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Ich wusste nur wenig über die Schlacht, abgesehen davon, welche Seite am Ende gewinnen sollte und dass die Ausfälle der Jakobiten-Armee »leicht« sein würden. Noch einmal holte ich mir dieses Bruchstück von der fernen, verschwommenen Seite des Geschichtsbuchs zurück: »… während die Jakobiten triumphierten und nur dreißig Ausfälle erlitten.«

Ausfälle. Todesfälle, verbesserte ich. Für eine Krankenschwester ist jede Verletzung ein Ausfall, und davon hatte ich schon deutlich mehr als dreißig in meiner Kate, als sich die Sonne gegen Mittag himmelwärts durch den Seenebel brannte. Langsam kehrten die Sieger der Schlacht triumphierend nach Tranent zurück, und die Gesunden halfen ihren verletzten Kameraden.

Seltsamerweise hatte Seine Hoheit angeordnet, dass man die verwundeten Engländer als Erste vom Schlachtfeld barg und versorgte. »Sie sind Untertanen meines Vaters«, sagte er entschlossen, »und ich bestehe darauf, dass man sich gut um sie kümmert.« Die Tatsache, dass die Highlander, die gerade die Schlacht für ihn gewonnen hatten, eigentlich ebenfalls Untertanen seines Vaters waren, schien ihm vorübergehend entgangen zu sein.

»So wie sich der Vater und der Sohn benehmen«, murmelte ich Jenny Cameron zu, als ich das hörte, »sollte die Highland-Armee wohl besser hoffen, dass der Heilige Geist nicht auch noch beschließt, heute vom Himmel zu kommen.«

Mrs. MacPherson reagierte mit einer schockierten Miene auf diese gotteslästerliche Bemerkung, doch Jenny lachte.

Das Lärmen gälischen Jubels übertönte das leise Stöhnen der Verwundeten, die auf improvisierten Bahren aus Planken oder zusammengebundenen Musketen hereingetragen wurden oder sich in den meisten Fällen auf die Arme ihrer Freunde stützten. Einige der Verletzten kamen aus eigener Kraft angestolpert, und angesichts der glorreichen Bestätigung ihrer Überzeugungen schien der Schmerz ihrer Wunden nicht mehr als eine lästige Kleinigkeit zu sein. Trotz der Verletzungen, die sie hierherführten, um sich behandeln zu lassen, erfüllte die Siegesgewissheit das Haus mit einem berauschenden Glücksgefühl.

»Himmel, habt ihr gesehen, wie sie auseinandergestoben sind wie die Mäuse, hinter denen die Katze her ist?«, sagte ein Patient zu einem anderen, der die Schwarzpulververbrennung, die ihm den linken Arm von den Fingerknöcheln bis zur Schulter angesengt hatte, gar nicht zu bemerken schien.

»Und viele von ihnen laufen jetzt ohne Schwänze herum«, antwortete sein Freund mit einem Kichern.

Es herrschte nicht nur Freude; hier und da sah man kleine Gruppen von Highlandern über die Hügel kommen, die die reglose Gestalt eines Freundes trugen, ein Plaidende über ein Gesicht gebreitet, das jetzt leer war, weil es die Unendlichkeit gesehen hatte.

Es war die erste Prüfung für meine ausgewählten Helferinnen, und sie stellten sich ihr genauso tapfer wie zuvor die Krieger auf dem Feld. Das hieß, dass sie sich zuerst zierten und sich beklagten und ganz allgemein kaum zu ertragen waren, dass sie sich dann jedoch, wenn es nötig wurde, mit einzigartigem Mut in den Kampf stürzten.

Nicht, dass sie dabei aufhörten, sich zu beklagen.

Mrs. McMurdo kehrte mit einer weiteren vollen Flasche zurück, die sie an die dafür vorgesehene Stelle an der Wand hängte, ehe sie sich bückte, um in dem Bottich zu kramen, der die Flaschen mit Honigwasser enthielt. Sie war die ältere Frau eines Fischers aus Tranent, die ihren Armeedienst in dieser Schicht als Wasserträgerin versah; ihre Aufgabe war es, von Mann zu Mann zu gehen und jeden zu drängen, von der gesüßten Flüssigkeit zu trinken, so viel er konnte – und sich dann auf einem zweiten Rundgang mit Hilfe einiger leerer Flaschen den Resultaten zu widmen.

»Wenn Ihr ihnen nicht so viel zu trinken geben würdet, würden sie auch nicht so viel pissen«, beklagte sie sich – nicht zum ersten Mal.

»Sie brauchen das Wasser«, erklärte ich geduldig – nicht zum ersten Mal. »Es hält ihren Blutdruck stabil und ersetzt einen Teil der Flüssigkeit, die sie verloren haben, und es verhindert, dass sie in den Schockzustand verfallen – also hört zu, seht Ihr viele von ihnen sterben?«, fragte ich, weil mir plötzlich angesichts von Mrs. McMurdos anhaltender Skepsis und Nörgelei die Geduld ausging; ihr beinahe zahnloser Mund verlieh ihrer ohnehin finsteren Miene einen zusätzlichen traurigen Unterton – alles ist verloren, schien sie zu sagen; warum sich noch die Mühe machen?

»Mpfm«, sagte sie. Da sie das Wasser nahm und sich klaglos wieder auf ihren Rundgang begab, interpretierte ich dieses Geräusch als zumindest vorübergehende Zustimmung.

Ich trat ins Freie, um sowohl Mrs. McMurdo als auch der Atmosphäre in der Kate zu entkommen. Sie war stickig vor Rauch, Hitze und den Ausdünstungen ungewaschener Menschen, und mich schwindelte ein bisschen.

Die Straße war voller Männer, betrunken, ausgelassen, beladen mit ihrer Beute vom Schlachtfeld. Eine Gruppe von Männern im rötlichen Tartan der MacGillivrays zog eine englische Kanone hinter sich her, die sie zwischen Seile gespannt hatten wie ein gefährliches Wildtier. Diese Ähnlichkeit wurde durch die Ornamente im Sprung begriffener Wölfe noch verstärkt, die das Zündloch und die Mündung zierten. Vermutlich eins von General Copes Prunkstücken.

Dann erkannte ich die kleine schwarze Gestalt, die rittlings auf dem Kanonenrohr saß und der das Haar zu Berge stand wie eine Flaschenbürste. Im ersten Moment schloss ich dankbar die Augen, dann öffnete ich sie und hastete die Straße entlang, um ihn von der Kanone zu zerren.

»Du kleiner Mistkerl!«, sagte ich und schüttelte ihn erst, ehe ich ihn umarmte. »Was fällt dir ein, dich so davonzuschleichen? Wenn ich nicht so viel zu tun hätte, würde ich dich ohrfeigen, bis dir der Kopf rasselt!«

»Milady«, sagte er und blinzelte verständnislos in die Nachmittagssonne. »Milady.«

Ich begriff, dass er kein Wort von dem verstanden hatte, was ich gesagt hatte. »Geht es dir gut?«, fragte ich etwas sanfter.

Verwunderung breitete sich über sein Gesicht, das mit Schmutz und Schwarzpulver verschmiert war. Er nickte, und inmitten des Drecks tauchte ein benommenes Lächeln auf.

»Ich habe einen englischen Soldaten getötet, Milady.«

»Oh?« Ich war mir nicht sicher, ob er beglückwünscht oder getröstet werden wollte. Er war zehn.

Er legte die Stirn in Falten und verzog das Gesicht, als versuchte er angestrengt, sich an etwas zu erinnern.

»Ich glaube, ich habe ihn umgebracht. Er ist hingefallen, und ich habe ihn mit dem Messer gestochen.« Er betrachtete mich verwirrt, als könnte ich ihm die Antwort geben.

»Komm mit, Fergus«, sagte ich. »Wir suchen dir etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen. Denk nicht mehr darüber nach.«

»Oui, Milady.« Er stolperte gehorsam neben mir her, aber ich konnte sofort sehen, dass er im nächsten Moment auf das Gesicht fallen würde. Ich hob ihn unter Schwierigkeiten hoch und schleppte ihn auf die Katen an der Kirche zu, in denen sich das Zentrum unseres Lazaretts befand. Ich hatte zwar vorgehabt, ihm erst etwas zu essen zu geben, doch er schlief tief und fest, als ich an der Stelle ankam, an der O’Sullivan – ohne großen Erfolg – versuchte, seine Proviantwagen zu organisieren.

Stattdessen ließ ich ihn zusammengerollt im Bettkasten einer der Katen zurück, wo eine Frau auf eine ganze Reihe von Kindern aufpasste, während sich ihre Mütter um Verwundete kümmerten. Es schien mir der beste Platz für ihn zu sein.

Bis zum Nachmittag hatte sich die Kate mit zwanzig bis dreißig Männern gefüllt, und meine beiden Helferinnen kamen kaum noch durch. Eigentlich war das Haus für eine vier- oder fünfköpfige Familie gedacht, und die Männer, die stehen konnten, standen auf den Plaids derer, die auf dem Boden lagen. Auf der anderen Seite des kleinen Dorfplatzes konnte ich Offiziere im Pfarrhaus ein und aus gehen sehen, denn die Räume des Pastors waren vom Oberkommando requiriert worden. Ich behielt die ramponierte Tür im Auge, die ständig einen Spalt offen stand, sah jedoch Jamie nicht unter denen, die das Haus betraten, um Verluste zu melden und Glückwünsche entgegenzunehmen.