Berdine gab Richard einen Klaps auf den Rücken, daß seine Zähne klapperten, und brach damit das beklemmende Schweigen. »Ihr habt uns nicht erzählt, daß Ihr eine Braut gefunden habt. Hoffentlich plant Ihr, vor der Hochzeitsnacht ein Bad zu nehmen, sonst wird sie Euch davonjagen.« Die drei Frauen lachten.
Zu Richards Überraschung hatte er noch die Kraft zu lächeln. »Ich bin nicht der einzige, der stinkt wie ein Pferd.«
»Wenn das alles war, Lord Rahl, dann werde ich mich jetzt am besten um ein paar anstehende Angelegenheiten kümmern.« General Reibisch richtete sich auf und kratzte sich den rostfarbenen Bart. »Wie viele Menschen werden wir Eurer Ansicht nach töten müssen, bis wir diesen Frieden haben, von dem Ihr gesprochen habt?« Er lächelte schief. »Damit ich weiß, wie weit der Weg noch ist, bis ich keine Wache mehr brauche, die mir den Rücken freihält, wenn ich mich zu einem Nickerchen niederlege.«
Richard und Reibisch wechselten einen langen Blick. »Vielleicht kommen sie auch zur Besinnung und ergeben sich, und wir brauchen nicht zu kämpfen.«
General Reibisch stieß grunzend ein zynisches Lachen hervor. »Mit Verlaub, ich denke, ich werde veranlassen, daß die Männer ihre Schwerter wetzen, für alle Fälle.« Er sah auf. »Wißt Ihr, wie viele Länder es in den Midlands gibt?«
Richard überlegte einen Augenblick. »Offen gestanden nein. Nicht alle Länder sind groß genug, um in Aydindril vertreten zu sein, aber von diesen sind viele immer noch groß genug, um Soldaten unter Waffen zu haben. Die Königin wird es wissen. Sie wird bald zu uns stoßen und uns helfen.«
Auf seinem Kettenpanzer tanzten winzige Lichtpunkte, Spiegelungen der Lampen. »Ich werde sofort damit beginnen, unter den Streitkräften der Palastwachen aufzuräumen, bevor sie Gelegenheit haben, sich zu formieren. Vielleicht geht es auf diese Weise ruhig und friedlich ab. Vermutlich wird aber noch vor Ende dieser Nacht eine der Palastwachen versuchen, auszubrechen.«
»Sorgt dafür, daß genügend Leute um den Palast von Nicobarese stehen. Lord General Brogan darf die Stadt nicht verlassen. Ich traue dem Mann nicht, aber ich habe ihm mein Wort gegeben, daß er die gleiche Chance erhält wie alle anderen.«
»Ich werde dafür Sorge tragen.«
»Und, General, sagt den Männern, sie sollen auf seine Schwester Lunetta achtgeben.« Richard spürte eine seltsame Sympathie für Tobias Brogans Schwester, für ihre scheinbare Arglosigkeit. Ihre Augen gefielen ihm. Er richtete sich auf. »Wenn sie ihren Palast in der Absicht, abzuziehen, verlassen, dann haltet genügend Bogenschützen an strategischen Stellen und in Schußweite bereit. Wenn sie von ihrer Magie Gebrauch macht, geht kein Risiko ein und zögert nicht.«
Richard war es bereits jetzt zuwider. Noch nie zuvor hatte er Männer in einen Kampf schicken müssen, in dem Menschen verletzt oder getötet werden konnten. Er mußte daran denken, was die Prälatin ihm einst erklärt hatte: Zauberer waren gezwungen, die Menschen für das zu benutzen, was getan werden mußte.
General Reibisch betrachtete Ulic und Egan, die schwiegen, den Gar und die drei Frauen. Er richtete das Wort an sie, vorbei an Richard. »Eintausend Mann werden hellwach sein und nur einen Ruf entfernt, falls Ihr sie braucht.«
Nachdem der General gegangen war, wurde Caras Miene ernst. »Ihr müßt schlafen, Lord Rahl. Als Mord-Sith weiß ich, wann ein Mann erschöpft ist und jederzeit zusammenbrechen kann. Eure Welteroberungspläne könnt Ihr morgen schmieden, wenn Ihr Euch ausgeruht habt.«
Richard schüttelte den Kopf. »Augenblick noch. Ich muß zuerst noch einen Brief schreiben.«
Berdine lehnte sich neben Cara an den Schreibtisch und verschränkte die Arme. »Einen Liebesbrief an Eure Braut?«
Richard zog eine Schublade auf. »So etwas Ähnliches.«
Berdine setzte ein kokettes Lächeln auf. »Vielleicht können wir Euch helfen. Wir werden Euch verraten, was man sagen muß, damit ihr Herz klopft und sie vergißt, daß Ihr ein Bad benötigt.«
Raina gesellte sich zu den Schwestern des Strafers am Tisch und lächelte schelmisch, wobei ihre dunklen Augen funkelten. »Wir werden Euch Unterricht geben, wie man ein richtiger Gatte wird. Ihr und Eure Königin werden erfreut sein, daß wir euch mit Rat zur Seite stehen.«
»Und es wäre besser, wenn Ihr auf uns hört«, warnte Berdine, »sonst bringen wir ihr bei, wie sie Euch nach ihrer Pfeife tanzen lassen kann.«
Richard schob Berdine zur Seite, damit er an die Schubladen hinter ihr herankam. In der untersten fand er Papier. »Wieso geht Ihr nicht und schlaft ein wenig«, meinte er abwesend, während er nach Feder und Tinte suchte. »Ihr habt in den letzten Nächten sicher kaum mehr Schlaf bekommen als ich.«
Cara reckte in gespielter Empörung die Nase empor. »Wir werden Wache stehen, während Ihr schlaft. Frauen sind stärker als Männer.«
Richard mußte daran denken, daß Denna ihm genau dasselbe gesagt hatte, nur hatte sie das nicht im Scherz gemeint. Solange jemand in der Nähe war, ließen diese drei niemals in ihrer Wachsamkeit nach. Er war der einzige, dem sie trauten, wenn sie sich in feiner Lebensart üben wollten. Er fand, daß sie reichlich Übung nötig hatten. Vielleicht war das der Grund, warum sie ihren Strafer nicht aufgeben wollten: Sie waren nie etwas anderes gewesen als Mord-Siths und hatten Angst, sie würden es nicht schaffen.
Cara beugte sich vor und warf einen Blick in die leere Schublade, bevor er sie zurückschob. Sie warf ihren blonden Zopf über ihre Schulter. »Sie muß Euch sehr mögen, Lord Rahl, wenn sie bereit ist, Euch ihr Land zu übergeben. Ich weiß nicht, ob ich das für einen Mann tun würde, selbst wenn es jemand wäre wie Ihr. Er müßte sich mir ergeben.«
Richard scheuchte sie zur Seite und fand endlich Feder und Tinte in einer Schublade, die er zuerst geöffnet hätte, wäre Cara nicht im Weg gewesen. »Da habt Ihr recht, sie mag mich wirklich sehr. Aber was die Kapitulation ihres Landes anbetrifft, nun, davon hab’ ich ihr noch gar nichts erzählt.«
Cara faltete die Arme auseinander. »Soll das etwa heißen, Ihr müßt noch ihre Kapitulation verlangen, so wie Ihr es heute abend bei den anderen getan habt?«
Richard schraubte den Korken aus dem Tintenfaß. »Das ist der Grund, weshalb ich sofort diesen Brief schreiben muß, um ihr meine Pläne zu erklären. Warum seid Ihr drei nicht einfach still und laßt mich schreiben?«
Raina hockte sich mit einem besorgten Ausdruck in den Augen neben seinen Sessel. »Was ist, wenn sie die Hochzeit absagt? Königinnen sind stolz. Vielleicht will sie nichts dergleichen tun.«
Eine Woge von Unsicherheit durchfuhr Richard. Eigentlich war es sogar noch schlimmer. Diese drei Frauen begriffen überhaupt nicht, um was er Kahlan bat. Er stand nicht im Begriff, eine Königin um die Kapitulation ihres Landes zu bitten, er bat die Mutter Konfessor um die Kapitulation aller Midlands.
»Sie hat sich der Niederwerfung der Imperialen Ordnung ebenso verschrieben wie ich. Sie hat mit einer Entschlossenheit gekämpft, die eine Mord-Sith erbleichen lassen würde. Sie wünscht sich ebensosehr wie ich, daß das Töten ein Ende hat. Sie liebt mich und wird verstehen, daß ich sie um etwas Gutes bitte.«
Raina seufzte. »Nun, falls nicht, werden wir Euch beschützen.«
Richard fixierte sie mit einem derart wütenden Blick, daß sie rückwärts taumelte, als hätte er sie geschlagen. »Denkt nie, niemals daran, Kahlan auch nur ein Haar zu krümmen. Ihr werdet sie ebenso beschützen wie mich, oder Ihr könnt auf der Stelle gehen und Euch den Truppen meiner Feinde anschließen. Ihr Leben muß Euch ebensoviel bedeuten wie das meine. Schwört es auf Euren Bund mit mir. Schwört es!«