Выбрать главу

»Nicht die!«, sagte ich.

»Warum denn nicht?«, fragte er verwundert. »Sie ist doch voll.«

»Das weiß ich«, sagte ich. »Ich habe sie als Urinal benutzt.«

»Oh.« Er hielt die Flasche mit zwei Fingern vor sich hin und streckte die Hand aus, um sie zurückzuhängen, doch ich hielt ihn auf.

»Nein, nimm sie nur mit«, schlug ich vor. »Du kannst sie draußen ausleeren und diese hier gleich am Brunnen füllen.« Ich reichte ihm eine weitere graue Steingutflasche, die genauso aussah wie die erste.

»Versuch, sie nicht zu verwechseln«, sagte ich hilfsbereit.

»Mmpfm«, erwiderte er und warf mir gleich auch noch den passenden schottischen Blick zu, ehe er sich zur Tür wandte.

»Heh!«, sagte ich, als ich ihn jetzt deutlich von hinten sah. »Was ist denn das?«

»Was?«, fragte er verblüfft und versuchte, über seine Schulter zu blicken.

»Das da!« Meine Finger zeichneten den schmutzigen Umriss nach, den ich oberhalb des losen Plaids erspäht hatte und der sich wie mit der Schablone gemalt auf dem schmutzigen Leinen seines Hemds abmalte. »Das sieht aus wie ein Hufeisen«, sagte ich ungläubig.

»Oh, das«, sagte er achselzuckend.

»Ein Pferd ist auf dich getreten?«

»Nun ja, nicht mit Absicht«, verteidigte er das Pferd. »Pferde treten nicht gern auf Menschen; ich vermute, es fühlt sich ein bisschen matschig an.«

»Das kann ich mir vorstellen«, pflichtete ich ihm bei und unterband seine Fluchtversuche, indem ich ihn am Ärmel festhielt. »Bleib stehen. Wie zum Teufel ist das passiert?«

»Es ist nicht schlimm«, protestierte er. »Es fühlt sich nicht so an, als wären meine Rippen gebrochen, nur ein bisschen geprellt.«

»Oh, nur eine Kleinigkeit«, stimmte ich ihm sarkastisch zu. Ich hatte ihm den fleckigen Stoff am Rücken aus dem Plaid gezogen und konnte den klaren, scharfen Abdruck eines Hufeisens auf der hellen Haut just oberhalb der Taille sehen. »Himmel, man kann sogar die Hufnägel sehen.« Er zuckte unwillkürlich zusammen, als ich mit dem Finger über die Verfärbungen fuhr.

Es war während eines kurzen Ausfalls der berittenen Dragoner passiert. Die Highlander, die zum Großteil keine anderen Pferde gewohnt waren als die kleinen, zotteligen Highlandponys, waren fest überzeugt, dass man die englischen Kavalleriepferde dazu dressiert hatte, sie mit Hufen und Zähnen anzugreifen. In Panik waren sie zwischen die Pferdehufe gerannt und hatten mit Schwertern, Sicheln und Äxten nach Beinen und Bäuchen gezielt.

»Und du meinst, das sind sie nicht?«

»Natürlich nicht, Sassenach«, sagte er ungeduldig. »Es hat nicht versucht, mich anzugreifen. Der Reiter wollte flüchten, aber er wurde von beiden Seiten bedrängt. Der einzige Ausweg ging über mich hinweg.«

Als er den Entschluss in den Augen des Reiters dämmern sah, eine halbe Sekunde, bevor der Dragoner seinem Pferd die Sporen gab, hatte sich Jamie bäuchlings mit den Armen über dem Kopf zu Boden geworfen.

»Als Nächstes ist mir die Luft aus den Lungen gerauscht«, erklärte er. »Ich habe zwar den Stoß gespürt, aber es hat nicht weh getan. Zumindest nicht in dem Moment.« Er legte sich die Hand in den Rücken und verzog das Gesicht, während er zerstreut über den Abdruck rieb.

»Schön«, sagte ich und ließ seinen Hemdsaum sinken. »Hast du seitdem schon gepisst?«

Er starrte mich an, als hätte ich plötzlich den Verstand verloren.

»Dir ist ein sechshundert Kilo schweres Pferd direkt auf eine Niere getreten«, erklärte ich etwas ungeduldig. Es warteten Verletzte auf mich. »Ich möchte wissen, ob du Blut im Urin hast.«

»Oh«, sagte er, und seine Miene hellte sich auf. »Ich weiß es nicht.«

»Nun, dann lass es uns herausfinden, ja?« Ich hatte meine große Arzneitruhe in die Ecke gestellt, wo sie nicht im Weg war; jetzt kramte ich darin herum und holte eins der kleinen Urinoskopiegläser heraus, die ich aus dem Hôpital des Anges hatte.

»Mach es voll und gib es mir zurück.« Ich reichte ihm das Glas und wandte mich zum Feuer zurück, wo ein Kessel mit kochendem Leinen auf meine Zuwendung wartete.

Als ich mich noch einmal umsah, betrachtete er das Glas immer noch mit etwas fragender Miene.

»Brauchst du Hilfe, Junge?« Ein kräftiger englischer Soldat auf dem Boden blickte grinsend von seinem Strohlager zu Jamie auf.

In Jamies schmutzigem Gesicht blitzten weiße Zähne auf. »Oh, aye«, sagte er. Er beugte sich zu dem Engländer hinunter und hielt ihm das Glas hin. »Hier, halt das für mich, während ich ziele.«

Leises Gelächter ging durch die Männer und lenkte sie vorübergehend von ihren Schmerzen ab.

Nach kurzem Zögern schloss sich die große Faust des Engländers um das zerbrechliche Glas. Der Mann hatte Granatsplitter in der Hüfte, und er hielt alles andere als still, doch trotz der Schweißtropfen auf seiner Oberlippe lächelte er.

»Sixpence, dass du’s nicht schaffst«, sagte er. Er schob das Glas so zurecht, dass er etwa einen Meter vor Jamies nackten Zehen stand. »Von da, wo du jetzt stehst.«

Jamie blickte nachdenklich auf das Glas und rieb sich mit einer Hand das Kinn, während er Maß nahm. Der Mann, dem ich gerade den Arm verband, hatte aufgehört zu stöhnen, so sehr faszinierte ihn das Drama, das an der Tür seinen Lauf nahm.

»Nun, ich sage nicht, dass es einfach wäre«, sagte Jamie und ließ seinen schottischen Akzent mit Absicht breiter werden. »Aber für Sixpence? Aye, das ist eine Summe, die zumindest die Mühe lohnt, wie?« Seine Augen, die immer leicht schräg standen, wurden zu Katzenaugen, als er grinste.

»Leicht verdientes Geld, Junge«, sagte der Engländer, der heftig atmete, aber trotzdem grinste. »Für mich.«

»Zwei Silberpennies auf den Jungen«, rief einer der MacDonald-Männer in der Ecke am Schornstein.

Ein englischer Soldat, der seinen Rock gewendet hatte, um seinen Status als Gefangener anzuzeigen, tastete im Inneren der Rockschöße nach der Öffnung seiner Tasche.

»Ha! Einen Beutel Tabak dagegen!«, rief er und hielt triumphierend einen kleinen Stoffbeutel hoch.

Wettrufe und obszöne Bemerkungen schollen lauthals durch die Kate, als Jamie in die Hocke ging und theatralisch die Entfernung zu dem Glas abschätzte.

»Also schön«, sagte er schließlich und richtete sich zu voller Größe auf. »Alles bereit?«

Der Engländer auf dem Boden gluckste. »Oh, ich bin bereit, Junge.«

»Nun denn.«

Erwartungsvolle Stille senkte sich über das Zimmer. Die Männer stützten sich auf ihre Ellbogen und vergaßen vor lauter Neugier sowohl ihre Schmerzen als auch ihre Feindschaft.

Jamie sah sich in der Kate um und nickte seinen Männern aus Lallybroch zu, dann hob er langsam den Saum seines Kilts und fasste darunter. Mit konzentriert gerunzelter Stirn tastete er sich suchend vor, dann ließ er einen Hauch von Zweifel über sein Gesicht hinweghuschen.

»Als ich losgegangen bin, hatte ich ihn noch«, sagte er, und das ganze Zimmer brach in Gelächter aus.

Er grinste über den Erfolg seines Witzes, hob den Kilt höher, packte seine deutlich sichtbare Waffe und zielte sorgfältig. Er blinzelte, ging ein wenig in die Knie, und seine Finger packten fester zu.

Nichts geschah.

»Es ist eine Fehlzündung!«, krähte einer der Engländer.

»Sein Pulver ist nass geworden!«, trötete ein anderer.

»Hat deine Pistole keine Kugeln, Junge?«, höhnte sein Komplize auf dem Boden.

Jamie warf einen skeptischen Blick auf seine Ausrüstung, was eine erneute Salve johlender Spottrufe auslöste. Dann erhellte sich seine Miene.

»Ha! Nichts in der Pulverkammer, das ist alles!« Sein Arm schlängelte sich auf die Flaschen an der Wand zu, dann sah er mich mit hochgezogener Augenbraue an, und als ich nickte, nahm er eine herunter und kippte sie sich in den offenen Mund. Das Wasser spritzte ihm über das Kinn und auf das Hemd, und sein Adamsapfel hüpfte beim Trinken theatralisch auf und ab.

»Ahhh.« Er ließ die Flasche sinken, wischte sich mit dem Ärmel einen Teil des Schmutzes aus dem Gesicht und verbeugte sich vor seinem Publikum.