Zwar werdet Ihr alle eine Abgabe an Aydindril leisten, trotzdem wird kein einziges Land, kein Volk die Last der Freiheit alleine tragen müssen. Alle Länder, alle Völker werden eine Steuer zahlen, die für die gemeinsame Verteidigung ausreicht, sonst aber nichts. Alle werden gleichermaßen zahlen, niemand wird bevorzugt werden.«
Im Saal brach Protestgeschrei aus. Die meisten machten geltend, dies sei Diebstahl dessen, was ihnen gehöre. Lord Rahl brachte sie allein mit seinem Blick zum Schweigen.
»Was ohne Preis gewonnen wurde, ist nichts wert. Erst heute bin ich an diese Tatsache erinnert worden. Sie war es, die wir begraben haben. Freiheit hat ihren Preis, und den werden alle tragen, auf daß alle sie zu schätzen wissen und sie bewahren.«
Unter den Menschen auf dem Balkon wäre fast ein Tumult ausgebrochen. Sie beschwerten sich, man habe ihnen Gold versprochen, daß dieses ihnen gehöre und daß sie es sich nicht leisten könnten, eine Steuer zu bezahlen. Ein Sprechchor setzte ein, in dem verlangt wurde, man solle ihnen das Gold aushändigen. Wieder hob Lord Rahl seine Hand und bat sich Ruhe aus.
»Der Mann, der Euch das Gold versprochen hat, ist tot. Grabt ihn aus und beschwert Euch bei ihm, wenn Ihr wollt. Die Männer, die für Eure Freiheit kämpfen, benötigen Lebensmittel — und die werden unsere Truppen nicht stehlen. Wer von Euch Speisen und Dienste bereitstellen kann, wird einen fairen Preis für seine Arbeit und seine Waren gezahlt bekommen. Am Kampf für Freiheit und Frieden werden sich alle beteiligten, wenn nicht im Dienst unter Waffen, dann wenigstens mit Steuern zur Unterstützung unserer Truppen.
Alle, über welche Mittel sie auch verfügen, müssen etwas in ihre Freiheit investieren und werden ihren Teil bezahlen. Dieses Prinzip ist ein Gesetz, das nicht gebrochen werden darf.
Wenn Ihr Euch dem nicht fügen wollt, dann verlaßt Aydindril und geht zur Imperialen Ordnung. Es steht Euch frei, das Gold von ihr zu verlangen, schließlich war sie es, die es Euch versprochen hat. Ich werde ihr die Erfüllung dieses Versprechens nicht abnehmen.
Also wählt frei: mit uns oder gegen uns. Wenn Ihr mit uns seid, dann werdet Ihr uns helfen. Überlegt es Euch gut, bevor Ihr geht, denn wenn ihr geht und später beschließt, daß Ihr lieber doch nicht unter der Imperialen Ordnung leiden wollt, dann werdet Ihr über einen Zeitraum von zehn Jahren die doppelte Steuer zahlen, um Euch Eure Rückkehr zu erkaufen.«
Der Menschenmenge auf dem Balkon stockte der Atem. Eine Frau unten im Saal, ziemlich weit vorn, meldete sich mit besorgter Stimme zu Wort.
»Und wenn wir uns für keine von beiden Möglichkeiten entscheiden? Kämpfen ist gegen unsere Prinzipien. Was, wenn wir beschließen, nicht zu kämpfen, sondern einfach unseren Geschäften nachzugehen?«
»Glaubt Ihr in Eurer Arroganz, uns macht es Spaß zu kämpfen, nur weil wir unbedingt wollen, daß das Gemetzel ein Ende hat, und Ihr seid etwas Besseres, weil Ihr nicht kämpfen wollt? Oder daß wir die ganze Last auf uns laden, damit Ihr die Freiheit genießen und nach Euren Prinzipien leben könnt?
Ihr könnt Euch auf andere Weise beteiligen, ohne ein Schwert in die Hand zu nehmen, aber beteiligen müßt Ihr Euch. Ihr könnt helfen, die Verwundeten zu versorgen, Ihr könnt den Familien helfen, deren Männer in den Kampf gezogen sind, Ihr könnt helfen, Straßen zu bauen und zu unterhalten, um die Soldaten mit Nachschub zu versorgen — es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Ihr helfen könnt, aber helfen müßt Ihr. Ihr werdet die Steuer zahlen wie jeder andere auch. Niemand wird tatenlos zusehen.
Solltet Ihr beschließen, Euch nicht zu ergeben, dann seid Ihr auf Euch selbst gestellt. Die Imperiale Ordnung hat die Absicht, alle Völker und Länder zu erobern. Früher oder später werdet Ihr also von einem von uns beherrscht werden. Betet darum, daß es nicht die Imperiale Ordnung ist.
Die Länder, die es vorziehen, sich uns nicht zu ergeben, werden mit einer Blockade belegt und isoliert, bis wir Zeit haben, Euch zu erobern — oder die Imperiale Ordnung dies tut. Keinem unserer Völker wird es unter Androhung einer Strafe wegen Verrats erlaubt sein, mit Euch Handel zu treiben, und weder Reisende noch Güter werden unsere Grenzen passieren dürfen.
Die Möglichkeit der Kapitulation, die ich Euch jetzt biete, ist verlockend: Ihr könnt Euch uns ohne Nachteile oder Strafen anschließen. Ist dieses Ultimatum zur friedlichen Kapitulation jedoch abgelaufen und wird es erforderlich, Euch zu erobern, dann wird man Euch erobern, und Ihr werdet Euch ergeben — aber die Bedingungen werden hart sein. Jedes einzelne Eurer Völker wird über einen Zeitraum von dreißig Jahren eine dreifache Steuer zahlen. Es wäre unfair, zukünftige Generationen für die Taten dieser Generation zu bestrafen. Die angrenzenden Länder werden wachsen und gedeihen, während Ihr dies, belastet durch die höheren Kosten eurer Kapitulation, nicht könnt. Schließlich wird auch Euer Land sich erholen, aber wahrscheinlich werdet Ihr das nicht mehr erleben.
Seid gewarnt: Ich habe die Absicht, diese Schlächter, die sich Imperiale Ordnung schimpfen, vom Erdboden zu fegen. Seid Ihr töricht genug, Euch ihr anzuschließen, dann schließt Ihr Euch auf Gedeih und Verderb mit ihnen zusammen, und es wird kein Erbarmen geben.«
»Damit kommt Ihr nicht ungestraft durch«, rief eine anonyme Stimme aus der Menge. »Wir werden Euch daran hindern.«
»Die Midlands sind zerschlagen. Man kann sie nicht wieder zu einem Ganzen zusammenfügen, sonst würde ich mich statt dessen Euch anschließen. Was vorbei ist, ist vorbei und kann nicht mehr zurückgewonnen werden.
Der Geist der Midlands wird in denen von uns weiterleben, die ihren Zielen zur Ehre gereichen. Die Mutter Konfessor hat die Midlands zu einem erbarmungslosen Krieg gegen die Tyrannei der Imperialen Ordnung verpflichtet. Macht Ihrer Herrschaft und den Idealen der Midlands auf die einzige Weise Ehre, die von Erfolg gekrönt sein wird: ergebt Euch D’Hara. Schließt Ihr Euch aber der Imperialen Ordnung an, so steht Ihr gegen alles, wofür die Midlands einst gestanden haben.
Eine Streitmacht galeanischer Soldaten, angeführt von der Königin Galeas selbst, hat die Meuchler der Imperialen Ordnung zur Strecke gebracht und sie bis auf den letzten Mann aufgerieben. Sie hat uns allen gezeigt, daß die Imperiale Ordnung zu besiegen ist.
Ich habe versprochen, die Königin von Galea, Kahlan Amnell, zu ehelichen und ihr Volk und das meine zu vereinen und auf diese Weise allen zu zeigen, daß ich die begangenen Verbrechen nicht dulde, selbst wenn sie von d’Haranischen Soldaten begangen wurden. Galea und D’Hara werden die ersten sein, die dem neuen Bund beitreten, indem Galea sich D’Hara ergibt. Meine Vermählung mit Kahlan wird allen zeigen, daß es sich um einen Bund gegenseitigen Respekts handelt, und beweisen, daß man dies auch ohne blutige Eroberung oder Gier nach Macht erreichen kann, sondern statt dessen um der Stärke willen und einer Hoffnung auf ein neues und besseres Leben. Kahlan hat nicht weniger als ich das feste Ziel, die Imperiale Ordnung zu vernichten. Sie hat ihren Mut mit kaltem Stahl bewiesen.«
Die Menge, sowohl die Menschen unten im Saal als auch die oben auf dem Balkon, fing an, Fragen zu rufen und Forderungen zu stellen.
Lord Rahl brüllte sie nieder. »Genug!« Widerstrebend verstummten die Leute ein weiteres Mal. »Ich habe nicht die Absicht, Euch noch länger zuzuhören. Ich habe Euch erklärt, wie es sein wird. Glaubt nicht irrtümlicherweise, ich würde die Art einfach so hinnehmen, wie Ihr als Nationen der Midlands aufgetreten seid. Das werde ich bestimmt nicht tun. Bis zu Eurer Kapitulation seid Ihr potentielle Feinde und dementsprechend werdet ihr behandelt werden. Eure Truppen werden ihre Waffen sofort abgeben, und es wird ihnen nicht erlaubt sein, sich aus der Bewachung der d’Haranischen Truppen zu entfernen, die gegenwärtig Eure Paläste umstellt haben.