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Einen Augenblick herrschte weit und breit Stille in dem großen Amphitheater. Dann erhob sich in den Käfigen der Verdammten wildes Geschrei. Mein langes Schwert schwirrte durch die Luft, und der kopflose Rumpf eines großen Affen stürzte ausgestreckt vor den Füßen der furchtsamen Mädchen in den Sand.

Die anderen Affen wandten sich nun mir zu. Als ich ihnen gegenüberstand, ließ sich aus dem Zuschauersaal dumpfes Gebrüll vernehmen, als Reaktion auf die anfeuernden Schreie aus den Käfigen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie etwa zwanzig Wachposten durch den glänzenden Sand auf mich zustürmten. Dann brach hinter ihnen eine Gestalt aus dem Käfig. Es war der Junge, dessen Persönlichkeit mich so gefesselt hatte.

Er blieb einen Moment mit erhobenem Schwert vor den Käfigen stehen.

»Kommt, Männer der Außenwelt!« rief er. »Laßt uns unserem Tod einen Sinn geben und an der Seite dieses unbekannten Kriegers diesen Tag des Tributs für Issus in eine Orgie der Rache verwandeln, über die man noch Jahrhunderte reden wird. Bei jeder Wiederholung der Feierlichkeiten von Issus werden die Schwarzen in Erinnerung daran eine weiße Haut bekommen. Folgt mir! Die Gestelle vor euren Käfigen sind voll von Klingen.«

Ohne darauf zu warten, wie seine Aufforderung aufgenommen wurde, wandte er sich um und rannte auf mich zu. Aus jedem Käfig, in dem sich rote Menschen befanden, wurden seine Worte mit donnerndem Gebrüll beantwortet. Die allernächsten Wachposten gingen unter den heulenden Massen zu Boden, als die Gefangenen, beseelt von Mordgelüsten, ins Freie strömten.

Schnell wurden die Waffengestelle der Schwerter entledigt, mit denen die Gefangenen sich, sobald sie an der Reihe waren, vor Beginn des Kampfes bewaffnen hätten sollen. Eine Schar entschlossener Krieger eilte zu unserer Verstärkung herbei.

Die großen weißen Affen, so weit sie mich mit ihren fünfzehn Fuß auch überragten, hatten meinem Schwert nicht standgehalten. Die heranstürmenden Wachposten waren noch ein Stück von mir entfernt. Gleich hinter ihnen kam der Junge. In meinem Rücken hatte ich die jungen Mädchen, und da ich in ihrem Dienste kämpfte, blieb ich dort und wartete auf meinen unvermeidlichen Tod, fest entschlossen, trotz allem ein solches Zeugnis von mir abzulegen, daß man sich meiner im Land der Erstgeborenen noch lange entsinnen würde.

Mir fiel auf, mit welcher beeindruckenden Geschwindigkeit der junge rote Mann hinter den Wachposten hereilte. Nie zuvor hatte ich einen Marsmenschen eine Strecke so schnell zurücklegen sehen. Seine Sätze und Sprünge waren nur um ein unwesentliches kürzer als jene, die ich dank meiner irdischen Muskeln zu tun vermochte und die mir damals, als ich zum ersten Mal auf dem Mars ankam, den Ehrfurcht und Respekt der grünen Marsmenschen eingebracht hatten, denen ich an dem lang zurückliegenden Tag zuerst in die Hände gefallen war.

Die Wachposten waren noch nicht bei mir, da überraschte er sie schon. Als sie sich umwandten, im Glauben, von einem Dutzend angegriffen zu werden, so unbändig war sein Ansturm, stürzte ich mich von meiner Seite auf sie.

Im Eifer des folgenden Gefechtes hatte ich nur wenig Gelegenheit, mich um etwas anderes als meine unmittelbaren Widersacher zu kümmern. Hin und wieder jedoch sah ich flüchtig neben mir ein Schwert durch die Luft pfeifen und eine mit Leichtigkeit umherspringende, sehnige Gestalt, die mein Herz mit seltsamen Regungen und einen mächtigen, doch unerklärlichen Stolz erfüllte.

Das hübsche Gesicht des Jungen zeigte ein grimmiges Lächeln. Immer wieder warf er seinen jeweiligen Widersachern eine höhnische Bemerkung zu. In dieser und auch anderer Hinsicht war seine Art, zu kämpfen, gleich jener, die im Kampf seit je her für mich kennzeichnend gewesen war.

Vielleicht schloß ich den Jungen wegen dieser entfernten Ähnlichkeit ins Herz. Doch angesichts der fürchterlichen Verwüstung, die er mit dem Schwert unter den Schwarzen anrichtete, erfüllte mich größter Respekt.

Ich für meinen Teil kämpfte wie schon tausende Male zuvor –mal wich ich einem teuflischen Stoß aus, ein anderes Mal trat ich schnell vor, um die Spitze meines Schwertes dem Widersacher ins Herz zu stoßen und es das nächste Mal im Schlund eines seiner Kameraden zu vergraben.

Als es gerade besonders amüsant war, wurde ein großer Trupp aus Issus’ Leibgarde in die Arena befohlen. Sie trafen mit wütendem Geschrei ein, während die bewaffneten Gefangenen von allen Seiten über sie herfielen.

Eine halbe Stunde lang schien es, als sei die Hölle los. Innerhalb der Arenawälle kämpften wir in einem verschlungenen Knäuel heulender, fluchender und blutbeschmierter Dämonen. Jede Sekunde blinkte das Schwert des jungen roten Marsmenschen neben mir auf.

Immer wieder forderte ich die Gefangenen auf, sich in einer lockeren Formation um uns zu scharen. Mit der Zeit hatte ich Erfolg, und wir kämpften beieinander, die zum Untergang verurteilten Mädchen in unserer Mitte.

Beide Seiten hatten Opfer zu beklagen, doch am meisten waren Issus’ Garden in Mitleidenschaft gezogen worden. Ich konnte sehen, wie Boten durch die Zuschauertribünen eilten. Sobald sie vorbei waren, sprangen die Edelleute mit gezückten Schwertern in die Arena. Offensichtlich beabsichtigten sie uns durch ihre Übermacht zu besiegen.

Flüchtig bekam ich Issus zu sehen, die sich von ihrem Thron aus weit nach vorn lehnte. Ihr häßliches Antlitz war vor Wut und Haß entsetzlich verzerrt, ich glaubte aber, darin auch Angst erkennen zu können. Es war dieses Gesicht, das mich zu der folgenden Handlung inspirierte.

Schnell befahl ich fünfzig der Gefangenen, sich hinter uns zurückfallen zu lassen und um die Mädchen einen neuen Kreis zu schließen.

»Bleibt hier und beschützt sie, bis ich zurückkehre«, lauteten meine Worte.

Dann wandte ich mich an jene, die den äußeren Ring bildeten, und schrie: »Nieder mit Issus!« Augenblicklich erhob sich von allen Seiten ein heiserer Schrei: »Zum Thron! Zum Thron!«

Wie ein Mann bewegte sich unsere unüberwindliche, kämpfende Schar über die Leichen und Verwundeten unserer Widersacher in Richtung des prachtvollen Thrones der Marsgottheit. Zu Hauf stürmten die tapfersten Krieger der Erstgeborenen aus dem Zuschauerraum herbei, um unseren Vormarsch zu stoppen, doch wir mähten sie darnieder wie Papiersoldaten.

»Einige von euch sollen sich zu den Sitzplätzen begeben!« schrie ich, als wir uns der Grenzwand zu den Zuschauerreihen näherten. »Den Thron können zehn Leute allein einnehmen!« Mir war nämlich aufgefallen, daß sich Issus’ Leibgarde zum größten Teil dem Getümmel in der Arena widmete.

Die Gefangenen strömten nach links und rechts in Richtung der Zuschauerreihen, erklommen die niedrige Wand mit bluttriefenden Schwertern, kampfeslüstern angesichts ihrer Opfer, die zusammengedrängt auf sie warteten.

Im nächsten Augenblick war das ganze Amphitheater vom Geschrei der Sterbenden und Verwundeten erfüllt, gemischt mit Waffengeklirr und dem Triumphgeschrei der Sieger.

Seite an Seite neben dem jungen roten Marsmenschen und vielleicht einem Dutzend anderer kämpften wir uns zum Fuße des Thrones durch. Die übriggebliebenen Wachposten, denen sich hohe Würdenträger und die Edelleute der Erstgeborenen zugesellt hatten, warfen sich zwischen uns. Issus lehnte sich von ihrer geschnitzten Sorapusbank aus nach vorn, schrie einmal mit kreischend hoher Stimme ihren Leuten Befehle zu und sandte ein andermal schändliche Flüche in die Richtung jener, die ihre Göttin zu entweihen versuchten.

Die vor Angst zitternden Sklaven um sie herum erwarteten mit weit aufgerissenen Augen das Kommende und wußten nicht, ob sie für unseren Sieg oder unsere Niederlage beten sollten. Einige von ihnen, ohne Zweifel die stolzen Töchter der edelsten Krieger von Barsoom, ergriffen die Schwerter von den Gefallenen und fielen über die Garde von Issus her. Jedoch wurden sie schnell überwältigt und starben als ruhmvolle Märtyrerinnen in einem sinnlosen Kampf.

Unsere Männer kämpften tapfer, doch zu keinem Zeitpunkt, seit ich an jenem langen, heißen Nachmittag auf dem ausgetrockneten Meeresboden vor Thark neben Tars Tarkas gegen die Horden der Warhoon gekämpft hatte, sah ich je wieder zwei Männer mit solcher Unbändigkeit für ein hehres Ziel kämpfen wie den jungen roten Marsmenschen und mich an jenem Tag vor dem Thron von Issus, der Göttin des Todes und Ewigen Lebens.