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»Chloralhydrat.«

»Ein überstarker Mickey Finn? Tja, das dürfte ihn allerdings erledigt haben.« Der Coroner zerrte an seinem Kragen und zupfte an seiner zerknautschten Krawatte. »Es ist fürchterlich heiß hier drin. Können wir nicht ein bißchen Luft machen?«

»Hinten gibt es eine Klimaanlage. Ich hab’ sie gerade angestellt.«

»So. Na, ich mache jetzt Schluß hier, und dann gehe ich, Leutnant. Sonst noch jemand in dieser Familie?«

»Nein, war nur das Ehepaar. Warum?«

»Ich möchte gerne nach Hause und in Ruhe fertig essen.«

Masters ging ins Vorzimmer und suchte den Lichtschalter. Der Raum war klein; er enthielt nicht mehr als den Schreibtisch der Sekretärin, ein paar Stühle und ein niedriges Tischchen, auf dem Magazine lagen. In das Oberlicht der Vordertür war eine weitere Klimaanlage eingebaut, kleiner als die hinten. Wie kam man denn bloß hinauf, um sie anzuschalten? Doch gleich stellte er fest, daß das nicht nötig war. Der Apparat war dauernd eingeschaltet und wurde mittels eines Schalters weiter unten bedient.

Masters machte das Licht aus und kehrte ins Büro zurück, wo der Coroner gerade telefonierte. »Bestelle noch schnell die Ambulanz«, sagte er mürrisch und nickte hinüber zum Schreibtisch, wo ein Häufchen von Gegenständen aus den Taschen des Toten lag.

Masters musterte sie nur kurz. Kleingeld, Taschentuch, Brieftasche, Taschenkamm, Schlüsseletui, die Uhr von Connors rechtem Handgelenk. In der Brieftasche waren zweiundzwanzig Dollar, zwei Zehndollarscheine und zwei Einer, außerdem Führerschein, ein paar Kreditkarten und sonstige belanglose Kleinigkeiten. Im Schlüsseletui waren fünf Schlüssel. Masters runzelte die Stirn, als er sie betrachtete; dann steckte er das Etui ein. Der Coroner, der bis jetzt ins Telefon hineingeblafft hatte, legte auf.

»Sie kommen«, sagte er. »Und ich gehe. Hier ist der Überführungsschein. Und jetzt lassen Sie mich eine Weile in Ruhe, wenn ich bitten darf. Ja?«

Masters sagte, mit Vergnügen, und lauschte auf das Schnappen der Tür, als der Coroner die Hintertür ins Schloß zog. Endlich allein, warf er sich wieder in den Drehstuhl.

Er hatte kaum die Füße auf den Schreibtisch gelegt, als er von einem Lärm aufgeschreckt wurde, wie ihn nur ein Polizeibeamter vollführt, der draußen ist und eingelassen werden will. Seufzend stemmte sich Masters aus dem Schreibtischsessel hoch und ging zur Hintertür.

8

»Weißt du«, sagte Nancy, »ich finde, er sieht zwar so aus und benimmt sich auch so, aber ich habe festgestellt, daß er durchaus nicht so spricht. Meiner Meinung nach ist er auch keiner.«

Sie lag im Dunkeln neben David. Ihre Worte klangen, als mache sie große, runde Augen. David hatte tief und ruhig geatmet, doch er schlief keineswegs. Schweigend mühte er sich, Nancys Gedankengängen zu folgen. Vergebens, wie er zugeben mußte.

»Wer?« fragte er.

»Leutnant Masters. Ich muß immerzu an ihn denken.«

»Was ist er nicht?«

»Ein Clown. Ein Einfaltspinsel. Ich glaube, er wirkt nur so, weil er eine so komische Nase hat und weil seine Hose so hängt.«

»Was willst du eigentlich? Er ist Leutnant der Kriminalpolizei, und das heißt, daß er durchaus fähig ist, Spuren auszuwerten, logische Folgerungen zu ziehen und ähnliches. Es ist also nur fair anzunehmen, daß er kein ausgemachter Idiot ist.«

»Aber er ist gerissen, das mußt du doch zugeben. Hattest du nicht den Eindruck, daß er ganz und gar nicht davon überzeugt ist, daß Larry Lila umgebracht hat? Trotz allem?«

»Nein, den hatte ich nicht. Ich hatte den Eindruck, daß er nur auf Beweise wartete, die diesen Schluß zuließen, und die wird er bekommen, sobald er Larry findet.«

»Glaubst du wirklich? Na ja, vielleicht hast du recht. Der Fall scheint tatsächlich klar zu liegen. Ich glaube, ich wünsche nur, daß Larry nicht der Täter war.«

»Natürlich. Der arme Larry. Er muß furchtbar gereizt worden sein, um so etwas zu tun. Ich wünschte nur, ich hätte mehr Verständnis für ihn gehabt. Dann hätte ich ihm vielleicht helfen können.«

»Dann glaubst du also wirklich, daß es stimmt? Ich meine, was Larry mir gestern abend erzählt hat.«

»Muß es wohl. Ein Mann wie Larry schnappt nicht von selbst über.«

Diese Bemerkung klang logisch, und Nancy schwieg, während David von neuem tief und regelmäßig zu atmen begann. Sie jedoch war so tief unglücklich über so viele verschiedene Dinge, daß sie glaubte, niemals mehr schlafen zu können.

»Nach allem, was an Tatsachen bekannt ist«, meinte sie, »könnte ebensogut ich sie umgebracht haben.«

Neben sich spürte sie eine hastige Bewegung. David war hochgefahren und saß senkrecht im Bett.

»Was? Um Gottes willen, was sagst du da?«

»Ich sagte, ebensogut könnte ich sie umgebracht haben, nach allem, was an Tatsachen bekannt ist.«

»Dann habe ich doch recht gehört. Aber warum mußt du so etwas sagen?«

»Weil es doch möglich ist.«

»Es ist einfach idiotisch.«

»Es ist durchaus möglich. Ich war doch draußen, während du geschlafen hast, und habe gesehen, wie Larry weggefahren ist. Da hätte ich doch gut hingehen und Lila umbringen können. Oder ich hätte es tun können, nachdem ich mit Stanley auf der Straße gesprochen hatte.«

»Ja natürlich«, höhnte David. »Du hattest ja auch einen triftigen Grund, nicht wahr? Hatte Lila vielleicht beim Bridge geschummelt?«

»Ich kann nicht Bridge spielen, das weißt du doch.«

»Dann hör auf mit deinen Phantasien und schlaf ein.«

»Vielleicht war ich in Larry verliebt und haßte Lila, weil sie ihn so schlecht behandelte.«

»Ja, ja! Und ich habe niemals Verdacht geschöpft. Hör zu, Kleopatra, du könntest noch nicht mal an Ehebruch denken, ohne daß ich Wind davon kriege.«

Ach nein! dachte Nancy. »Na ja. Jedenfalls, die Gelegenheit hatte ich, und ich wette, daß Leutnant Masters da einhakt. Der wird den Gedanken nicht so glatt von der Hand weisen.«

»Verdammt noch mal, ich liebe dich!« schrie David. »Du bist meine Frau!«

»Na, na, David! Das hat doch nichts damit zu tun.«

Doch David schwieg verstockt; Nancy wußte genau, er zählte bis zehn. »Wie lange hast du unten auf der Straße mit Stanley gesprochen?«

»Ach, ich weiß nicht genau. Eine ganze Weile. Wir haben geraucht und uns was erzählt.«

»Merkst du, worauf ich hinauswill? Ich habe gar nicht geschlafen. Während du mit Stanley unten auf der Straße warst, bin ich ‘rübergeschlichen und habe Lila umgebracht. Ich habe höchstens ein paar Minuten dazu gebraucht.«

»Aber du wußtest doch gar nicht, daß Larry weg war.«

»Ich habe vom Fenster aus gesehen, wie er wegfuhr.«

»Hast du nicht! David Ho well, du hast geschnarcht wie sieben Holzfäller! Fang doch nicht an, Märchen zu erzählen.«

»Es ist sinnlos«, sagte David düster. »Morgen lege ich ein volles Geständnis ab.«

Nancy legte sich hin und rollte auf die Seite. Sie wollte nichts mehr hören. Befriedigt schlief David ein.

»Ich glaube, ich gehe zu Bett«, sagte Dr. Jack Richmond.

»Komm, wir trinken erst noch einen Schluck«, sagte seine Frau. »Ich möchte etwas mit dir besprechen.«

»Besprechen? Hältst du das für klug, Vera?«

»Vermutlich ist es nutzlos, aber ich möchte wenigstens den Versuch machen. Es hängt alles davon ab, wie ehrlich du sein willst.«

»Na, schön. Aber ich glaube, du machst einen Fehler.«

»Ich möchte bitte Bourbon mit Wasser.«

Er ging hinaus und kam mit zwei Highballs zurück. Einen davon reichte er Vera, den anderen nahm er mit zu dem Sessel, in dem er gesessen hatte.

»Hat Larry Lila umgebracht?« fragte Vera.

»Sieht wohl so aus, nicht?«

»Wo, glaubst du, befindet sich Larry?«