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»Eine großartige Rekonstruktion, Leutnant«, sagte Dr. Richmond. »Lesen Sie viel Kriminalromane? Das Leben selber verlangt allerdings Beweise.«

»Das lassen Sie nur meine Sorge sein, Doktor«, sagte Masters lächelnd. »Und überdies ist es wirklich nicht nur reine Theorie. Ich kann zum Beispiel beweisen, daß die Klimaanlage in Larry Connors Büro angeschaltet und dann später abgeschaltet war. Der Nachtwächter hat die Anlage laufen hören, als er seine zweite Runde machte, und er wird das auch beschwören. Ich dagegen kann bezeugen, daß die Klimaanlage abgestellt war, als ich Connors Leiche fand. Der Hausbesitzer kann das bestätigen; er war dabei. Ergo: Der Mörder muß ins Büro zurückgekehrt sein, genau wie ich sagte.

Was nun die Waffe betrifft: Connor war ausschließlich Linkshänder, und allein diese Tatsache spricht ihn schon vom Verdacht des Mordes an seiner Frau frei. Der Mörder beging einen schweren Fehler, als er diese Tatsache beim Unterschieben von Connors Fingerabdrücken auf dem Brieföffner nicht in Betracht zog – selbst wenn man ihm die Nervenanspannung, die Eile, und so fort, zugute hält. Trotzdem – der Brieföffner stammt von Connors Büroschreibtisch; seine Sekretärin wird ihn identifizieren. Offensichtlich nahm also nicht Connor, sondern jemand anders den Brieföffner aus dem Büro mit ins Connorsche Haus, und da wir ihn als Mordwaffe in Lila Connors Brust fanden, ist es wohl ebenso offensichtlich, daß der Mörder ihn eben zu diesem Zweck mitgenommen hat.«

Jack Richmond betrachtete nachdenklich seine leere Bierdose. Dann sah er auf. »Donnerwetter, Leutnant, Sie haben da eine großartige Theorie aufgestellt. Doch leider deutet nichts darin speziell auf mich. Sie haben nicht einen direkten Beweis dafür, daß ich mit dem einen oder dem anderen Mord etwas zu tun habe. Alles, was Sie haben, sind Indizien.«

»Viele Verbrecher«, entgegnete Masters trocken, »sind schon mit dem Kopf in der Schlinge oder an einem ähnlich unerfreulichen Ort gelandet, nur weil Indizien gegen sie sprachen. Außerdem wäre da noch das Motiv.«

Jack Richmond wurde unruhig, und Masters schwieg. Er schwieg so lange, daß es den anderen schien, als folgten seine Gedanken urplötzlich einer ganz neuen Richtung.

»Möchten Sie, daß ich das Motiv näher erläutere, Dr. Richmond?« sagte er endlich.

»Sie sind wahrhaftig nicht untätig gewesen, Leutnant«, murmelte Jack. Er lachte rauh. »Na schön, ich war dumm genug, mich mit Lila einzulassen. Es war schon lange vor ihrem Tod vorbei. Erwarten Sie jetzt nicht, daß ich Ihnen Einzelheiten auftische; die kennen Sie vermutlich ebenso gut wie ich.«

»Ich hab’ so einiges erfahren«, nickte Masters. »Hören Sie, Doktor, wenn Sie dies lieber nicht in Gegenwart Ihrer Frau verhandeln wollen…«

»Lassen Sie sich durch meine Frau nicht stören, Leutnant. Sie weiß seit langem von mir und Lila, und zwar – und ich schätze mich glücklich, das sagen zu können – , weil ich es ihr erzählt habe, und nicht, weil sie uns erwischt hat. Warum also sollte ich Lila getötet haben? Wo bleibt da Ihr Motiv?«

Masters kniff die Augen zusammen. Er wandte sich an Vera Richmond. »Entspricht das der Wahrheit, Mrs. Richmond? Und bitte, sagen Sie nicht, daß es stimmt, wenn Ihr Mann gelogen hat. Das würde weder ihm noch Ihnen nützen, und könnte überdies, falls Sie es offiziell wiederholen, üble Folgen für Sie haben.«

»Jack hat es mir von sich aus erzählt«, sagte Vera unerschüttert. »Und ich beschloß, daran unsere Ehe nicht zerbrechen zu lassen, und zwar aus zwei Gründen: einmal, weil ich ihn liebe, und zweitens, weil ich weiß, daß er mich liebt – trotz gelegentlicher Seitensprünge. Ich fand es albern, wegen einer Schlampe, die ihm überhaupt nichts bedeutete, eine Ehe kaputtgehen zu lassen.«

»Dann sind Sie eine bemerkenswerte Frau, Mrs. Richmond. War es nicht schwer für Sie, Tür an Tür mit einer Frau zu wohnen, mit der Ihr Mann eingestandenermaßen geschlafen hat?«

Vera errötete, doch ihre Stimme blieb ruhig. »Ja, Leutnant, es war schwer. Besonders weil wir, um den Schein zu wahren, mit den Connors gesellschaftlich verkehren mußten. Aber was sollte ich tun? Auf und davon gehen? Jack drängen, umzuziehen? Das hätte Lila nur eine Genugtuung verschafft, die sie nicht verdiente. Und schließlich, wie man’s auch nimmt: ich hatte gewonnen, und sie verloren.«

»Eine überaus erfrischende Einstellung«, entgegnete Masters. »Aber mir klingt das ein bißchen zu übermenschlich. Ich bin noch immer der Ansicht, daß die Affäre mit Lila Connor Ihrem Mann das Mordmotiv lieferte.«

»Aber wieso?« fragte Vera. Es klang wie ein Protestschrei. »Er war doch fertig mit ihr. Ich wußte von allem…«

»War denn überhaupt je ein Mann ganz fertig mit Lila Connor«, fragte Masters absichtlich brutal, »ehe sie nicht mit ihm fertig war?«

Sein Ton, seine Worte schienen Lila auf einmal heraufzubeschwören; ihre Gegenwart war fast spürbar. Jack Richmond, der im Schatten saß, seufzte.

»Sie haben«, sagte er, »Lila anscheinend sehr gründlich studiert.«

»Jawohl, das habe ich, Doktor. Am Abend Ihrer Party machte Larry Connor, wie mir berichtet wurde, ein paar harte und überraschende Bemerkungen über seine Frau. Sie können doch nicht erwarten, daß ich so etwas ignoriere! Ich ließ sie nachprüfen, und sie stimmten. Lila hatte vor ihrer Ehe mit Connor in rascher Folge drei Ehemänner gehabt, und allen dreien hatte sie das Leben schwergemacht, wie auch Larry Connor. Sie scheint Männer gehaßt zu haben. Offensichtlich machte es ihr Spaß, Männer in sich verliebt zu machen, und sie dann unverhofft wieder fallen zu lassen. Das einzige, was sie nicht ertrug, war, selbst fallengelassen zu werden. Dann wurde sie wirklich gefährlich. Womit hat sie Ihnen denn gedroht, als Sie sich von ihr abkehrten, Doktor? Mit Skandal? Beruflichem Ruin? Was verlangte sie von Ihnen? Geld? Scheidung und Ehe mit ihr?«

»Ich hatte nicht genug Geld, um ihren Ansprüchen zu genügen, und ich hätte eher ein Ungeheuer geheiratet als Lila.«

»Dann geben Sie also zu, daß sie Ihnen gedroht hat!«

»Gar nichts gebe ich zu. Und was meinen Ruf und meine berufliche Karriere betrifft, so hätte ich, so wichtig sie mir auch sein mögen, doch keinen Mord begehen können, nur weil sie gefährdet waren.«

»Wirklich nicht? Haben Sie ihn denn nicht begangen?«

»Ich hätte ihn nicht begehen können, und ich habe ihn nicht begangen. Sie können mir nichts anhängen, Leutnant, geben Sie’s doch zu. Sie argumentieren auf Grund von Dingen, die ich hätte tun können, nicht denen, die ich getan habe. Und ich wiederhole nochmals: Die zwei Stunden im Krankenhaus habe ich in jenem leeren Zimmer verbracht. Ich habe geschlafen, und versuchen Sie, mir das Gegenteil zu beweisen.«

»Das werde ich. Und ich glaube auch, daß ich es kann.«