Выбрать главу

Er stützte sich mit einer Hand an den Fensterrahmen, starrte hinaus in die dämmerige Burglandschaft und ließ die Wärme des heruntergebrannten, prasselnden Feuers in seinen Körper eindringen. Aus der Ferne blickte die Burg der Zauberer auf ihn herab. Er vermißte Gratch. Er vermißte Kahlan. Bei den Seelen, wie gerne hätte er sie in seinen Armen gehalten.

Vielleicht sollte er das Ganze aufgeben. Er konnte irgendeinen Ort in den Wäldern Kernlands suchen, wo man sie niemals finden würde. Sie beide könnten ganz einfach verschwinden und den Rest der Welt sich selbst überlassen. Warum sollte er sich darum kümmern — die anderen kümmerte es doch auch nicht.

Zedd, ich brauche dich hier, du mußt mir helfen.

Richard sah, wie der Lichtschein auf ihn zugekrochen kam, als die Tür geöffnet wurde. Er erkannte Cara in der Tür, Raina stand gleich hinter ihr. Beide trugen braunes Leder und hatten ein schelmisches Grinsen im Gesicht. Er war nicht amüsiert.

»Lord Rahl, wir sind froh, Euch in einem Stück wiederzusehen.« Mit einem spöttischen Grinsen warf sie ihren blonden Zopf zurück über ihre Schulter. »Habt Ihr uns vermißt? Hoffentlich wollt Ihr nicht —«

»Raus.«

Ihr neckisches Lächeln welkte dahin. »Was?«

Er fuhr sie an. »Ich sagte raus. Oder seid Ihr hergekommen, um mich mit einem Strafer zu bedrohen? Ich kann Eure Mord-Sith-Gesichter im Augenblick nicht sehen. Raus!«

Cara schluckte. »Wir bleiben in der Nähe, falls Ihr uns braucht«, sagte sie kleinlaut. Sie sah aus, als hätte er sie geschlagen. Sie machte kehrt und schob Raina mit hinaus.

Nachdem sie gegangen waren, ließ Richard sich auf den mit Quasten verzierten Ledersessel hinter einem kleinen, dunkel glänzenden Tisch mit Krallenfüßen fallen. Der rauchig-beißende Geruch vom Kamin verriet ihm, daß dort Eiche brannte, eine Wahl, wie er sie in einer solch kalten Nacht selbst auch getroffen hätte. Er schob die Lampe zur Wandseite hin, wo eine Gruppe kleiner Gemälde mit Landschaftsszenen hing. Das größte war nicht größer als seine Hand, und doch waren die Stilleben gelungene Darstellungen weiter Landschaften. Er betrachtete die friedlichen Szenerien und wünschte sich, das Leben könnte so einfach sein wie auf diesen idyllischen Bildern.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Ulic und Egan mit General Reibisch in der Tür erschienen.

Der General schlug seine Faust vors Herz. »Lord Rahl, ich bin erleichtert, Euch sicher wieder hier zu sehen. Hattet Ihr Erfolg?«

Richard schüttelte den Kopf. »Die Männer, die Ihr mir mitgegeben habt, waren so gut, wie Ihr gesagt habt, aber die Bedingungen waren unmöglich. Wir konnten ihre Spur ein Stück weit verfolgen, aber sie sind die Stentorstraße hinaufgegangen, ins Stadtzentrum. Danach gab es keine Möglichkeit mehr festzustellen, welche Richtung sie eingeschlagen hatten. Wahrscheinlich nach Nordosten, zurück nach Nicobarese, trotzdem haben wir die gesamte Stadt umkreist, für den Fall, daß sie in eine andere Richtung gegangen sind, konnten aber keine Spur von ihnen finden. Es hat recht lange gedauert, bis wir alle Möglichkeiten genau untersucht hatten, der Sturm hatte also reichlich Zeit, ihre Spuren zu verwischen.«

Der General brummte und dachte nach. »Wir haben die Leute befragt, die sie in ihrem Palast zurückgelassen hatten. Keiner wußte, wohin Brogan geritten ist.«

»Vielleicht lügen sie.«

Reibischs Daumen strich über die Narbe an der Seite seines Gesichts. »Glaubt mir, sie wußten nicht, wohin sie geritten sind.«

Richard wollte die Einzelheiten dessen, was man seinetwegen unternommen hatte, gar nicht wissen. »Aus den wenigen Spuren konnten wir erkennen, daß sie nur zu dritt waren — zweifellos Lord General Brogan, seine Schwester und dieser andere Kerl.«

»Nun, wenn er seine Leute nicht mitgenommen hat, dann sieht es ganz so aus, als sei er schlicht geflohen. Wahrscheinlich habt Ihr ihn derartig in Panik versetzt, daß er einfach um sein Leben gerannt ist.«

Richard tippte mit einem Finger auf den Tisch. »Möglich. Aber ich wünschte, ich wüßte, wohin er geritten ist, nur um ganz sicher zu sein.«

Der General zuckte die Achseln. »Warum habt Ihr ihm keine Spürwolke angehängt, oder von Eurer Magie Gebrauch gemacht, um seiner Spur zu folgen? Das jedenfalls hat Darken Rahl getan, wenn er jemanden verfolgen wollte.«

Richard wußte das alles nur zu gut. Er wußte, was eine Spürwolke war, er war selbst von einer verfolgt worden. Die ganze Geschichte hatte schließlich damit angefangen, daß Darken Rahl ihm eine Spürwolke angehängt hatte, damit er ihn nach Belieben holen konnte, um wieder in den Besitz des Buches der Gezählten Schatten zu gelangen. Zedd hatte Richard auf seinen Zaubererfelsen gestellt, um die Wolke von ihm zu lösen. Er hatte zwar gespürt, wie die Magie durch seinen Körper strömte, aber wie sie funktionierte, wußte Richard trotzdem nicht. Er hatte auch gesehen, wie Zedd ein wenig von seinem Zauberersand benutzt hatte, um ihre Spuren zu verwischen und so zu verhindern, daß Darken Rahl sie verfolgte, aber wie das funktionierte, wußte er genausowenig.

Richard wollte General Reibischs Glauben an ihn nicht erschüttern, indem er eingestand, daß er von Magie nicht die geringste Ahnung hatte. Im Augenblick war er mit seinen Verbündeten nicht recht glücklich.

»Wenn der Himmel voller Sturmwolken ist, kann man niemandem eine Spürwolke anhängen. Man wüßte nicht, welches die eigene Wolke wäre, und könnte sie nicht verfolgen. Lunetta, Brogans Schwester, ist Magierin. Sie würde ihre Magie dazu benutzen, ihre Spuren zu verwischen.«

»Das ist schade.« Der General kratzte sich am Kopf. Offensichtlich glaubte er den Bluff. »Nun, Magie ist nicht mein Fach. Dafür haben wir Euch.«

Richard wechselte das Thema. »Wie geht es hier voran?«

Der General grinste boshaft. »In der ganzen Stadt gibt es kein Schwert, das nicht in unserer Hand ist. Einigen wenigen hat das nicht recht gefallen, aber nachdem wir ihnen die Alternativen deutlich erklärt hatten, waren sie alle kampflos einverstanden.«

Nun, wenigstens etwas. »Auch die Leute vom Lebensborn aus dem Schoß der Kirche im Palast von Nicobarese?«

»Sie werden mit den Fingern essen müssen. Wir haben ihnen nicht einmal einen Löffel gelassen.«

Richard rieb sich die Augen. »Gut. Ihr habt hervorragende Arbeit geleistet, General. Was ist mit den Mriswiths? Hat es weitere Angriffe gegeben?«

»Nicht seit jener blutigen Nacht. Es war alles ruhig. Seit Wochen habe ich nicht so gut geschlafen. Seit Eurer Machtübernahme hatte ich keinen einzigen dieser Träume mehr.«

Richard sah auf. »Träume? Was für Träume?«

»Nun…« Der General kratzte sich den rostfarbenen Haarschopf. »Das ist seltsam. Ich kann mich jetzt kaum noch an sie erinnern. Ich hatte Träume, die mir mächtig zugesetzt haben, aber seit Ihr hier seid, habe ich sie nicht mehr. Ihr wißt, wie das mit Träumen ist. Nach einer Weile verblassen sie, und man kann sich nicht mehr an sie erinnern.«

»Möglich.« Das Ganze glich immer mehr einem Traum, einem bösen Traum. Richard wünschte, es wäre nichts weiter als das. »Wie viele Männer haben wir beim Angriff der Mriswiths verloren?«

»Knapp unter dreihundert.«

Richard rieb sich die Stirn und spürte, wie sein Magen rumorte. »Ich dachte, dort hätten nicht so viele Tote gelegen. Ich hätte nicht gedacht, daß es so viele waren.«

»Nun, das schließt auch die anderen ein.«

Richard nahm die Hand herunter. »Die anderen? Welche anderen?«

General Reibisch zeigte durch das Fenster. »Die von dort oben. Oben auf der Straße zur Burg der Zauberer wurden ebenfalls fast achtzig Mann erschlagen.«

Richard drehte sich um und sah aus dem Fenster. Vor dem tiefvioletten Himmel war nur die Silhouette der Burg zu erkennen. Würden die Mriswiths tatsächlich versuchen, in die Burg zu gelangen? Bei den Seelen, was konnte er dann dagegen tun? Kahlan hatte ihm erklärt, die Burg sei durch mächtige Banne geschützt, aber ob diese Netze Kreaturen wie die Mriswiths zurückhalten konnten, wußte er nicht. Warum sollten sie in die Burg eindringen wollen?