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»Schlechte alte Straße«, warnte Mackeson.

»Biegen Sie ab!«

Das Fahrzeug schwenkte in die schmale Straße und verfehlte nur knapp einen knorrigen Eichenstamm, als es um die scharfe Kurve bog. »Ich hoffe, sie führt überhaupt irgendwohin.« Mackeson klang amüsiert. »Sonst stecken wir fest.«

Die Kutsche schwankte und holperte bedenklich, da die Straße nur aus tief ausgefahrenen Wagenspuren bestand, die getrocknet waren und sich verfestigt hatten, aber sie führte zwischen dichten Hecken und weiten Obstwiesen hindurch, und jedes Stück brachte sie weiter von der Straße nach London weg. Sandman ließ Mackeson nach einigen Minuten halten, stieg auf das Dach der Kutsche und spähte zurück, sah aber keine Reiter auf der Straße. Hatte seine Angst ihn übervorsichtig gemacht? Plötzlich schrie Meg, schrie ein zweites Mal durchdringend, und als Sandman vom Dach der Kutsche stieg, hörte er einen Schlag. Das Geschrei verstummte, und er sprang auf die Straße. Berrigan öffnete das Fenster, das nicht zerbrochen war. »Nur eine verdammte Wespe«, sagte er und schnippte das tote Insekt in die Hecke. »Nach dem Theater, das sie veranstaltet, sollte man meinen, es wäre ein Krokodil.«

»Ich dachte schon, sie wollte Sie umbringen«, sagte Sandman. Er wollte gerade wieder auf den Kutschbock steigen, als Berrigan ihn zurückhielt. Er blieb stehen, lauschte und hörte Hufschläge.

Das Geräusch zog vorbei. Die Reiter waren auf der Hauptstraße geblieben und nicht in die schmale Straße eingebogen. Sandman tastete nach der Pistole, die in seinem Gürtel steckte, und erinnerte sich an einen Tag in den Pyrenäen, wo ihn und seinen kleinen Spähtrupp eine Schar Dragoner verfolgt hatte. Drei Männer hatte er an jenem Tag verloren, alle gefallen durch französische Degen, und er war nur entkommen, weil er zufällig einen Offizier der Grünröcke mit einem Dutzend Männern getroffen hatte, die die Reiter mit ihren Gewehren vertrieben hatten. Heute bestand keine Chance, auf einen befreundeten Offizier zu treffen. Würden die Reiter sie hier suchen? Die Hufschläge verklangen, aber Sandman zögerte, die Kutsche weiterfahren zu lassen, da das Fahrzeug sehr laut war. Allerdings vermutete er, dass Megs Schrei noch lauter gewesen sein dürfte, aber die Verfolger nicht angelockt hatte. Also schwang er sich auf den Kutschbock und nickte Mackeson zu. »Fahren Sie ganz vorsichtig weiter.«

»Was anderes geht hier sowieso nicht«, sagte Mackeson mit einer Kopfbewegung nach vorn, wo die Straße eine scharfe Linkskurve machte. »Ich muss ganz an den Rand fahren, Captain, es ist eine scharfe Kehre.«

»Fahren Sie langsam.« Sandman stand auf und schaute nach hinten, aber es waren keine Reiter in Sicht.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mackeson.

»Irgendwo da vorn muss es einen Bauernhof geben«, sagte Sandman, »und wenn gar nichts mehr geht, spannen wir die Pferde aus, wenden die Kutsche von Hand und spannen wieder an.«

»Sie ist nicht für so schlechte Straßen gebaut«, sagte Mackeson vorwurfsvoll, aber er schnalzte mit der Zunge und ruckte fast unmerklich an den Zügeln. Die Straße war schmal und die Kurve überaus eng, aber die Pferde nahmen sie ganz langsam. Die Kutsche schwankte, als die Räder auf den Randstreifen rollten. Die Pferde spürten den Widerstand und ließen in ihrer Zugkraft nach, aber Mackeson knallte mit der Peitsche über ihren Köpfen und zuckte erneut mit den Zügeln. In diesem Augenblick rutschte das linke Vorderrad eine Böschung hinunter, die von Gras und Ampferblättern verdeckt war, die ganze Kutsche neigte sich zur Seite, Mackeson wedelte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, und Sandman klammerte sich am Dachgeländer fest. Die Pferde wieherten, Meg schrie erschrocken auf, die Speichen des Rades, das nun die ganze Last der Kutsche in dem versteckten Graben allein abfangen musste, brachen eine nach der anderen, bis unweigerlich auch die Felge nachgab und die Kutsche mit einem harten Ruck aufsetzte. Mackeson war es irgendwie gelungen, auf dem Kutschbock zu bleiben. »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass sie nicht fürs Land taugt«, sagte er vorwurfsvoll, »das ist ein Fahrzeug für die Stadt.«

»Jetzt ist es überhaupt kein Fahrzeug mehr«, knurrte Berrigan. Er war aus dem schräg geneigten Fahrgastabteil geklettert und half den beiden Frauen auf die Straße.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mackeson Sandman.

Sandman balancierte auf dem Dach der Kutsche, beobachtete die Straße dahinter und lauschte. Der Radbruch war mit erheblichem Lärm vonstatten gegangen, und die Kutsche hatte laut auf der Böschung aufgesetzt, nun meinte er wieder Hufschläge zu hören.

Er zog die Pistole. »Still! Alle!«

Er war sicher, dass er Hufe hörte und dass sie näher kamen. Er spannte die Waffe, sprang auf die Straße und wartete.

Reverend Horace Cotton, der Gefängnispriester von Newgate, kauerte mit geschlossenen Augen auf seiner Kanzel und wirkte, als sammele er alle körperlichen und geistigen Kräfte für eine höchste Anstrengung. Er atmete tief durch, ballte die Fäuste und stieß einen angsterfüllten Schrei aus, der von den hohen Deckenbalken der Newgate-Kapelle widerhallte. »Feuer!«, heulte er. »Feuer, Schmerzen, Flammen und Qualen! All die bestialischen Foltern des Teufels erwarten euch. Ewiges Feuer, unvorstellbare Schmerzen, unaufhörliches Heulen und Zähneknirschen, und wenn das Leid schier unerträglich erscheint, wenn es scheint, als könne keine Menschenseele, nicht einmal eine so verdorbene wie die eure, solche Pein auch nur einen Augenblick länger ertragen, dann werdet ihr merken, dass dies erst der Anfang ist!« Er ließ die Worte nachklingen und senkte die Stimme zu einem Ton nachsichtiger Vernunft, kaum mehr als ein Flüstern. »Das ist erst der Anfang eurer Qual. Es ist erst der Anfang eurer Strafe, die euch die ganze Ewigkeit hindurch peinigen wird. Selbst wenn die Sterne vergehen und neue Firmamente entstehen, werdet ihr im Höllenfeuer schreien, das euer Fleisch martert, als würde es mit Haken zerrissen und mit Brandeisen versengt.« Er beugte sich über die Kanzelbrüstung und starrte mit großen Augen auf die schwarze Bank, auf der die beiden zum Tode Verurteilten neben dem schwarz lackierten Sarg saßen. »Ihr werdet ein Spielball der Dämonen sein«, prophezeite er ihnen, »gerüttelt, geschlagen, verbrannt, und zerrissen. Es wird eine Pein ohne Ende. Eine Qual ohne Unterlass. Eine Folter ohne Erbarmen.«

Durch die Stille in der Kapelle hallte das Hämmern der Arbeiter, die jenseits der hohen Fenster das Galgengerüst aufbauten, und Charles Cordays Schluchzen. Reverend Cotton richtete sich erfreut auf, weil es ihm gelungen war, einen der Übeltäter zu brechen. Er ließ den Blick über die Kirchenbänke schweifen, in denen andere Gefangene saßen, die teils ebenfalls die schwarze Bank erwartete, teils aber auch die Deportation nach Australien und in die Vergessenheit. Er schaute hinauf zu der Empore für die Öffentlichkeit, die wie stets am Tag vor einer Hinrichtung voll besetzt war. Die Gläubigen auf der Empore bezahlten für das Privileg, die zum Tode Verurteilten bei ihrem letzten Seelenamt zu sehen. Es war heiß an diesem Tag, und einige Frauen auf der Empore hatten sich vorher mit Fächern Kühlung verschafft, aber nun flatterte kein bemalter Karton mehr. Alle waren still, reglos, wie gebannt von den Grauen erregenden Worten, die der Ordinarius wie ein verhängnisvolles Spinnennetz über den Köpfen der beiden Todgeweihten spann.

»Nicht ich prophezeie euch dieses Schicksal«, mahnte Reverend Cotton, »nicht ich sehe die Qualen eurer Seelen voraus, sondern Gott! Gott hat euch dieses Schicksal prophezeit! Bis in alle Ewigkeit werdet ihr vor Schmerz heulen, wenn die Heiligen sich am Ufer des kristallenen Flusses sammeln, um Gott zu preisen.« Charles Corday schluchzte mit gesenktem Kopf und zuckenden Schultern. Seine Fußeisen, die mit einem Eisenring um seine Taille verbunden waren, klirrten leise bei jedem Schluchzer. Der Gefängnisverwalter, der in seiner eigenen Familienbank hinter der schwarzen Bank saß, runzelte die Stirn. Er war sich nicht sicher, ob diese berüchtigten Predigten sonderlich dazu beitrugen, die Gefängnisordnung zu erhalten, denn sie jagten Männern und Frauen Angst und Schrecken ein oder forderten sie zu gottlosem Trotz heraus. Der Verwalter hätte einen stillen, würdigen Gottesdienst mit gedämpft gemurmelten Gebeten vorgezogen, aber London erwartete vom Ordinarius des Gefängnisses eine eindrucksvolle Vorstellung, und Cotton verstand es, diesen Erwartungen gerecht zu werden.