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Meinen Kommandeuren erteilte ich weiterhin Befehl, sie sollten, wenn in einen Kampf verwickelt, ihren Gegner so schnell wie möglich zu einem Schiff seines Erzfeindes ziehen und durch sorgsames Manövrieren die beiden dazu bringen, übereinander herzufallen. Diese Taktik bewährte sich ausgezeichnet, und kurz vor Sonnenuntergang hatte ich die Befriedigung zu sehen, daß sich die Reste meiner einst mächtigen Flotte nahezu zwanzig Meilen südwestlich des noch immer wilden Schlachtgetümmels zwischen den Schwarzen und den Weißen versammelt hatte.

Ich versetzte Xodar jetzt auf ein anderes Schlachtschiff und sandte ihn mit allen Transportern und fünftausend Schlachtschiffen direkt über den Tempel von Issus. Carthoris und ich übernahmen zusammen mit Kantos Kan die verbliebenen Schiffe und steuerten den Eingang nach Omean an.

Unser Plan bestand nun in dem Versuch, in der Morgendämmerung des folgenden Tages einen kombinierten Angriff auf Issus zu unternehmen. Tars Tarkas mit seinen grünen Kriegern und Hor Vastus mit den roten sollten unter Führung von Xodar in den Gärten von Issus oder auf den umliegenden Ebenen landen, während Carthoris, Kantos Kan und ich unsere kleinere Streitmacht von der See von Omean durch die Gruben unter dem Tempel führen sollten, in denen sich Carthoris so gut auskannte.

Jetzt erfuhr ich zum ersten Mal, aus welchem Grund sich meine zehn Schiffe von der Schachtöffnung zurückgezogen hatten. Offensichtlich war die Seemacht der Erstgeboren in dem Moment, als sie am Schacht anlangten, schon aus der Öffnung geströmt. Volle zwanzig Fahrzeuge waren aufgetaucht, und obwohl sie sofort den Kampf eröffneten und sich bemühten, die Flut aufzuhalten, die aus der schwarzen Grube brach, war das Zahlenverhältnis zu ungünstig für sie, deshalb mußten sie die Flucht antreten.

Wir näherten uns dem Schacht nun mit großer Vorsicht und im Schutz der Dunkelheit. In einer Entfernung von einigen Meilen ließ ich die Flotte anhalten. Carthoris unternahm von hier mit einer Einmannmaschine allein einen Erkundungsflug. Nach etwa einer halben Stunde kehrte er mit der Meldung zurück, von einem Patrouillenboot oder einer sonstigen Aktivität des Feindes sei nichts zu entdecken, und so rückten wir wieder schnell und lautlos gegen Omean vor.

An der Einmündung des Schachts machten wir erneut einen Augenblick halt, damit alle Fahrzeuge die ihnen vorher angewiesenen Positionen einnehmen konnten. Dann ließ ich mich mit dem Flaggschiff schnell in die schwarze Tiefe fallen, während die anderen Schiffe mir in rascher Folge nacheilten.

Wir hatten beschlossen, alles daranzusetzen, daß wir den Tempel auf unterirdischem Wege erreichten. Deshalb ließen wir keine Schiffe zur Bewachung am Eingang des Schachtes zurück. Sie hätten uns ohnedies nicht viel nützen können, denn wir waren, alle Kräfte zusammengenommen, dennoch nicht stark genug, der riesigen Flotte der Erstgeborenen zu widerstehen, wäre sie zurückgekehrt, um sich mit uns zu befassen.

Wir glaubten, daß uns beim Eindringen in Omean kaum eine Gefahr drohen könne, weil unser kühner Vorstoß so überraschend erfolgte. Es würde gewiß einige Zeit dauern, ehe der erste Wache haltende Erstgeborene erkannte, daß es eine feindliche, nicht die eigene zurückkehrende Flotte war, die in das Gewölbe der vergrabenen See eindrang.

Genau das war der Fall. Ehe der erste Schuß fiel, ruhten vierhundert von fünfhundert Fahrzeugen meiner Flotte sicher im Busen von Omean. Der Kampf war kurz und heiß, aber es konnte nur einen Ausgang geben, denn die Erstgeborenen hatten, sich in Sicherheit wähnend, zur Bewachung ihres gewaltigen Hafens nur eine Handvoll alter und unmoderner Schiffe zurückgelassen.

Auf Carthoris’ Vorschlag brachten wir unsere Gefangenen unter Bewachung auf einige größere Inseln an Land, danach machte wir die Schiffe der Erstgeborenen im Schacht fest, wo es uns gelang, eine Anzahl davon zuverlässig im Inneren des großen Brunnens zu verkeilen. Dann schalteten wir bei den übrigen die Auftriebsstrahlen an und ließen sie aufsteigen, so daß sie die Passage nach Omean noch mehr blockierten, sobald sie mit den dort bereits feststeckenden Schiffen in Berührung kamen.

Wir spürten nun, daß es zumindest einige Zeit dauern würde, ehe die zurückkehrenden Erstgeborenen die Oberfläche von Omean erreichen konnte. Dadurch hatten wir genügend Gelegenheit, die unterirdischen Passagen anzusteuern, die zu Issus führten. Einer meiner ersten Schritte bestand darin, persönlich mit einer beträchtlichen Streitmacht zur Insel der U-Boote zu eilen, die ich ohne Widerstand seitens der dortigen kleinen Wache einnahm.

Ich fand das U-Boot in seinem Becken vor und postierte sofort eine starke Wache dort und auf der Insel, wo ich weiter verblieb, um die Ankunft von Carthoris und den anderen abzuwarten.

Unter den Gefangenen war Yersted, Kommandeur des U-Boots. Er kannte mich von den drei Reisen, die ich während meiner Gefangenschaft unter den Erstgeborenen mit ihm unternommen hatte.

»Wie fühlt man sich, wenn der Spieß herumgedreht wurde?« fragte ich ihn. »Wenn man Gefangener seines vormaligen Gefangenen ist?«

Er lächelte, es war ein sehr grimmiges Lächeln voller tückischer Bedeutung.

»Nicht für lange, John Carter«, erwiderte er. »Wir haben dich erwartet und sind vorbereitet.«

»Das sieht auch ganz so aus«, antwortete ich. »Ihr wart alle bereit, meine Gefangenen zu werden, ohne daß beide Seiten kaum einen Schlag führten.«

»Die Flotte muß euch verfehlt haben, doch sie wird nach Omean zurückkehren, und dann sieht die Sache ganz anders aus – für John Carter.«

»Ich wüßte nicht, daß die Flotte mich bis jetzt verfehlt hätte«, sagte ich, aber natürlich erfaßte er nicht, was ich sagen wollte, und blickte nur verwirrt drein.

»Sind viele Gefangene in eurem grimmigen Fahrzeug nach Issus gereist, Yersted?« fragte ich.

»Sehr viele«, bestätigte er.

»Kannst du dich einer erinnern, welche die Männer Dejah Thoris nannten?«

»Ganz richtig, wegen ihrer großen Schönheit, aber auch ob der Tatsache, daß sie die Gattin des ersten Sterblichen war, der in unzähligen Zeitaltern ihrer Göttlichkeit je aus Issus geflohen ist. Es heißt, Issus erinnert sich ihrer am besten als der Gattin des einen und der Mutter eines anderen, der seine Hand gegen die Gottheit des Ewigen Lebens erhob.«

Ich schauderte aus Furcht vor der feigen Rache, die Issus wegen des gotteslästerlichen Frevels ihres Sohnes und ihres Gatten vielleicht an der unschuldigen Dejah Thoris geübt hatte.

»Und wo ist Dejah Thoris jetzt?« fragte ich in Vorahnung, daß er nun die Worte sprechen würde, die ich am meisten fürchtete. Doch ich liebte sie so sehr, daß ich mich nicht zurückhalten konnte, selbst das Schlimmste über ihr Schicksal zu hören, wie sie einem über die Lippen kamen, der sie kürzlich erst gesehen hatte. Mir war, als brächte selbst dies Dejah Thoris näher zu mir.

»Gestern wurden die monatlichen Riten des Issus veranstaltet«, erwiderte er. Da sah ich sie an ihrem gewohnten Platz zu Füßen des Issus sitzen.

»Was, demnach ist sie nicht tot?« fragte ich.

»Warum, natürlich nicht!« erwiderte der Schwarze. »Es ist noch kein Jahr vergangen, seit sie auf den göttlichen Glorienschein des strahlenden Antlitzes von... «

»Kein Jahr?« unterbrach ich ihn.

»Nein, warum auch?« sagte Yersted beharrlich. »Es können nicht mehr als dreihundert und siebzig oder achtzig Tage sein.«

Mir kam eine große Erleuchtung. Wie töricht war ich gewesen! Es bereitete mir Mühe, mir meine große Freude nicht anmerken zu lassen. Warum hatte ich nur den gewaltigen Unterschied in der Länge der Mars- und Erdenjahre vergessen! Die zehn Erdenjahre, die ich auf Barsoom verbracht hatte, entsprachen nur fünf Jahren und sechsundneunzig Tagen der Marszeit, deren Tage einundvierzig Minuten länger sind als unsere und deren Jahre sechshundertundsiebenundachtzig Tage umfassen.