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Das gelassene Gesicht veränderte sich nicht, aber der Kopf nickte einmal. Wie der Kopf einer Marionette am Faden.

»Gut. Jetzt hören Sie gut zu. Sie werden noch einen lebhaften Traum haben. Sie werden träumen, daß … daß sich ein großes Wandbild hier in meinem Büro befindet. Ein großes Bild des schneebedeckten Mount Hood. Sie werden träumen, daß Sie das Wandbild dort an der Wand hinter dem Schreibtisch sehen, direkt hier in meinem Büro. Also gut. Jetzt werden Sie schlafen und träumen … Antwerpen.«

Er beugte sich wieder über seine Maschinen und machte sich daran zu schaffen. »So«, hauchte er murmelnd. »Da … okay … gut so.«

Die Maschinen waren still. George lag still. Selbst Haber zappelte und murmelte nicht mehr. Kein Geräusch ertönte in dem großen, spärlich beleuchteten Raum mit dem Wandfenster, das Ausblick in den Regen bot. Haber stand beim EEG und hatte den Kopf zur Wand hinter dem Schreibtisch gedreht.

Nichts geschah.

Heather beschrieb mit den Fingerspitzen der linken Hand einen winzigen Kreis auf der nachgiebigen, körnigen Oberfläche des Ohrensessels, dem Material, das einmal die Haut eines lebendigen Tiers gewesen war, die trennende Oberfläche zwischen einer Kuh und dem Universum. Die Melodie der alten Schallplatte, die sie gestern abgespielt hatten, kam ihr wieder in den Sinn und ließ sich nicht mehr abschütteln.

What do you see when you turn out the light? I can’t tell you, but I know it’s mine …

Sie hätte nicht gedacht, daß Haber so lange stillhalten und schweigen konnte. Nur einmal griff er mit den Fingern blitzschnell zu einem Schalter. Dann stand er wieder reglos da und betrachtete die leere Wand.

George seufzte, hob schläfrig eine Hand, entspannte sich wieder und wachte auf. Er blinzelte und richtete sich auf. Sofort suchte er Heather mit seinem Blick, als wollte er sich vergewissern, daß sie da war.

Haber runzelte die Stirn und drückte mit einer ruckartigen, nervösen Geste den untersten Knopf des Verstärkers. »Zum Teufel!« sagte er. Er betrachtete den EEG-Monitor, auf dem immer noch lebhafte kleine Linien tanzten. »Der Verstärker hat Ihnen ein REM-Muster eingespeist, wie, zum Teufel, konnten Sie aufwachen?«

»Ich weiß nicht.« George gähnte. »Bin ich eben. Haben Sie mir nicht befohlen, gleich aufzuwachen?«

»Das mache ich generell. Auf das Signal hin. Aber wie, zum Teufel, konnten Sie sich über die Musterstimulation des Verstärkers hinwegsetzen … Ich muß die Energie erhöhen; offenbar bin ich die Sache zu zaghaft angegangen.« Er sprach jetzt mit dem Verstärker selbst, daran konnte kein Zweifel bestehen. Als diese Konversation beendet war, drehte er sich unvermittelt wieder zu George um »Also gut«, sagte er. »Was haben Sie geträumt?«

»Ich habe geträumt, daß ein Wandbild des Mount Hood an der Wand dort hinter meiner Frau hängt.«

Habers Blick huschte zu der Wand mit den kahlen Rotholzpaneelen und wieder zu George zurück.

»Sonst noch etwas? Ein früherer Traum — können Sie sich daran erinnern?«

»Ich glaube schon. Warten Sie einen Moment … Ich glaube, ich habe geträumt, daß ich träume, oder so. Es war verwirrend. Ich befand mich in einem Geschäft. Das ist es — ich war bei Meier und Frank’s und habe mir einen neuen Anzug gekauft, er mußte aus blauem Stoff sein, weil ich einen neuen Job oder so antreten sollte. Ich kann mich nicht erinnern. Jedenfalls hatten sie eine Tabelle, aus der man entnehmen konnte, was man bei einer bestimmten Größe wiegen sollte, und umgekehrt. Und ich war genau in der Mitte der Größenskala und der Gewichtsskala für durchschnittlich gebaute Männer.«

»Normal, mit anderen Worten«, sagte Haber und lachte plötzlich. Er hatte ein gewaltiges Lachen. Nach der Anspannung und der Stille erschreckte es Heather ziemlich heftig.

»Das ist prima, George. Das ist ganz prima.« Er klopfte George auf die Schulter und entfernte die Elektroden von seinem Kopf. »Wir haben es geschafft. Wir sind da. Sie sind frei! Wissen Sie das?«

»Ich glaube ja«, antwortete George gelassen.

»Die schwere Last wurde von Ihren Schultern genommen. Richtig?«

»Und auf Ihre geladen?«

»Und auf meine geladen. Richtig.« Wieder das gewaltige, polternde Lachen, ein wenig zu lang. Heather fragte sich, ob Haber immer so sein mochte oder sich nur in einem Zustand extremer Erregung befand.

»Dr. Haber«, sagte ihr Mann, »haben Sie je mit einem Außerirdischen über Träume gesprochen?«

»Einem Aldebaraner, meinen Sie? Nein. Forde in Washington hat eine Reihe von unseren Tests an ihnen versucht, zusammen mit einer ganzen Reihe psychologischer Tests, aber die Ergebnisse waren sinnlos. Diesbezüglich haben wir das Kommunikationsproblem einfach noch nicht geknackt. Sie sind intelligent, aber Irchewsky, unser bester Xenobiologe, ist der Meinung, daß sie möglicherweise nicht rational sind, und ihr vorgebliches sozial integratives Verhalten unter Menschen nichts weiter als eine Art instinktiver Mimikry ist. Mit Sicherheit kann man es nicht sagen. Wir können kein EEG von ihnen machen, und ehrlich gesagt, können wir nicht herausfinden, ob sie schlafen oder nicht, geschweige denn träumen.«

»Ist Ihnen der Ausdruck iahklu’ vertraut?«

Haber verharrte einen Moment. »Hab ich schon mal gehört. Unübersetzbar. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, daß er ›Traum‹ bedeutet, hm?«

George schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was er bedeutet. Ich will nicht so tun, als würde ich über Kenntnisse verfügen, die Sie nicht haben, aber ich finde, bevor Sie mit der Anwendung dieser neuen Technik beginnen, Dr. Haber, bevor Sie träumen, sollten Sie mit einem der Außerirdischen reden.«

»Mit welchem?« Der ironische Unterton war nicht zu überhören.

»Irgend einem. Das spielt keine Rolle.«

Haber lachte. »Worüber reden, George?«

Heather sah, wie die hellen Augen ihres Mannes blitzten, als er zu dem größeren Mann aufschaute. »Über mich. Über das Träumen. Über iahklu’. Es spielt keine Rolle. Wenn Sie nur zuhören. Sie werden wissen, worauf Sie hinauswollen, darin haben sie wesentlich mehr Erfahrung als wir.«

»Worin?«

»Im Träumen — in dem, wovon das Träumen ein Aspekt ist. Sie machen es schon lange Zeit. Schon immer, nehme ich an. Sie kommen aus der Traumzeit. Ich verstehe es nicht, ich kann es nicht mit Worten ausdrücken. Alles träumt. Das Spiel der Formen, des Daseins, besteht im Träumen von Substanz. Felsen haben ihre Träume, und die Erde verändert sich … Aber wenn der Verstand sich bewußt wird, wenn sich das Tempo der Evolution beschleunigt, dann muß man sich hüten. Sich vor der Welt hüten. Man muß den Weg lernen. Man muß die Fertigkeiten, die Kunst, die Grenzen lernen. Ein bewußter Verstand muß Teil des Ganzen sein, absichtlich und umsichtig — wie der Felsen unbewußt ein Teil des Ganzen ist. Verstehen Sie? Sagt Ihnen das alles etwas?«

»Neu ist das nicht für mich, wenn Sie das meinen. Weltseele und so weiter. Vorwissenschaftliche Synthese. Mystizismus ist eine Annäherungsweise an die Natur des Träumens, oder der Realität, allerdings inakzeptabel für jene, die willens sind, von der Vernunft Gebrauch zu machen und es auch können.«

»Ich weiß nicht, ob das stimmt«, sagte George ohne die geringste Spur von Verstimmung, aber er machte einen sehr ernsten Eindruck. »Aber versuchen Sie allein aus wissenschaftlicher Neugier einmal folgendes: Bevor Sie den Verstärker an sich selbst erproben, bevor Sie ihn einschalten, wenn Sie Ihre Autosuggestion beginnen, sagen sie das: Er’ perrehnne. Laut oder im Geiste. Einmal. Deutlich. Versuchen Sie es.«

»Warum?«

»Weil es funktioniert.«

»Wie funktioniert?«

»Sie bekommen ein wenig Hilfe von Ihren Freunden«, sagte George. Er stand auf. Heather sah ihn voller Entsetzen an. Seine Worte hörten sich verrückt an — Habers Heilung hatte ihn wahnsinnig gemacht, sie hatte es immer befürchtet. Aber Haber reagierte nicht so — richtig? —, wie er auf zusammenhangloses oder psychotisches Geschwätz reagieren sollte.