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Lursa blickte auf den Magier, der stirnrunzelnd in der Tür stand. Ohne den Schutz der Göttin würde sie mit dem kleinen Raban sterben.

»Das Feuer wird Euch nichts tun«, sagte sie lachend und sprang vor den ersten Flammen zurück, die zügellos aus dem Kamin schlugen und den Raum erhellten. »Ihr seid ja nun unsterblich.«

»Lursa! Diese Narrheit wird Euch das Leben kosten«, fluchte Pyros und war in zwei Schritten nahe dem Kamin. »Verdammt, Ihr liebt die Macht und den Tod wirklich mehr als Euer Kind.« Mit dem Umhang schlug er ein paar Flammen nieder, die nach den Samtkissen züngelten. Aber es war vergeblich. Das Feuer quoll aus dem Kamin heraus und schien unaufhaltsam zu sein.

»Ihr könnt es nicht löschen!« flüsterte Lursa und fühlte die Wärme der gierigen Flammen unangenehm nah. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und hielt den weinenden Knaben fest im Arm.

»Ihr werdet mir meinen Sohn nicht nehmen!«

Der Magier warf einen letzten Blick auf die heiße Glut um sich herum und packte dann kurz entschlossen die Frau mit der Rechten um die Taille. Mit der anderen Hand fuhr er ihr unter die Knie und hob sie auf seinen Arm.

»Ihr seid eine ungelehrige und ungehorsame Schülerin«, fluchte er und sprang über das Feuer.

Lursa fühlte, wie ihre Kräfte sie verließen. Erschöpft lehnte sie den Kopf an die vertraute Schulter. Er begehrte sie also doch noch, sonst würde er sie nicht retten. Pyros hatte sie nicht aufgegeben. Mit ungeheurer Anstrengung öffnete sie die Augen. Sie war plötzlich furchtbar müde, aber sie wollte ihn noch einmal sehen. Sein Gesicht war makellos schön. Selbst jetzt, da die Anstrengung der Flucht ihm deutlich anzusehen war. Sie lächelte, er war unsterblich, ihm würde in dem Feuer nichts geschehen. Sie schlang einen Arm um seinen Hals, und hielt mit der andern den kleinen Raban fest. Kraftlos sank ihr Kopf auf seine Brust. Es war gut, dachte sie, daß Pyros gekommen war.

Faramund hielt sein Pferd an und schaute zurück. Sie waren an der Stelle, an der sie im vergangenen Winter von dem seltsamen Adler angegriffen worden waren. Arma, die vornweg ritt, verließ das große Schneefeld und lenkte ihr Pferd gen Westen. Faramund blickte noch einmal zurück auf die Gipfel.

»Wartet, Kriegerin, schaut dort«, rief er. Sein Blick wurde von einem magischen Leuchten angezogen, das sich über die Gipfel hinaus in den nächtlichen Himmel erhob.

Mirka hielt ihr Pferd neben seinem an. »Was meint ihr?« fragte sie, und dann sah sie es auch.

Arma wandte sich mißmutig zu ihnen um und hielt einen Lidschlag lang inne. »Das ist die Burg«, sagte sie dann. »Sie brennt! Wahrscheinlich hat jemand den Feuerzauber der Gwenyar angewandt, um die Feuer wieder zu entfachen.« Sie wechselte einen vielsagenden Blick mit der Gefährtin.

»Lursa?« fragte Mirka.

»Wer sonst?«

»Glaubst du wirklich, sie würde sich so dem Tod in die Hände geben?«

Arma zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls hat sie keine Chance, lebendig die Burg zu verlassen, wenn sie im Raum des Lichtes die Flammen heraufbeschworen hat.«

»Ja, das Feuer ist schneller!« flüsterte Mirka hinzu und betrachtete den Lichtschein. »Dennoch ist sie die einzige, die außer Luovana den Zauber kennt.«

Arma löste sich von dem schimmernden Anblick. »Ich habe Lursa noch nie verstanden! Es ist noch ein weiter Weg bis zum Wasserfall«, sagte sie und schaute Faramund an. »Hier trennen sich unsere Wege. Ihr könnt dort entlang den Weg hinunterreiten.« Sie deutete in Richtung Süden. »Wenn Ihr zum Hafen wollt, ist es von hier aus nicht mehr weit. Das nächste Schiff wird Euch wahrscheinlich mitnehmen. Dann könnt Ihr endlich in Eure Heimat zurückkehren.«

Faramund warf einen Blick auf Bruno, der stumm und regungslos auf seinem Pferd saß. Faramund schüttelte den Kopf. Es war unmöglich, nach Worms zurückzureiten. Wahrscheinlich würde der Ritter die Reise in seinem Zustand nicht überleben, und wenn er es doch schaffte, so wäre es um die Legende des Schwertmeisters Bruno von Falkenstein geschehen. Nein, lieber bliebe Faramund mit Bruno in der Fremde, und König Dankrat und die anderen mochten glauben, der edle Ritter sei in heldenhaftem Kampf gegen das Böse umgekommen, als daß er einen gebrochenen Mann zurückbrachte, der einen Hasen nicht von einem Schwert unterscheiden konnte.

»Vielleicht sollten wir uns mit der Rückkehr noch ein wenig Zeit lassen. Ich weiß nicht, ob mein Gefährte die Reise übersteht«, entgegnete Faramund vorsichtig.

»Wie Ihr wollt!« Arma drehte sich wieder um und trabte der Nacht entgegen. Sie wollte nur endlich fort von diesem Ort.

Mirka schaute Arma besorgt nach. »Wahrscheinlich wird es Jahre dauern, bis er wieder zu Verstand kommt«, flüsterte sie und nahm die Zügel wieder auf. Dann streichelte sie der kleinen Brunhild über die Wangen. Wenigstens das Kind schlief ruhig. Es wußte nichts von Tod und Trauer.

Mirka lächelte Faramund an. »Reitet mit uns zu den Gwenyar, Herr, vielleicht kann eine der Priesterinnen Eurem Freund helfen. Sie verstehen sich aufs Heilen.«

Der junge Ritter nickte erleichtert und beeilte sich, diese Einladung dankend anzunehmen. Er war froh, mit seinem Gefährten nicht alleine zu sein. Brunos Schweigen war schwer zu ertragen.

Mirkas Blick fiel wieder auf die Kriegerin, die ihnen vorausritt. Sie machte sich Sorgen um Arma. Die Folgen des Kampfes waren ihr noch deutlich anzusehen, aber viel schlimmer waren die Qualen, die ihr Herz litt. Hoffentlich würde Arma wenigstens beim Wasserfall Ruhe finden.

Antana fühlte sich wie zerrissen. Sie wollte nicht fort aus dieser warmen, tiefen Dunkelheit, die sie ganz umhüllte. Es erschien ihr so mühsam, den Weg zum Licht zurückzugehen. Aber je weiter sie sich von der Dunkelheit entfernte, um so stärker wurden die Schmerzen in ihrem Körper. Alles schien wund und verletzt zu sein. Ihre Glieder waren schwer wie Eisen. Sie wollte die Augen nicht öffnen, sie wollte wieder hinab in die Dunkelheit, doch der Weg war ihr versperrt. Irgend etwas ließ sie nicht fliehen. Die Schmerzen brannten grausam in ihr. Warum mußte sie das aushalten?

Erschöpft, wie nach einem endlosen Kampf, schlug sie die Augen auf und brauchte eine Weile, bis sie erkannte, daß sie in Lursas Höhle lag. Sie schaute auf das kleine Feuer, das neben ihr brannte. Wieso war sie hier? Nur allmählich kehrte die Erinnerung zurück. Lursa hatte einen kleinen Sohn, und - Antana versuchte ihren Füße zu bewegen. Erleichtert stellte sie fest, daß es funktionierte, aber es tat fürchterlich weh, so daß sie sich dabei fast auf die Lippen biß.

Das Kind hatte von ihrer Brust Blut getrunken. Ein grausiges Bild erschien in ihrem Innern. Der Abgrund, ihr wurde schwindelig. Lursa hatte sie von dem Felsvorsprung hinabgestoßen - ja, sie erinnerte sich genau. Sie war in die Tiefe gestürzt!

Antana überlegte eine Weile. Einen solchen Sturz von den Felsen konnte sie unmöglich überlebt haben. Sie biß die Zähne zusammen und hob ihre Hände hoch. Vorsichtig, mit Tränen in den Augen bewegte sie die einzelnen Finger vor und zurück und ließ sie dann stöhnend wieder fallen. Sie lebte tatsächlich.

Ein kurzer, hellflackernder Lichtschein fiel in die Höhle und verschwand sofort wieder. Jemand war gekommen. Antana erkannte Pyros, der neben ihr niederkniete und sie zärtlich anlächelte.

»Du bist wach? Du wirst es überleben, Schwester!« Voller Freude schaute er sie an.

Antana wollte ihm antworten, doch die Schmerzen in ihrem Körper ließen es nicht zu.

Der Magier strich ihr mit den Fingern über die Wange. »Sei ruhig, die Wunden werden bald verheilt sein. Ich habe mein Bestes getan, um dir zu helfen«, sagte er und legte ein kleines Bündel neben sie auf die Decken.