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Die übrigen drei Pferde waren so erschöpft, dass Sandman vermutete, sie wären schneller vorangekommen, wenn sie die Tiere zurückgelassen hätten, aber da Meg sich bereit gefunden hatte, zumindest einen Teil der Wahrheit zu sagen, wollte er sie nicht durch den Vorschlag ärgern, zu Fuß zu gehen. Außerdem jammerte sie schon wieder, die Füchse würden ihre Hühner fressen, hörte aber auf zu klagen, als Sally zu singen begann. Als Erstes stimmte sie ein Lieblingslied aller Soldaten an, Der Tambourmajor, eine Ballade über ein Mädchen, das seinen Rotrock so sehr liebt, dass es ihm, als Tambourmajor verkleidet, in sein Regiment folgt und erst enttarnt wird, als es in einem Fluss badet und beinah von einem anderen Soldaten vergewaltigt wird. Nachdem sie ihm entkommt, finden die Offiziere heraus, wer sie in Wirklichkeit ist, und bestehen darauf, dass sie ihren Geliebten heiratet. »Ich mag Geschichten, die gut ausgehen«, sagte Berrigan lachend, als Sally ihr zweites Lied anstimmte, ebenfalls ein Lieblingslied der Soldaten, allerdings über ein Mädchen, das nicht entkommt. Sandman war zwar ein bisschen entsetzt, aber keineswegs verwundert, dass Sally den gesamten Text kannte. Berrigan sang mit, und sogar Meg lachte an der Stelle des Liedes, an der ein Oberst an die Reihe kommt und versagt. Sally sang immer noch, als eine Straßenpatrouille hinter einem hohlen Baumstamm am Straßenrand vorpreschte.

Die berittene Patrouille hatte den nicht ganz unbegründeten Verdacht, dass die vier zerlumpten Reisenden die drei Kutschpferde gestohlen hatten, und trat ihnen mit vorgehaltener Pistole entgegen. Der Pistolenlauf und die Messingknöpfe seines blauen Uniformrocks und der roten Weste glänzten im Mondschein. »Halt! Im Namen des Königs«, sagte er, um nicht mit einem Straßenräuber verwechselt zu werden. »Wer seid ihr? Wohin geht ihr?«

»Name?«, herrschte Sandman den Mann an. »Name, Dienstgrad? In welchem Regiment haben Sie gedient?« Die Rotwämse hatten alle in der Kavallerie gedient. Da man annahm, dass junge Männer leichter in Versuchung geraten könnten, stellte man nur gesetzte, ältere und gut beleumundete Kavalleristen ein, um die königlichen Landstraßen von Straßenräubern frei zu halten.

»Ich stelle hier die Fragen«, erwiderte der Rotwams, allerdings zögernd, weil in Sandmans Ton eine unverkennbare Autorität lag. Sandman mochte staubige, zerknitterte Kleider tragen, aber dass er ein ehemaliger Offizier war, merkte man ihm an.

»Stecken Sie die Waffe weg, Mann, sofort!«, befahl Sandman bewusst in einem Ton, als sei er immer noch in der Armee. »Ich bin in offizieller Mission unterwegs, im Auftrag des Innenministers, Viscount Sidmouth. Dieses Schreiben trägt sein Siegel und seine Unterschrift, und wenn Sie nicht lesen können, sollten Sie uns besser sofort zu Ihrem Magistrat bringen.«

Der Rotwams senkte vorsichtig den Pistolenlauf und schob die Waffe in die Satteltasche. »Haben Sie Ihre Kutsche verloren, Sir?«

»Dreißig Meilen von hier ist uns ein Rad gebrochen«, sagte Sandman. »So, lesen Sie jetzt den Brief oder bringen Sie uns lieber zum Magistrat?«

»Ich bin sicher, dass alles in Ordnung ist, Sir.« Der Rotwams wollte nicht zugeben, dass er nicht lesen konnte, und auf keinen Fall wollte er seinen Vorgesetzten stören, der inzwischen sicher bei einem üppigen Abendessen saß, daher gab er einfach den Weg frei und ließ Sandman und seine drei Gefährten passieren. Sandman nahm an, dass er darauf hätte bestehen können, zum Magistrat gebracht zu werden und sich eine andere Kutsche oder zumindest vier frische, gesattelte Pferde geben zu lassen, aber das hätte Zeit gekostet, viel Zeit, und es hätte vermutlich Megs heikle Gemütsruhe gestört. So gingen sie also weiter, erreichten weit nach Mitternacht die London Bridge und von dort das Wheatsheaf, wo Sally Meg mit in ihr Zimmer nahm und Sandman Berrigan seine Kammer überließ, während er sich im Hinterzimmer nicht auf einen der großen Sessel, sondern auf den Holzboden legte, damit er in der Nacht mehrfach wach würde. Als die Glocken von St. Giles um sechs Uhr morgens läuteten, schleppte er sich die Treppe hinauf, weckte Berrigan und wies ihn an, die Mädchen aus dem Bett zu holen. Er rasierte sich, suchte sein sauberstes Hemd heraus und bürstete den Schmutz von seinen zerfallenden Stiefeln, bevor er sich um halb sieben mit Berrigan, Sally und einer äußerst widerstrebenden Meg auf den Weg in die Great George Street machte, wo er seine Untersuchung abzuschließen hoffte.

Lord Alexander Pleydell und sein Freund, Lord Christopher Carne, mussten würgen, als sie den Presshof betraten, so grauenhaft war der Gestank, schlimmer als die üblen Dünste der Abwässer, die aus dem Fleet Ditch in die Themse rannen. Der Wärter, der sie begleitete, kicherte: »Ich merke den Geruch gar nicht mehr, Mylords, aber ich schätze, auf seine Art ist er verteufelt schlimm, verteufelt schlimm. Passen Sie auf die Stufen auf, Mylords, Vorsicht.«

Behutsam ließ Lord Alexander das Taschentuch sinken. »Woher kommt der Name Presshof?«

»Früher hat man hier die Gefangenen ausgepresst, Mylord. Zerquetscht, Mylord. Mit Steinen beschwert, Mylord, um sie dazu zu bringen, die Wahrheit zu sagen. Das machen wir heute nicht mehr, Mylord, leider, darum lügen sie auch wie die indischen Teppichhändler.«

»Sie wurden zu Tode gequetscht?«, fragte Lord Alexander entsetzt.

»Nein, nein, Mylord, nicht bis sie tot waren. Nicht bis sie tot waren, wenn nicht gerade was schief gegangen ist und sie zu viele Steine draufgepackt haben!« Er kicherte amüsiert über diese Vorstellung. »Nein, Mylord, sie wurden nur ausgepresst, bis sie die Wahrheit gesagt haben. Das kann einen Mann oder eine Frau schon überreden, die Wahrheit zu sagen, Mylord, wenn sie eine halbe Tonne Steine auf der Brust haben!« Der Wärter kicherte wieder. Er war ein dicker Mann in Lederhose, fleckigem Rock und einem kräftigen Knüppel in der Hand. »Da kriegt man schwer Luft«, sagte er immer noch amüsiert, »sehr schwer Luft.«

Lord Christopher schauderte über den grauenhaften Gestank. »Gibt es hier keine Kanalisation?«, fragte er gereizt.

»Das Gefängnis ist ganz modern, Mylord«, beeilte der Wärter sich zu versichern, »ganz modern, wirklich, mit richtiger Kanalisation und richtigen Klostühlen. Die Wahrheit ist, wir verwöhnen sie, Mylord, wirklich, wir verwöhnen sie, aber sie sind dreckige Viecher. Sie beschmutzen ihr eigenes Nest, das wir ihnen sauber und ordentlich geben.« Er legte den Knüppel aus der Hand und verschloss und verriegelte das Tor, durch das sie auf den langen, schmalen Hof gelangt waren. Selbst an diesem trockenen Tag wirkten die Pflastersteine feucht, als seien Elend und Ängste über Jahrhunderte hinweg in den Granit gesickert und ließen sich nicht mehr herauswringen.

»Wozu wird der Hof genutzt, wenn Sie die Gefangenen nicht mehr auspressen?«, erkundigte sich Lord Alexander.

»Die zum Tode Verurteilten können sich über Tag frei im Presshof bewegen, Sir«, erklärte der Wärter. »Das ist ein Beispiel, Mylords, wie gut wir sie behandeln. Wir verwöhnen sie, wahrhaftig. Es gab mal eine Zeit, da war ein Gefängnis noch ein Gefängnis, keine Schänke.«

»Sie verkaufen hier alkoholische Getränke?«, fragte Lord Alexander scharf.

»Nicht mehr, Mylord. Mister Brown, der Gefängnisverwalter, hat den Grogausschank geschlossen, weil der Abschaum besoffen und liederlich wurde, Mylord, aber viel hat sich nicht geändert, weil sie sich das Zeug jetzt aus dem Lamb oder dem Magpie and Stump bringen lassen.« Er lauschte auf eine Kirchenglocke, die die Viertelstunde schlug. »Meine Güte! Auf der Grabeskirche schlägt es schon Viertel vor sieben! Wenn Sie nach links gehen, Mylords, treffen Sie Mister Brown und die anderen Herren im Aufenthaltsraum.«

»Aufenthaltsraum?«, fragte Lord Alexander.

»Wo die Verurteilten sich über Tag aufhalten, Mylord«, erklärte der Wärter, »außer an Feiertagen und hohen Festtagen wie heute, und hinter den Fenstern da links sind die Salzkisten, Mylords.«