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»Wenn Ihr so viel Brandy braucht, gibt es außer Opium nicht viel, was Euch helfen wird«, sagte ich und wanderte mit den Fingern über meine Sammlung von Fläschchen und Gläsern hinweg. »Ich glaube, ich habe Laudanum hier, aber ich kann Euch auch …«

»Das ist es nicht, was ich von Euch will.« Sein gebieterischer Ton ließ mich innehalten, und ich blickte auf. Er konnte zwar seine Gedanken meisterhaft für sich behalten, doch wenn er es wollte, konnte er sie genauso gut zeigen.

»Laudanum kann ich leicht selbst bekommen«, sagte er. »Es gibt gewiss einen Apotheker in der Stadt, der es verkauft – oder auch Mohnsirup oder reines Opium.«

Ich ließ den Deckel der kleinen Kiste zufallen und legte meine Hände darauf. Er wollte also nicht betäubt dahinsiechen, solange unsicher war, wer den Clan führen würde. Und wenn er nicht das vorübergehende Vergessen von mir wünschte, was dann? Das endgültige vielleicht? Ich kannte Colum MacKenzie. Und der klare, gnadenlose Verstand, der Geillis Duncans Vernichtung geplant hatte, würde auch vor der eigenen nicht haltmachen.

Jetzt war es mir klar. Er war hier, um Charles Stuart zu sehen und ein für alle Mal zu entscheiden, ob sich die MacKenzies von Leoch den Stuarts anschließen sollten. Sobald sie ihre Zugehörigkeit zu den Jakobiten erklärt hatten, würde es Dougal sein, der den Clan anführte. Und dann …

»Ich hatte immer den Eindruck, dass Selbstmord eine Todsünde ist«, sagte ich.

»Das kann schon sein«, sagte er ungerührt. »Zumindest ist es Hochmut, dass ich einen sauberen Tod zu einem von mir bestimmten Zeitpunkt wähle, so wie es für mich am besten ist. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass ich für diese Sünde übermäßig leiden werde, da ich den Glauben an Gott bereits aufgegeben habe, als ich ungefähr neunzehn war.«

Es war still im Zimmer bis auf das Knistern des Feuers und die gedämpften Rufe der Übungskämpfe unten im Hof. Ich konnte ihn atmen hören, ein langsames, unablässiges Seufzen.

»Warum fragt Ihr mich?«, sagte ich. »Ihr habt recht, Ihr könntet Laudanum bekommen, wo immer Ihr möchtet, solange Ihr Geld habt – und das habt Ihr. Ihr müsst doch wissen, dass Euch eine hinreichende Dosis umbringen wird. Und es ist ein leichter Tod.«

»Zu leicht.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe mich in meinem Leben außer auf meinen Verstand nicht auf vieles verlassen können. Ich würde ihn nicht gern verlieren, selbst wenn ich dem Tod entgegentrete. Was die Erleichterung betrifft …« Er bewegte sich sacht auf dem Sofa und gab sich keine Mühe zu verbergen, wie unangenehm das für ihn war. »Davon werde ich in Kürze genug haben.«

Er wies kopfnickend auf meine Kiste. »Ihr wisst genauso viel über Heilkunde, wie Mrs. Duncan es tat. Ich dachte, Ihr wisst vielleicht, was sie benutzt hat, um ihren Mann umzubringen. Es schien schnell und verlässlich zu wirken. Und adäquat zu sein«, fügte er ironisch hinzu.

»Dem Urteil des Gerichts nach war es Hexerei.« Jenes Gerichts, das sie Eurem Plan entsprechend zum Tode verurteilt hat, dachte ich. »Oder glaubt Ihr nicht an Hexerei?«, fragte ich.

Er lachte, ein reiner, unbeschwerter Klang in dem sonnigen Zimmer. »Ein Mensch, der nicht an Gott glaubt, wird wohl auch Satan kaum Macht zugestehen, oder?«

Ich zögerte immer noch, doch er war ein Mensch, der andere genauso scharfsichtig beurteilte wie sich selbst. Er hatte mich um Verzeihung gebeten, ehe er mich dann um einen Gefallen bat, und sich vergewissert, dass ich einen Sinn für Gerechtigkeit besaß – oder für Gnade. Und es war, wie er sagte, adäquat. Ich öffnete die Kiste und holte das Zyanidfläschchen heraus, das ich als Rattengift benutzte.

»Ich danke Euch, Mistress Claire«, sagte er jetzt wieder förmlich, obwohl das Lächeln noch in seinen Augen lauerte. »Selbst wenn mein Neffe in Cranesmuir Eure Unschuld nicht mit solcher Überzeugungskraft bewiesen hätte, hätte ich Euch nie für eine Hexe gehalten. Ich weiß heute genauso wenig wie bei unserer ersten Begegnung, wer Ihr seid oder warum Ihr hier seid, aber dass Ihr eine Hexe sein könntet, habe ich nie in Betracht gezogen.« Er hielt inne und zog eine Augenbraue hoch. »Ihr würdet mir nicht vielleicht verraten, wer – oder was – Ihr seid?«

Ich zögerte einen Moment. Doch ein Mensch, der weder an Gott noch an den Teufel glaubte, würde wohl auch den wahren Grund meiner Anwesenheit nicht glauben. Ich drückte ihm leicht die Finger und ließ sie los.

»Sagt einfach lieber Hexe«, meinte ich. »Näher werdet Ihr der Wahrheit kaum kommen.«

Auf dem Weg in den Innenhof traf ich am nächsten Morgen Lord Balmerino auf der Treppe.

»Oh, Mistress Fraser!«, begrüßte er mich jovial. »Euch habe ich gesucht.«

Ich lächelte ihn an; er war ein rundlicher, fröhlicher Mann, einer der erfrischenden Umstände des Lebens in Holyrood.

»Wenn es nicht Pest, Cholera oder Syphilis ist«, sagte ich, »kann es einen Moment warten? Mein Mann und sein Onkel führen Don Francisco de la Quintana die Kunst des Highland-Schwertkampfes vor.«

»Oh, wirklich? Ich muss sagen, das würde ich auch gern sehen.« Balmerino trat an meine Seite, und bei jedem Schritt bewegte sich sein Kopf fröhlich auf der Höhe meiner Schultern auf und ab. »Ich sehe gern gut gebauten Männern mit Schwertern zu«, sagte er. »Und alles, was uns die Spanier gewogen macht, genießt meinen inbrünstigen Beifall.«

»Meinen auch.« Weil Jamie es zu gefährlich für Fergus fand, in Holyrood die Korrespondenz Seiner Hoheit zu stehlen, war er auf das angewiesen, was er von Charles persönlich in Erfahrung bringen konnte. Dies schien jedoch nicht wenig zu sein; Charles zählte Jamie zu seinen intimen Vertrauten – er war praktisch der einzige Highlandfürst, der eine solche Gunst genoss, auch wenn sein Beitrag an Männern und Geld nicht groß war.

Was jedoch Geldfragen betraf, so hatte Charles ihm anvertraut, dass er große Hoffnungen auf Unterstützung durch Philip von Spanien hegte, dessen letzter Brief an James in Rom unmissverständlich ermutigend gewesen war. Don Francisco war zwar kein offizieller Abgesandter, doch er war ein Mitglied des spanischen Hofs und würde dort gewiss berichten, wie es um den Stuart-Aufstand bestellt war. Dies war Charles’ Gelegenheit herauszufinden, wie weit ihn sein eigener Glaube an seine Bestimmung tragen würde, wenn es darum ging, die Clanoberhäupter der Highlands und die Könige im Ausland zu bewegen, sich ihm anzuschließen.

»Warum habt Ihr mich denn gesucht?«, fragte ich, als wir in den überdachten Gang einbogen, der sich um den Innenhof von Holyrood zog. Dort sammelte sich bereits eine kleine Menge von Zuschauern, doch weder Don Francisco noch die beiden Fechter waren bisher in Sicht.

»Oh!« Jetzt, da ich ihn daran erinnerte, fasste Lord Balmerino in das Futter seines Rocks. »Nichts von großer Bedeutung, meine Teuerste. Ich habe dies von einem meiner Kuriere erhalten, der es von einem Verwandten im Süden hat. Ich dachte, Ihr findet es vielleicht amüsant.«

Er reichte mir einen dünnen Stapel krude bedruckter Blätter, in denen ich Flugblätter erkannte, wie sie in Wirtshäusern verteilt wurden oder in den Städten und Dörfern an Türrahmen oder Hecken flatterten.

»CHARLES EDWARD STUART, allgemein bekannt als der Junge Thronprätendent«, stand auf dem einen. »Es sei allen Anwesenden verkündet, dass diese Lasterhafte und Gefährliche Person nach ihrer gesetzwidrigen Landung an den Gestaden Schottlands die Bevölkerung dieses Landes zum Aufstand angestachelt und das Wüten eines ungerechtfertigten Krieges über Unschuldige Bürger gebracht hat.« Es folgte noch mehr davon, und der Text endete mit einer Ermahnung an die »unschuldigen Bürger, alles in ihrer Macht zu tun, diese Person der Gerechtigkeit auszuliefern, die er verdient«. Oben war das Flugblatt mit einer Zeichnung verziert, von der ich vermutete, dass sie Charles darstellen sollte; sie hatte zwar nicht viel Ähnlichkeit mit dem Original, sah aber definitiv lasterhaft und gefährlich aus, was wohl auch so bezweckt war.

»Das da ist noch sehr zurückhaltend«, sagte Balmerino mit einem Blick auf das Blatt in meiner Hand. »Aber einige der anderen legen sowohl beeindruckende Fantasie als auch Ausdruckskraft an den Tag; seht Euch das hier an. Das bin ich«, sagte er und zeigte sichtlich entzückt auf das Blatt.