Das ist alles, was ich für dich tun kann! Wenn es unerträglich wird, trink dies. Du wirst keine Schmerzen haben.«

Lursa schob das Fläschchen verächtlich zur Seite. »Laß das, ich brauche es nicht!«

Die Heilerin hielt inne. »Gut«, sie wandte sich um.

»Antana, du hast keine andere Wahl!«

»Falsch, Lursa, man hat immer die Wahl«, sagte Antana und verließ die Höhle. »Es ist eines von den Dingen, die mich deine Mutter gelehrt hat«, sagte sie, während sie hinunter auf die Burg schaute, die in einem warmen Lichterkranz dalag. Wie immer, wenn sie für kurze Zeit in den Bergen war, genoß Antana diesen verträumten Anblick. Lange jedoch blieb sie nie fort, sie verließ Luovana nur ungern und nur dann, wenn es wichtig war, um Kräuter zu suchen oder wenn einer der Leute aus den nahen Dörfern in Lebensgefahr schwebte. Eine geheimnisvolle Ahnung riet ihr, stets der Hüterin des Feuers zur Seite zu stehen. Ihr Schicksal war mit dem Licht verbunden, nicht mit der Dunkelheit!