»Gott sei Dank!«, sagte er. »Endlich ein zurechnungsfähiges Gesicht!« Dann beugte er sich vor und betrachtete Jamie blinzelnd. Dieser hatte sich inzwischen den Großteil der Holzkohle aus dem flammenden Haar gespült, doch graue Rinnsale liefen ihm über das Gesicht und tropften ihm aufs Hemd, und seine Ohren, die er in der Hast seiner Reinigungsversuche übersehen hatte, waren nach wie vor kohlrabenschwarz.
»Was …«, begann Lord George verblüfft, brach dann jedoch ab und schüttelte ein- oder zweimal hastig den Kopf, als wollte er ein Hirngespinst von sich schieben. Dann setzte er sein Gespräch fort, als sei ihm nichts Ungewöhnliches aufgefallen.
»Wie geht es, Sir?«, sagte Jamie respektvoll. Auch er gab vor, den mit einer Schleife verzierten Zopf der Perücke nicht zu bemerken, der Lord George aus der Tasche hing und wie die Rute eines kleinen Hündchens wedelte, während Seine Lordschaft heftig gestikulierte.
»Wie geht es?«, wiederholte dieser. »Nun, ich sage Euch, Sir! Es geht nach Osten, und dann geht es nach Westen, und dann kommt es zur Hälfte den Hügel herunter, um zu Mittag zu essen, während die andere Hälfte weiß der Teufel wohin marschiert. So geht es!«
Durch seinen Ausbruch etwas erleichtert, fuhr er fort: »Und es ist natürlich die getreue Highland-Armee Seiner Majestät.« Etwas ruhiger begann er, uns von den Ereignissen zu erzählen, die sich seit dem Eintreffen der Armee in Tranent tags zuvor zugetragen hatten.
Gleich nach seiner Ankunft hatte Lord George den Großteil der Männer im Dorf gelassen und war mit einer kleinen Abteilung davongeeilt, um den Bergkamm oberhalb der Ebene zu besetzen. Prinz Charles, der einige Zeit später eintraf, war damit nicht einverstanden gewesen und hatte daraus keinen Hehl gemacht. Daraufhin war Seine Hoheit mit der Hälfte der Armee westwärts marschiert, brav gefolgt vom Herzog von Perth – theoretisch der zweite Oberbefehlshaber –, angeblich, um die Möglichkeit eines Angriffs via Preston auszukundschaften.
Da die Armee nun geteilt und Seine Lordschaft damit beschäftigt war, sich mit den Männern des Dorfes zu beraten, die nun wirklich mehr über das umliegende Terrain wussten als Seine Hoheit oder Seine Lordschaft, hatte O’Sullivan, einer der irischen Vertrauten des Prinzen, eigenmächtig ein Kontingent von Lochiels Camerons auf den Kirchhof von Tranent beordert.
»Cope hat natürlich zwei Kanonen aufgefahren und hat sie bombardiert«, sagte Lord George grimmig. »Und ich durfte mich dafür heute Nachmittag mit Lochiel auseinandersetzen. Er war verständlicherweise außer sich, weil eine Reihe seiner Männer ohne ersichtlichen Grund verletzt worden sind. Er bat darum, die Männer dort abzuziehen, und natürlich bin ich der Bitte nachgekommen. Woraufhin O’Sullivan, der Speichellecker Seiner Hoheit, ankommt – wie die Pest! Nur weil er mit Seiner Hoheit in Eriskay gelandet ist, glaubt er … Nun ja, jedenfalls kommt er an und jammert, die Anwesenheit der Camerons auf dem Kirchhof sei unabdingbar – unabdingbar, stellt Euch das vor –, wenn wir einen Angriff von Westen planen. Habe keinen Zweifel daran gelassen, dass wir, wenn überhaupt, von Osten angreifen werden – eine Aussicht, die im Moment außerordentlich zweifelhaft ist, insofern wir ja gar nicht wissen, wo sich die Hälfte unserer Männer befindet, von Seiner Hoheit ganz zu schweigen«, fügte er in einem Ton hinzu, der keinen Zweifel daran ließ, dass ihn Prinz Charles’ Aufenthaltsort höchstens theoretisch interessierte.
»Und dann die Clanführer! Lochiels Camerons haben das Los gezogen, das ihnen die Ehre zuweist, auf dem rechten Flügel zu kämpfen, falls es zur Schlacht kommt, aber die MacDonalds, die diesem Arrangement zugestimmt hatten, leugnen dies jetzt mit Nachdruck und beharren darauf, dass sie überhaupt nicht antreten werden, wenn man ihnen ihr traditionelles Privileg verweigert, zur Rechten zu kämpfen.«
Lord George hatte seine Rezitation zwar einigermaßen ruhig begonnen, hatte sich jedoch in ihrem Verlauf in Rage geredet, und jetzt sprang er wieder auf und rieb sich energisch mit beiden Händen den Kopf.
»Die Camerons haben den ganzen Tag exerziert. Sie sind inzwischen so oft von A nach B marschiert, dass sie ihre Schwänze nicht mehr von ihren Arschlöchern unterscheiden können – Verzeihung, Ma’am«, fügte er mit einem zerstreuten Blick in meine Richtung hinzu, »und Clanranalds Männer haben sich mit Glengarrys geprügelt.« Er hielt mit rotem Gesicht inne und schob den Unterkiefer vor. »Wenn Glengarry nicht der wäre, der er ist, würde ich … ach, nun ja.« Er tat Glengarry mit einer Handbewegung ab und begann erneut, auf und ab zu schreiten.
»Das einzig Gute ist«, sagte er, »dass die Engländer als Reaktion auf unsere Bewegungen gezwungen sind, ihre Lage ebenfalls zu ändern. Copes gesamtes Heer hat sich nicht weniger als viermal umgedreht, und jetzt zieht sich seine rechte Flanke fast bis ins Meer, und gewiss fragt er sich, was in Gottes Namen wir wohl als Nächstes tun werden.«
»Äh … wo genau ist denn Eure Hälfte der Armee im Moment?« Jamie bewegte sich, als wollte er sich Seiner Lordschaft auf seiner ziellosen Wanderung durch die Kate anschließen, doch ich hielt ihn am Kragen fest. Ich hatte während der Exegese Seiner Lordschaft meinem Mann mit Wasser und Handtuch den Ruß von den Ohren gewischt, die jetzt wieder rosig glänzten.
»Auf dem Hügelkamm südlich der Ortschaft.«
»Dann sind wir also in der vorteilhafteren Position?«
»Ja, so klingt es zumindest, nicht wahr?« Seine Lordschaft lächelte trostlos. »Allerdings haben wir nur herzlich wenig davon, dank der Tatsache, dass das Gelände unterhalb dieses Hügelkamms mit Tümpeln und sumpfigen Löchern übersät ist. Verdammt! Am Fuß des Hügels verläuft ein Wassergraben, der fast zwei Meter tief ist! Im Moment liegen die beiden Armeen knapp fünfhundert Meter voneinander entfernt, und wir können so wenig tun, dass es genauso gut fünfhundert Meilen sein könnten.« Lord George schob die Hand in seine Tasche, um ein Taschentuch zu suchen, brachte sie wieder zum Vorschein und stand dann da und starrte verständnislos auf die Perücke, mit der er sich beinahe das Gesicht abgewischt hätte.
Ich bot ihm diplomatisch das rußige Taschentuch an. Er schloss die Augen, atmete tief durch die Nase ein, dann öffnete er sie wieder und verbeugte sich in seiner üblichen, perfekten Manier vor mir.
»Euer Diener, Ma’am.« Er polierte sich gründlich das Gesicht mit dem schmutzigen Tuch, reichte es mir höflich zurück und klatschte sich die zerknautschte Perücke auf den Kopf.
»Der Teufel soll mich holen«, sagte er deutlich, »wenn ich zulasse, dass dieser Dummkopf uns hier den Sieg kostet.« Er wandte sich entschlossen an Jamie.
»Wie viele Männer habt Ihr, Fraser?«
»Dreißig, Sir.«
»Pferde?«
»Sechs, Sir. Und vier Ponys als Packtiere.«
»Packtiere? Ah. Sie tragen die Vorräte für Eure Männer?«
»Ja, Sir. Und sechzig Sack Mehl, die wir letzte Nacht einer englischen Abteilung entwendet haben. Oh, und einen Sechzehn-Zoll-Mörser, Sir.«
Diese letzten Worte sprach Jamie mit derart vollkommener Beiläufigkeit, dass ich ihm am liebsten das Taschentuch in den Hals gestopft hätte. Lord George starrte ihn ein paar Sekunden an, dann verzogen sich seine Mundwinkel zuckend zu einem Lächeln.
»Ah? Nun, kommt mit mir, Fraser. Ihr könnt mir unterwegs alles darüber erzählen.« Er fuhr zur Tür herum, und Jamie ergriff nach einem unschuldigen Blick in meine Richtung seinen Hut und folgte ihm.
An der Tür der Kate blieb Lord George plötzlich stehen und drehte sich um. Er blickte an Jamies hünenhafter Gestalt mit dem offenen Kragen und dem hastig über den Arm geworfenen Rock empor.