Выбрать главу

Ich glaube, wir alle wußten, daß das Verhältnis dieser zwei Rassen für immer vom Ausgang dieses Kampfes abhing. Es war eine Auseinandersetzung zwischen dem Alten und dem Neuen, doch ich zweifelte nicht im geringsten am Endergebnis. Mit Carthoris an meiner Seite stritt ich für die roten Menschen von Barsoom und für ihre völlige Befreiung aus dem Würgegriff ihres gräßlichen Aberglaubens.

Wir wogten kämpfend im Raum hin und her und versanken schließlich knöcheltief im Blut. Die Toten lagen so dicht, daß wir während des Gefechts die halbe Zeit auf ihnen standen. Als wir zu den großen Fenstern drängten, die auf die Gärten von Issus blickten, bot sich mir ein Anblick, daß mich eine Woge der Glückseligkeit durchlief.

»Schaut hin!« sagte ich. »Männer der Erstgeborenen, schaut hin!«

Der Kampf hörte eine Weile auf, weil jeder in die Richtung blickte, in die ich wies. Kein Mann der Erstgeborenen hätte sich träumen lassen, jemals zu sehen, was sich dort abspielte.

Quer durch die Gärten zog sich von einer Seite zur anderen eine wankende Linie schwarzer Krieger, während hinter ihnen eine gewaltige Horde grüner Krieger auf ihren mächtigen Thoats sie zurückdrängten. Während wir noch zuschauten, ritt einer von ihnen, der noch grimmiger und furchteinflößender blickte als seine Kampfgenossen, von weiter hinten nach vorn und rief seiner grauenerregenden Legion einen wilden Befehl zu.

Das war Tars Tarkas, Jeddak von Thark, und als er seine riesige, vierzig Fuß lange, eisenbeschlagene Lanze einlegte, sahen wir seine Krieger dasselbe tun. Nun erkannten wir, was er befohlen hatte. Zwanzig Yards trennten jetzt die grünen Männer von der schwarzen Linie. Auf ein weiteres Wort des großen Thark griffen die grünen Krieger mit einem wilden, grauenerregenden Schlachtruf an. Die schwarze Linie hielt einen Augenblick stand, doch nur kurz – dann preschten die schaudererregenden Tiere mit ihren gleichermaßen fürchterlichen Reitern durch sie hindurch.

Ihnen folgte ein Utan der roten Männer hinter dem anderen. Die grüne Horde zerbrach und umringte den Tempel. Die roten Männer stürmten ins Innere, und nun wandten wir uns um, um den unterbrochenen Kampf fortzusetzen, doch unsere Feinde waren verschwunden.

Mein nächster Gedanke galt Dejah Thoris. Ich rief Carthoris zu, ich hätte seine Mutter gefunden, und machte mich eilends auf den Weg zu dem Gemach, wo ich sie verlassen hatte, wobei mein Junge mir dichtauf folgte. Hinter uns kam die kleine Streitmacht, die die blutige Auseinandersetzung überlebt hatte.

Als ich den Raum betrat, erkannte ich sofort, daß jemand hier gewesen war, seit ich ihn verlassen hatte. Ein Seidentuch lag auf dem Fußboden. Vorher war es nicht dort gewesen. Auch lagen ringsum ein Dolch und mehrere Stücke Metallschmuck verstreut, als habe jemand sie dem Träger im Kampf abgerissen. Das Schlimmste war jedoch, daß die Tür zu den Gruben, wo ich meine Prinzessin verborgen hatte, offen stand.

Mit einem Satz war ich dort. Ich stieß sie weiter auf und stürmte hinein. Dejah Thoris war verschwunden. Ich rief immer wieder laut ihren Namen, erhielt jedoch keine Antwort. Ich glaube, in dem Moment stand ich am Rande des Wahnsinns. Zwar erinnere ich mich nicht, was ich sagte oder tat, doch ich weiß, daß mich einen Augenblick lang tollwütige Raserei erfaßte.

»Issus!« rief ich. »Issus! Wo ist Issus! Durchsucht den Tempel, doch niemand soll ihr ein Haar krümmen außer John Carter. Carthoris, wo befinden sich die Gemächer von Issus?«

»Hier entlang«, sagte der Junge. Ohne sich zu überzeugen, daß ich ihn gehört hatte, stürmte er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit weiter ins Innere des Tempels. Wie schnell er auch lief, ich war dennoch neben ihm und drängte ihn zu noch größerem Tempo.

Schließlich gelangten wir an eine große, mit Schnitzwerk versehene Tür. Carthoris rannte einen Fuß vor mir hinein. Hier bot sich uns ein Anblick, wie ich ihn schon einmal im Tempel vor Augen gehabt hatte – der Thron von Issus mit den halb liegenden Sklaven, und ringsherum die Reihen der Soldaten.

Wir gaben den Männern nicht einmal eine Chance, das Schwert zu ziehen, so schnell fielen wir über sie her. Mit einem einzigen Hieb streckte ich zwei in der vordersten Reihe zu Boden. Dann stürmte ich durch das bloße Gewicht und den Schwung meines Körpers durch die restlichen zwei Reihen und sprang auf das Podest neben den geschnitzten Sorapusthron.

Die widerliche Kreatur, die angsterfüllt dort hockte, versuchte, mir zu entrinnen und durch die Falltür hinter ihr zu verschwinden. Diesmal fiel ich jedoch nicht auf diese List herein. Noch ehe sie sich halb erhoben hatte, packte ich sie beim Arm, und als ich sah, daß die Wache Anstalten machte, von allen Seiten über mich herzufallen, zückte ich den Dolch, hielt ihn dem Scheusal an die Brust und gebot ihnen, stehenzubleiben.

»Zurück!« sagte ich. »Zurück! Sobald einer von euch Schwarzen auch nur den Fuß auf diesen Podest setzt, fährt mein Dolch Issus ins Herz.«

Sie zögerten einen Augenblick. Dann rief ein Offizier sie zurück, während vom Korridor draußen, meiner kleinen Schar Überlebender auf den Fersen folgend, volle eintausend rote Männer unter Kantos Kan, Hor Vastus und Xodar in den Thronsaal stürmten.

»Wo ist Dejah Thoris?« fragte ich die Kreatur in meiner Hand.

Einen Augenblick rollten ihre Augen wild umher und erfaßten die Szene unter ihr. Ich glaube, es brauchte eine Weile, ehe sie die wirkliche Lage richtig erfaßte – zuerst konnte sie gar nicht wahrhaben, daß der Tempel unter dem Ansturm der Männer der Außenwelt gefallen war. Als sie dies erkannte, dämmerte ihr wohl auch die schreckliche Ahnung dessen, was dies für sie bedeutete – den Verlust der Macht, Demütigung und Bloßstellen ihres betrügerischen Verhaltens und des Schwindels, den sie so lange ihrem eigenen Volk gegenüber aufrechterhalten hatte.

Es bedurfte nur noch einer Sache, um die Realität des Bildes zu vollenden, das sie vor sich sah, und diese wurde durch den höchsten Edlen ihres Reiches – den Hohenpriester ihrer Religion, den Premierminister ihrer Regierung geliefert.

»Issus, Göttin des Todes und des Ewigen Lebens, erhebe dich in der Macht deines gerechten Zorns und streckte deine gotteslästerlichen Feinde mit einer einzigen Bewegung deiner allmächtigen Hand zu Boden!« sagte er. »Laß keinen entkommen, Issus, dein Volk verläßt sich auf dich! Tochter des Kleineren Mondes, nur du bist allmächtig.«

»Du als Einzige kannst dein Volk retten. Ich habe zu Ende gesprochen. Wir erwarten deinen Willen. Schlage zu!«

Da verfiel sie in Wahnsinn. Eine schreiende, geifernde Irre wand sich in meinem Griff. Sie biß und kratzte in ohnmächtiger Wut. Dann stieß sie ein unheimliches und grauenvolles Gelächter aus, daß einem das Blut in den Adern erstarrte. Die Sklavinnen auf dem Podest schrien auf und duckten sich. Die widerliche Kreatur sprang zu ihnen, knirschte mit den Zähnen und spie sie mit schaumbedeckten Lippen an. Mein Gott, was für ein entsetzlicher Anblick!

Schließlich schüttelte ich sie in der Hoffnung, sie für einen Augenblick zu klarem Denken zu bringen.

»Wo ist Dejah Thoris?« fragte ich abermals.

Das gräßliche Geschöpf murmelte undeutlich etwas vor sich hin, dann trat auf einmal ein tückischer Glanz in die häßlichen, engstehenden Augen.

»Dejah Thoris? Dejah Thoris?« Dann schlug uns wieder ihr schrilles, unnatürliches Lachen ins Ohr.

»Ja, Dejah Thoris – ich weiß. Und Thuvia, und Phaidor, Tochter des Matai Shang. Sie alle lieben John Carter. Haha! Das ist schon spaßig. Ein Jahr lang werden sie zusammen im Tempel der Sonne meditieren, doch noch ehe das Jahr vergangen ist, wird es keine Nahrung mehr für sie geben. Hoho! Welch göttliche Zerstreuung.« Damit leckte sie sich den Schaum von den grausamen Lippen. »Es wird keine Nahrung mehr geben – außer einander. Haha! Haha!«