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»Was macht Ihr denn hier, Vater?«, knurrte er dem Priester ins Ohr. »Ihr solltet Euch doch hinter der Front aushalten.«

Die aufgerissenen Augen des Priesters verrieten Jamie die Wahrheit – der Gottesmann hatte sich im Dunklen verlaufen und gedacht, er wäre hinter der Front. Angesichts der verspäteten Erkenntnis, dass er sich tatsächlich inmitten der vorrückenden Highlander befand, gaben ihm die Knie nach.

Jamie sah sich um; es widerstrebte ihm, den Priester zwischen den Männern hindurch zurückzuschicken. Zu leicht konnte er in der nebligen Finsternis mit einem vorrückenden Highlander zusammenstoßen, für einen Feind gehalten und auf der Stelle getötet werden. Er packte den kleineren Mann beim Nacken und zwang ihn auf die Knie.

»Legt Euch auf den Boden und bleibt so, bis das Feuer aufhört«, zischte er dem Mann ins Ohr. Der Priester nickte hektisch, dann sah er plötzlich den englischen Soldaten ein paar Meter weiter auf dem Boden liegen. Er blickte mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Grauen zu Jamie empor und griff nach den Fläschchen mit Chrisma und Weihwasser, die er statt eines Dolches am Gürtel trug.

Jamie verdrehte ungeduldig die Augen und versuchte mit einer Reihe heftiger Gesten zu signalisieren, dass der Mann nicht tot war und daher der Dienste des Priesters nicht bedurfte. Da er auf Unverständnis stieß, bückte er sich, nahm die Hand des Priesters und drückte seine Finger an den Hals des Engländers – die einfachste Methode zu demonstrieren, dass der Mann nicht das erste Opfer der Schlacht war. In dieser lächerlichen Haltung erstarrte er, als hinter ihm eine Stimme den Nebel durchschnitt.

»Halt!«, sagte sie. »Wer ist da?«

»Hast du einen Schluck Wasser, Sassenach?«, fragte Jamie. »Mein Hals ist ein bisschen trocken vom Reden.«

»Mistkerl!«, sagte ich. »Du kannst doch jetzt nicht aufhören! Was ist passiert?«

»Wasser«, sagte er grinsend, »dann erzähle ich es dir.«

»Also schön«, sagte ich. Ich reichte ihm eine Wasserflasche und sah zu, wie er sie an den Mund hob. »Was ist dann passiert?«

»Nichts«, sagte er. Er ließ die Flasche sinken und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. »Was hast du denn gedacht, dass ich ihm antworten würde?« Er grinste mich unverschämt an und duckte sich, als ich nach seinem Ohr hieb.

»Aber, aber«, sagte er tadelnd. »So behandelt man doch keinen Mann, der im Dienst seines Königs verwundet wurde, oder?«

»Verwundet, ja?«, sagte ich. »Glaub mir, Jamie Fraser, ein Säbelhieb ist nichts im Vergleich mit dem, was ich dir antun werde, wenn …«

»Oh, auch noch Drohungen, ja? Wie lautete noch dieses Gedicht, von dem du mir erzählt hast? Cum dolor atque supercilio gravis imminet angor, Fungeris angelico sola ministerio … au!«

»Beim nächsten Mal reiße ich es dir ab«, sagte ich und ließ sein Ohr wieder los. »Erzähl weiter; ich muss gleich zurück.«

Er rieb sich vorsichtig das Ohr, lehnte sich aber an die Wand und fuhr mit seiner Geschichte fort.

»Nun, wir haben einfach dagehockt, der Padre und ich, und uns gegenseitig angestarrt und den Wachtposten in zwei Metern Entfernung zugehört. ›Was ist das?‹, sagt der eine, und ich überlege schon, ob ich wohl schnell genug hochkomme, um ihn mit dem Dolch zu erledigen, ehe er mir in den Rücken schießt, und was ist mit seinem Freund? Denn von dem Priester kann ich keine Hilfe erwarten, es sei denn vielleicht ein letztes Gebet über meiner Leiche …«

Es folgte eine lange, zermürbende Pause, während die beiden Jakobiten im Gras hockten, Hand in Hand, weil sie es nicht einmal wagten, sich zu bewegen, um loszulassen.

»Ahhh, du bildest dir nur etwas ein«, sagte der andere Wachtposten schließlich, und Jamie spürte den Schauer der Erleichterung, der den Priester durchlief, als sich seine Finger endlich von ihm lösten. »Da oben ist nichts außer Ginsterbüschen. Mach dir nichts draus, Junge«, sagte der Wachtposten beruhigend, und Jamie hörte eine Hand auf eine Schulter klopfen und Stiefel hin und her stapfen, weil die Männer versuchten, sich warm zu halten. »Sicher, es sind verdammt viele, und bei dem bisschen, was man in dieser Dunkelheit sehen kann, könnten sie auch genauso gut die ganze Highland-Armee sein.« Jamie hatte den Eindruck, einen der »Ginsterbüsche« in der Nähe unterdrückt lachen zu hören.

Er blickte zur Kuppe des Hügels hinauf, wo die Sterne allmählich verblassten. Keine zehn Minuten mehr, bis es hell wurde, schätzte er. An welchem Punkt Johnnie Copes Männer schnell begreifen würden, dass die Highland-Armee nicht wie gedacht eine Stunde entfernt in der anderen Richtung lag, sondern ihrer Frontlinie direkt gegenüberstand.

Links von ihm Richtung Meer erklang ein Geräusch. Es war leise und undeutlich, doch sein kampferprobtes Ohr hörte den alarmierten Ton. Irgendjemand, so nahm er an, war über einen Ginsterbusch gestolpert.

»Hallo?« Einer der Wachtposten fing den Alarmton auf. »Was geht da vor?«

Der Priester würde allein zurechtkommen müssen, dachte Jamie. Im Aufstehen zog er das Breitschwert und war mit einem großen Schritt in Reichweite. Der Mann war zwar nicht mehr als ein Umriss in der Dunkelheit, doch Jamie sah genug. Die gnadenlose Klinge fuhr mit all seiner Kraft hernieder und spaltete dem Mann auf der Stelle den Schädel.

»Highlander!«, kreischte der Kamerad des Mannes, und der zweite Wachtposten sprang wie ein aufgescheuchtes Kaninchen los und flüchtete mit Riesensätzen in die verblassende Dunkelheit, ehe Jamie sein Schwert aus dem grauenvollen Spalt ziehen konnte. Er stellte dem Gefallenen einen Fuß auf den Rücken und zog, während er mit zusammengebissenen Zähnen gegen das unangenehme Gefühl erschlaffter Muskeln und knirschender Knochen ankämpfte.

Alarm breitete sich unter den Engländern aus; er konnte es genauso gut spüren wie hören – die Hektik der Männer, die, unsanft geweckt, blindlings nach ihren Waffen tasteten und überall nach der unsichtbaren Bedrohung suchten.

Clanranalds Dudelsackbläser befanden sich rechts hinter ihm, doch noch kam kein Signal zum Angriff. Weiter vorrücken also. Sein Herz klopfte, und sein linker Arm kribbelte nach dem tödlichen Hieb; seine Bauchmuskeln waren verkrampft, und seine Augen blickten angestrengt durch die schwindende Dunkelheit, während die warmen Blutspritzer in seinem Gesicht kalt und klebrig wurden.

»Als Erstes konnte ich sie hören«, sagte er und blickte in die Nacht, als suchte er auch jetzt noch nach den englischen Soldaten. Er beugte sich vor und legte die Arme um seine Knie. »Dann konnte ich sie sehen. Die Engländer, die über den Boden gekrochen kamen wie Maden in einem Stück Fleisch, und die Männer hinter mir. George McClure ist zu mir gestoßen und Wallace und Ross auf der anderen Seite, und wir haben weiter einen Fuß vor den anderen gesetzt, aber schneller und schneller, als wir die Sassenachs vor uns aufbrechen sahen.«

Rechts war dumpfer Donner erschollen; der Schuss einer einzelnen Kanone. Im nächsten Moment noch eine, und als wäre das ein Signal gewesen, hatte sich das Sirenengeheul der nahenden Highlander erhoben.

»Dann begannen die Dudelsäcke«, sagte er mit geschlossenen Augen. »Meine Muskete ist mir erst eingefallen, als ich dicht hinter mir einen Schuss gehört habe; ich hatte sie bei dem Priester im Gras liegengelassen. In einem solchen Moment nimmt man nur noch wahr, was unmittelbar in der Nähe passiert. Man hört einen Ausruf, und plötzlich läuft man. Erst ein paar Schritte langsam, während man seinen Gürtel löst, und dann fällt das Plaid zu Boden, und man rennt, und der Schlamm spritzt einem an den Beinen hoch, und das nasse Gras ist kalt an den Füßen, und die Hemdschöße fliegen einem um den nackten Hintern. Der Wind bläst einem ins Hemd und über den Bauch und zu den Ärmeln hinaus … Dann wird man vom Lärm übermannt und kreischt wie ein Kind, das einen Berg hinunterläuft und gegen den Wind schreit, um zu sehen, ob man auf dem Lärm fliegen kann.«

Die Wogen ihres Gebrülls hatten sie auf die Ebene getragen, und die Attacke der Highlander war über die Untiefen der englischen Armee hinweggebrandet und hatte sie in einer kochenden Flut aus Blut und Grauen ertränkt.