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Richard ging in Richtung Treppe los. »Ihr versteht nicht. Es steckt noch mehr dahinter. Irgendwie ist es der Imperialen Ordnung gelungen, in die Neue Welt vorzudringen und dort Verbündete zu gewinnen.«

»Die Neue Welt?« fragte Cara, als sie und Raina ihm gerade nachgehen wollten. »Was ist das, die Neue Welt?«

»Westland, woher ich stamme, die Midlands und D’Hara. Sie bilden zusammen die Neue Welt.«

»Sie bilden zusammen die ganze Welt«, hielt Cara entschieden dagegen.

»Die Worte eines Fisches in seinem Teich«, meinte Richard und ließ die Hand über das glatte Geländer gleiten, während er die Stufen hinunterstieg. »Ihr glaubt, das ist alles, was die Welt ausmacht?

Nur der Teich, den Ihr seht? Daß alles einfach an einem Ozean endet oder an einer Bergkette oder einer Wüste oder irgend etwas anderem?«

»Das wissen nur die Seelen.« Cara blieb unten an der Treppe stehen und legte ihren Kopf zur Seite. »Was glaubt Ihr? Daß es dahinter noch andere Länder gibt? Andere Teiche?« Sie ließ ihren Strafer kreisen. »Irgendwo dort draußen?«

Richard gab sich geschlagen. »Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, daß im Süden die Alte Welt liegt.«

Raina verschränkte die Arme. »Im Süden liegt eine kahle Einöde.«

Richard starrte über die weite Marmorfläche. »Mitten in dieser Einöde gab es einen Ort mit Namen ›Tal der Verlorenen‹, durch den von Ozean zu Ozean eine Barriere mit dem Namen die ›Türme der Vergessenheit‹ verlief. Diese Türme wurden vor dreitausend Jahren von Zauberern mit unvorstellbarer Macht aufgestellt. Die Banne dieser Türme haben dafür gesorgt, daß in den letzten dreitausend Jahren fast niemand die Grenze passieren konnte, daher geriet die alte Welt dahinter mit der Zeit in Vergessenheit.«

Cara blitzte ihn skeptisch an, während ihre Stiefelschritte durch die Kuppel hallten. »Woher wißt Ihr das?«

»Ich war dort, in der Alten Welt, im Palast der Propheten, in einer großen Stadt mit Namen Tanimura.«

»Tatsächlich?« fragte Raina. Richard nickte. Sie schloß sich Caras fragendem Blick an. »Und wenn niemand hindurchgelangt, wie habt Ihr es dann geschafft?«

»Das ist eine lange Geschichte, aber eigentlich haben mich diese drei Frauen, die Schwestern des Lichts, dorthin gebracht. Wir konnten passieren, weil wir die Gabe besitzen, die aber nicht stark genug ist, um die zerstörerische Kraft der Banne auf sich zu ziehen. Sonst konnte niemand hindurch, daher blieben die Alte und die Neue Welt durch die Türme und ihre Banne getrennt.

Jetzt ist die Grenze zwischen Alter und Neuer Welt gefallen. Niemand ist mehr sicher. Die Imperiale Ordnung stammt aus der Alten Welt. Es ist ein weiter Weg, aber sie werden kommen, und darauf müssen wir vorbereitet sein.«

Cara musterte ihn voller Argwohn. »Und wenn diese Barriere dreitausend Jahre an ihrem Platz war, wie kommt es dann, daß das alles jetzt geschieht?«

Richard räusperte sich, während sie ihm hinauf auf das Podium folgten. »Nun, vermutlich ist das meine Schuld. Ich habe die Banne dieser Türme zerstört. Sie bilden keine Barriere mehr. Die Wüste wurde in das Grasland zurückverwandelt, das sie einst war.«

Die beiden Frauen musterten ihn schweigend. Cara beugte sich an ihm vorbei und sagte zu Raina: »Und er behauptet, nicht zu wissen, wie man Magie benutzt.«

Rainas Blick wanderte zu Richard. »Demnach habt also Ihr selbst diesen Krieg angezettelt. Ihr habt ihn ermöglicht.«

»Nein. Hört zu, das ist eine lange Geschichte.« Richard fuhr sich durch die Haare. »Schon bevor die Barriere fiel, hatten sie vier Verbündete gewonnen und mit dem Krieg begonnen. Ebinissia wurde vor dem Fall der Barriere zerstört. Jetzt jedoch gibt es nichts mehr, was sie noch zurückhalten könnte. Unterschätzt sie nicht. Sie bedienen sich Zauberer und Magierinnen. Sie wollen alle Magie vernichten.«

»Sie wollen alle Magie vernichten, und dennoch benutzen sie selbst Magie? Lord Rahl, das ergibt keinen Sinn«, meinte Cara spöttisch.

»Ihr wollt, daß ich die Magie gegen die Magie bin. Warum?« Er zeigte auf die Männer zu beiden Seiten des Podiums. »Weil sie nichts anderes sein können, als der Stahl gegen den Stahl zu sein. Oft braucht man Magie, wenn man Magie zerstören will.«

Richard machte eine Handbewegung, mit der er auch die beiden Frauen einschloß. »Ihr besitzt Magie. Und wozu? Um Magie abzuwehren. Als Mord-Siths seid Ihr in der Lage, Euch die Magie eines anderen anzueignen und sie gegen ihn zu kehren. Mit ihnen ist es ebenso. Sie verwenden Magie, um bei der Zerstörung von Magie zu helfen, genau wie Darken Rahl Euch benutzt hat, um seine Widersacher, die Magie besaßen, zu foltern und umzubringen.

Ihr besitzt Magie, daher wird die Imperiale Ordnung Euch vernichten wollen. Ich besitze Magie, und sie werden mich vernichten wollen. Alle D’Haraner besitzen Magie, durch ihre Bande. Die Imperiale Ordnung wird das irgendwann erkennen und beschließen, diesen Makel, diese Verderbtheit auszumerzen. Früher oder später werden sie kommen, um D’Hara zu zerschmettern, ebenso wie sie die Midlands zerschmettern wollen.«

»Statt dessen werden die d’Haranischen Truppen sie zerschmettern«, sagte Ulic über die Schulter, so als stellte er wie selbstverständlich fest, daß die Sonne auch an diesem Tage untergehen wird, wie sie es immer tat.

Richard funkelte den Rücken des Mannes wütend an. »Bis ich kam, waren die D’Haraner mit ihnen im Bunde. Sie haben in ihrem Namen Ebinissia dem Erdboden gleichgemacht. Die D’Haraner hier in Aydindril haben ihre Befehle von der Imperialen Ordnung entgegengenommen.«

Seine vier Aufpasser verstummten. Cara starrte auf den Boden vor ihren Füßen, während Raina entmutigt seufzte.

»In den Wirren des Krieges«, sagte Cara schließlich, als dächte sie laut nach, »müssen einige unserer Truppen draußen im Feld gespürt haben, wie dieses Band zerbrach, genau wie einige damals im Palast, als Ihr Darken Rahl getötet habt. Ohne einen neuen Herrscher Rahl, der sie in die Pflicht nimmt, müssen sie sich wie verlorene Seelen vorgekommen sein. Vielleicht haben sie sich nur deshalb jemandem angeschlossen, der ihnen eine Richtung wies, um einen Ersatz für diese Bande zu finden. Jetzt haben sie ihre Bande zurück. Wir haben einen Herrscher Rahl.«

Richard ließ sich in den Sessel der Mutter Konfessor sinken. »Hoffentlich.«

»Um so mehr ein Grund, nach D’Hara zurückzukehren«, meinte Raina. »Wir müssen Euch beschützen, damit Ihr auch weiterhin der Herrscher Rahl bleiben könnt und sich Euer Volk nicht erneut der Imperialen Ordnung anschließt. Wenn Ihr getötet werdet und die Bande zerreißen, wird sich die Armee abermals an die Imperiale Ordnung wenden und sie um Führung bitten. Man sollte die Midlands ihre eigenen Kämpfe ausfechten lassen. Es ist nicht Eure Aufgabe, sie vor sich selbst zu beschützen.«

»Dann fällt jeder in den Midlands dem Schwert der Imperialen Ordnung zum Opfer«, meinte Richard leise. »Man wird sie so behandeln, wie Ihr von Darken Rahl behandelt wurdet. Keiner wird je wieder frei sein. Solange es noch eine Möglichkeit gibt, sie aufzuhalten, müssen wir sie wahrnehmen. Und zwar sofort, bevor sie hier in den Midlands noch weiter Fuß fassen.«

Cara verdrehte die Augen. »Mögen uns die Seelen vor einem Mann bewahren, der für eine gerechte Sache kämpft. Es ist nicht Eure Angelegenheit, sie anzuführen.«

»Wenn ich es nicht tue, werden am Ende alle unter einer Herrschaft leben: der Imperialen Ordnung«, sagte Richard. »Alle Menschen werden ihre Leibeigenen sein — für alle Zeiten. Tyrannen werden ihrer Tyrannei nicht müde.«

Im Saal war es still geworden. Richard ließ den Kopf mit einem dumpfen Schlag gegen die Sessellehne sinken. Er war so müde, daß er nicht glaubte, die Augen noch länger offenhalten zu können. Er wußte nicht, wieso er sich die Mühe machte und versuchte, sie zu überzeugen. Offenbar wollten sie nicht verstehen, und sein Vorhaben schien sie auch nicht zu interessieren.