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In der Zwischenzeit hatte sich in den Gärten einiges getan. Jack Richmond war mit einer Hacke nach draußen gekommen und hatte die Erde rund um die Rosenbüsche zu lockern begonnen; David, der kurz darauf in seinem Garten auftauchte, sah Jack drüben schuften und beschloß, ihn dabei zu beaufsichtigen. Doch Jack schien nicht allzu interessiert an den Rosenstöcken, eine Tatsache, die sich dadurch zeigte, daß er bei Davids Erscheinen sofort die Hacke fallen ließ und ein kühles Bier auf der Terrasse vorschlug. Der Form halber brachte David einen schwachen Protest hervor. Dann verschwand Jack im Haus, kam kurz darauf mit dem Bier zurück, und da saßen sie nun, gemütlich in die Gartenstühle gelehnt, als Nancy herauskam, um nach ihrer großen Hilfe Ausschau zu halten.

Da sie ihn vor der Tür gewähnt hatte, war sie leicht verärgert, ihn dort nicht zu finden. Sie hatte in der heißen Küche Geschirr gespült, und ihr schien es nur recht und billig, daß ihr Mann, wenn er ihr schon nicht helfen wollte, doch wenigstens im eigenen Garten blieb, bis die Arbeit getan war. Er jedoch saß gemütlich auf der Terrasse der Richmonds und kippte sein Bier, als sei er ein Angehöriger der privilegierten Klasse.

Nancy fand, was gut genug war für ihn, war ganz gewiß auch nicht zu gut für sie. Mit freundlichem Lächeln marschierte sie hinüber und wurde eiligst eingeladen, den beiden Gesellschaft zu leisten, eine überflüssige Geste, da sie ja schon da war. Und als Jack ein Bier für sie holen ging, kam auch Vera zu ihnen heraus.

In schweigender Übereinkunft vermieden sie jede Anspielung auf die Connors, deren Nachlaß von verschiedenen entfernten Verwandten beansprucht worden war, doch es war schwierig, ein anderes Thema zu finden, da aller Gedanken stets nur um das eine kreisten.

Jade und Vera, fand Nancy, sahen hohläugig und überanstrengt aus. Das war ungewöhnlich, besonders bei Vera, die sich normalerweise mit jeder Situation leicht abfinden konnte.

Das stille Haus nebenan warf Schatten und Kälte über Rasen, Hecke und Terrasse, und sehr zu ihrem Verdruß ertappte sich Nancy immer wieder dabei, daß sie sich umdrehte und ängstlich hinübersah, als werde es ihr gleich ins Gesicht springen. Und daher bemerkte sie es auch auf einmal und stieß einen Schrei aus.

»Da!« rief sie. »Da ist Licht in Lilas Zimmer!«

»Ja«, sagte Vera. »Vor ein paar Minuten ist es angegangen.«

»Aber wer in aller Welt kann zu dieser Tageszeit dort oben sein?« fragte David. »Und was in aller Welt macht er da?«

»Augenblick!« Jack sprang auf und ging ums Haus herum. Als er zurückkam, sagte er: »Vor dem Haus steht ein Polizeiauto. Das muß dieser Schnüffler sein, Leutnant Masters.«

Er setzte sich wieder, nahm seine Dose Bier und lehnte sich mit einem tiefen Seufzer zurück. Man hatte den Eindruck, als spüre er, daß irgend etwas dem Ende zuging, und daß dieses Gefühl ihn erleichterte.

»Was er wohl tut, da oben?« sagte Nancy nachdenklich. »Ob er wieder nach dem Schlüssel sucht?«

»Nach welchem Schlüssel?« fragte Jack.

»Dem Schlüssel zur Hintertür. Er glaubt, daß Larry einen in seinem Schlüsseletui hatte, und daß er verschwunden ist. Habe ich euch das nicht erzählt?«

»Nein.«

»Na ja, er glaubt, daß der Mörder ihn an sich nahm, nachdem er Larry umgebracht hat, um damit ins Haus zu kommen und Lila zu erstechen.«

»Aber Larry hat doch Selbstmord begangen«, sagte Vera. »Ganz gleich, was für absurde Theorien die Polizei sich ausdenkt, daran ist doch nicht zu zweifeln. Falls Lila wirklich von jemand anders getötet worden ist, hat Larry eben zufällig zur gleichen Zeit Selbstmord begangen.«

»Das ist auch meine Meinung«, sagte David.

»Aber«, sagte Nancy, »nicht die Meinung von Leutnant Masters. Das hat er mir deutlich zu verstehen gegeben, als ich ihm neulich morgens von dem Licht erzählte – ich meine, daß es aus war, nachdem es noch brannte, als Larry schon weg war. Das war am selben Morgen, als ich ihm von Stanley erzählte, und daß Stanley Lila noch gesehen und mit ihr gesprochen hat, nachdem ich ihn im Gäßchen alleingelassen hatte.«

»Sag mal, kannst du eigentlich hexen?« fragte David. »Jedesmal, wenn du von Stanley sprichst, zauberst du ihn irgendwie herbei. Da kommt er mit Mae.«

»Ich glaube«, sagte Vera, »ich kann Mae heute abend nicht ertragen.«

Aber sie konnte es doch. Die Walters’ lehnten das angebotene Bier ab und nahmen förmlich Platz. Es war offensichtlieh, daß die eheliche Gemeinschaft sich in äußerst labilem Gleichgewicht befand. Stanley hatte sichtlich schwere Tage hinter sich und konnte auch kaum in näherer Zukunft auf Besserung hoffen.

»Wir haben auf unserer Hintertreppe gesessen«, sagte Stanley, »und da haben wir das Licht nebenan gesehen. Was ist denn da los?«

»Die Polizei«, sagte Jack nachdenklich. »Masters, nehme ich an. Er scheint etwas zu suchen.«

»Zu suchen? Was denn?«

»Das weiß ich nicht. Nancy glaubt, einen Schlüssel zur Hintertür. Vielleicht auch einen Beweis dafür, daß du in Lilas Schlafzimmer warst in der Nacht, als sie starb. Hast du Fingerabdrücke hinterlassen, Stanley?«

»Mein Gott, Jack! Sag doch so etwas nicht! Du weißt genau, daß ich nur an der Haustür war. Drinnen war ich überhaupt nicht.«

»So, weiß ich das? Woher denn? Weil du es behauptest?«

»Es ist die Wahrheit, das schwöre ich! Ich bin im Polizei-Präsidium gewesen und habe dem Leutnant genau erzählt, was sich abgespielt hat.«

»Du hast ziemlich lange damit gewartet, Freundchen. Masters läßt sich nicht so leicht an der Nase herumführen.«

Stanley war vorübergehend sprachlos.

»Alles, was ihm geschieht, geschieht ihm recht«, sagte Mae Walters verächtlich. »Er wußte, daß ich eine Schlaftablette genommen hatte, nur deshalb hat er den Mut gehabt, sich die halbe Nacht herumzutreiben und mit Weibern im Nachthemd zu reden – falls sie überhaupt eins anhatte.«

»Das haben wir doch schon zur Genüge durchgekaut«, stieß Slanley hastig hervor. »Willst du denn schon wieder davon anfangen…?«

»Vermutlich werden wir wieder davon anfangen müssen, ob du nun willst oder nicht«, sagte Mae. »Lila umbringen ist möglicherweise nicht das einzige, was du ihr angetan hast. Du hast oft genug bewiesen, daß du sofort deinen dicken Kopf verlorst, wenn sie den Büstenhalter fallen ließ.«

»Nun«, sagte Stanley bitter, »vergiß ja nicht, das Masters zu erzählen. Er wird sich sehr für die Meinung meiner eigenen Frau interessieren.«

»Nun hör schon auf, Mae«, sagte Jack. »Ich hab’ Stanley doch nur aufgezogen. Vielleicht war es auch Wunschdenken von mir. Dabei bin zweifellos ich derjenige, den Masters aufs Korn genommen hat.«

»Wieso glaubst du das?« fragte Nancy plötzlich.

»Ich glaube es nicht, Nancy, ich weiß es. Als die MordSelbstmordtheorie plötzlich ins Wanken geriet, wußte ich, daß es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis er auf mich stoßen würde. Er hat schon im Krankenhaus Fragen über mich gestellt. Und zweifellos auch anderswo.«

»Laß ihn fragen«, sagte David herzlich. »Du warst in jener Nacht im Krankenhaus, Jack, und kannst es beweisen.«

»Das kann ich eben nicht. Ich kann nicht beweisen, daß ich die ganze Zeit dort war. Und das ist noch nicht alles. Es gibt noch etwas, das er herausfinden wird, wenn er’s nicht schon weiß. Du solltest dich glücklich schätzen, daß du Stanley hast, Mae. Du hättest an mich geraten können.«

»Soweit ich mich erinnere, bist du aber mit mir verheiratet«, sagte Vera. »Und wenn ich Grund zur Beschwerde hatte, habe ich ihn stets nur zu dir geäußert.«

»Das hast du, mein Liebes, und dafür bin ich dir dankbar. Nun ja, was geschehen muß, geschieht. Alles, was Masters gegen mich in der Hand hat, sind Indizien. Er kann höchstens beweisen, daß ich den Mord hätte begehen können, nicht daß ich ihn begangen habe. Mit einem guten Rechtsanwalt müßte ich meine Haut retten können.«