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»Nichts.« Von Panik ergriffen warf sie den Kopf von einer Seite auf die andere, daß ihr die schwarzen Locken das Gesicht peitschten. »Gar nichts.«

»Sieh an, so schnell kneifst du den Schwanz ein?«

»Was wollt Ihr?« keuchte sie. »Ich bin keine Verderbte! Laßt mich gehen! Ich bin keine Verderbte!«

»Natürlich bist du keine Verderbte. Für eine Verderbte bist du viel zu aufgeblasen, aber das macht dich nicht weniger verachtenswert. Oder nützlich.«

»Dann ist er es, den Ihr wollt. Ja, der Herzog. Er ist der Verderbte. Laßt mich gehen, und ich erzähle Euch alles über seine Verbrechen.«

Zwischen seinen Zähnen preßte Brogan hervor: »Dem Schöpfer ist mit falschen, eigennützigen Geständnissen nicht gedient. Aber du wirst ihm trotzdem dienen.« Über sein Gesicht zuckte ein Lächeln grimmiger Entschlossenheit. »Du wirst dem Schöpfer durch mich dienen, du wirst tun, was ich von dir verlange.«

»Ich werde nichts dergleichen —« Sie schrie auf, als Galtero fester zupackte. »Ich tue alles. Tut mir nur nicht weh. Sagt mir, was Ihr wollt, und ich tue es.«

Sie versuchte erfolglos zurückzuweichen, als er sein Gesicht bis auf wenige Zentimeter an ihres heranschob. »Du wirst tun, was ich sage«, preßte er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor.

Vor Entsetzen versagte ihr fast die Stimme. »Ja. Ja … Ihr habt mein Wort.«

Er feixte voller Hohn. »Was bedeutet das Wort einer Hure, die alles verhökert, alles verrät? Du wirst tun, was ich will, weil dir gar nichts anderes übrigbleibt.«

Er trat zurück, packte ihre Brustwarze zwischen Daumen und Knöchel seines Zeigefingers und zog daran. Sie fing an zu wimmern, riß die Augen auf. Brogan hob das Schwert und schnitt die Brustwarze mit einer sägenden Bewegung ab. Ihr Geschrei übertönte das Heulen des Sturms.

Brogan legte die abgetrennte Brustwarze in Lunettas aufgehaltene Hand. Ihre stummeligen Finger schlossen sich um sie, während ihre Augen, umschleiert von Magie, zufielen. Die leisen Klänge einer alten Zauberformel verschmolzen mit dem Wind und dem Geräusch der zittrigen, spitzen Schreie der Herzogin. Galtero stützte sie, während der Wind sie umtoste.

Lunettas Sprechgesang wurde schriller, während sie das Gesicht in den tintenfarbigen Himmel reckte. Die Augen fest geschlossen, hüllte sie sich selbst und die Frau vor ihr in einen Bann. Der Wind schien Lunetta die Worte zu entreißen, als sie in ihrem streganicha-Dialekt die beschwörenden Worte sprach:

»Himmel zu Erde, Blätter zu Saft. Feuer zu Eis, der Seele Kraft. Licht wird zu Dunkel, der Wind weht ins Meer. Die Seele des Schöpfers, sie muß her. Das Blut kocht im Herzen, die Knochen sind bleich. Talg wird zu Staub, der Tod nagt am Fleisch. Sie gehört mir. Den Sonnenuhrzeiger werf ich in die Schlucht. Ihre Seele folgt, wo niemand sie sucht. Ihre Arbeit getan, die Würmer sind fett. Ihr Fleisch ist Staub, die Seele weg. Sie gehört mir.«

Lunetta begann nun mit einem kehligen Sprechgesang. »Hühnerhahn, der Spinnen zehn, Bezoar dann, ich will die Sklavin kochen seh’n. Ochsengalle, Kastoröl, Glückshaube dann, ich will die Sklavin schmoren seh’n…«

Der Wind trug ihre Worte davon, sie wurden unverständlich, ihr gedrungener Körper jedoch wiegte sich hin und her, während sie immer weiter sprach, die leere Hand über dem Kopf der Frau, und die andere mit dem Stückchen Fleisch darin über ihrem eigenen Herzen schüttelnd.

Die Fürstin erschauderte, als die Ranken der Magie ihren Körper umwickelten und schlängelnd in ihr Fleisch vordrangen. Krampfartig zuckte sie zusammen, als sich die Fangzähne der Magie ins Zentrum ihrer Seele senkten.

Trotz des Windes schien es plötzlich völlig still zu sein.

Lunetta öffnete die Hand. »Sie gehört mir und tut, was ich verlange. Hiermit übergebe ich mein Recht an Euch.« Sie legte Brogan den inzwischen verdörrten Fleischknoten in die aufgehaltene Hand. »Jetzt gehört sie Euch, mein Lord General.«

Brogan umschloß das geschrumpfte Fleischstück mit der Faust. Die Fürstin hing mit glasigem Blick an ihren auf den Rücken gebogenen Armen. Die Beine trugen ihr Gewicht, aber sie schüttelte sich vor Schmerz und Kälte. Blut sickerte aus ihrer Wunde.

Brogan ballte die Faust. »Hör auf zu zittern!«

Sie sah ihm in die Augen, ihr glasiger Gesichtsausdruck verschwand. Sie wurde ruhig. »Ja, mein Lord General.«

Brogan gab seiner Schwester ein Zeichen. »Heile sie.«

Mit einem lüsternen Funkeln im Blick verfolgte Galtero, wie Lunetta beide Hände um die verletzte Brust legte. Auch Herzog Lumholtz sah zu, wobei ihm die Augen fast aus den Höhlen traten. Lunetta schloß erneut die Augen, während sie weiter Magie wob und einen leisen Zauber sprach. Blut quoll zwischen Lunettas Fingern hervor, bis das Fleisch der Frau sich zusammenzog und die Wunde heilte.

Während er wartete, wanderten Brogans Gedanken ziellos umher. Fürwahr, der Schöpfer behütete die Seinen. Ein Tag, der angefangen hatte, als er knapp vor seinem größten Triumph gestanden hatte, war um ein Haar ruiniert worden, doch am Ende hatte er bewiesen, daß man die Oberhand behalten konnte, wenn man nur das Wohl des Schöpfers in seinem Herz bewahrte. Lord Rahl würde noch dahinterkommen, was mit denen geschah, die den Hüter verehrten und auch die Imperiale Ordnung würde noch lernen müssen, wie wertvoll der Lord General des Lebensborns aus dem Schoß der Kirche für sie war. Auch Galtero hatte an diesem Tag bewiesen, wie wertvoll er war. Der Mann hatte für seine Bemühungen eine Kleinigkeit verdient.

Lunetta benutzte den Umhang der Fürstin, um das Blut abzuwischen, dann trat sie zurück, und man sah eine vollkommene, vollständige Brust, ebenso makellos wie die andere, wenn auch ohne Brustwarze. Die hatte Brogan jetzt.

Lunetta deutete mit der Hand auf den Herzog. »Ihn auch, Lord General? Wollt Ihr sie beide haben?«

»Nein.« Brogan machte eine verneinende Geste. »Nein, ich brauche nur sie. Aber er wird seine Rolle in meinem Plan spielen.«

Brogan richtete seinen funkelnden Blick auf die von Panik ergriffenen Augen des Herzogs. »Diese Stadt ist gefährlich. Wie uns Lord Rahl heute erklärte, treiben sich mörderische Kreaturen herum und greifen unschuldige Bürger an. Scheußlich. Wenn nur Lord Rahl hier wäre, um den Herzog vor einem solchen Angriff zu beschützen.«

»Ich werde mich augenblicklich darum kümmern, Lord General«, meinte Galtero.

»Nein, das besorge ich selbst. Ich dachte, vielleicht möchtet Ihr die Herzogin ›unterhalten‹, während ich mich um den Herzog kümmere.«

Galtero biß sich auf die Unterlippe und starrte die Herzogin an. »Ja, Lord General, sehr gern. Vielen Dank.« Er warf Brogan sein Messer zu. »Ihr werdet das hier brauchen. Die Soldaten haben mir erzählt, diese Kreaturen weiden ihre Opfer mit einem dreiklingigen Messer aus. Ihr werdet drei Schnitte machen müssen, damit es echt aussieht.«

Brogan dankte seinem Colonel. Auf Galtero konnte er sich jederzeit verlassen. Der Blick der Frau huschte zwischen den dreien hin und her, sie sagte aber nichts.

»Wollt Ihr, daß ich sie gefügig mache?«

Ein schauerliches Grinsen machte sich auf Galteros sonst so starrem Gesicht breit. »Und welchen Zweck sollte das haben, Lord General? Besser, sie lernt gleich heute nacht noch eine weitere Lektion.«

Brogan nickte. »Also gut, ganz wie Ihr wollt.« Er sah die Herzogin an. »Meine Liebe, das habe ich nicht von Euch verlangt. Es steht Euch frei, Eure wahren Gefühle diesbezüglich gegenüber Galtero hier zu äußern.«

Sie schrie auf, als Galtero ihr einen Arm um die Hüften legte. »Warum gehen wir nicht dort rüber, wo es dunkel ist? Ich möchte Euer zartes Empfinden nicht verletzen, Herzogin, indem ich Euch zwinge zuzusehen, was Eurem Gatten hier geschieht.«

»Das dürft Ihr nicht machen!« rief sie. »Ich werde im Schnee erfrieren. Ich muß tun, was mein Lord General mir befiehlt. Ich werde erfrieren!«

Galtero gab ihr einen Klaps aufs Hinterteil. »Oh, erfrieren werdet Ihr bestimmt nicht. Der Abfallhaufen wird Euch von unten wärmen.«