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Das Flugblatt zeigte einen hageren Highlander mit einem buschigen Backenbart und drahtigen Augenbrauen, während seine Augen im Schatten einer Schottenmütze wild umherblickten. Ich warf einen Seitenblick auf Lord Balmerino, der wie immer geschmackvoll mit Rock und Kniehose bekleidet war; zwar aus bestem Material geschneidert, aber zurückhaltend in Schnitt und Farbe, um seiner rundlichen kleinen Gestalt zu schmeicheln. Er strich sich nachdenklich über die runden, glattrasierten Wangen, während er das Flugblatt betrachtete.

»Ich weiß nicht«, sagte er. »Der Backenbart verleiht mir einen sehr romantischen Anstrich, nicht wahr? Trotzdem, ein Bart juckt einfach höllisch; ich glaube nicht, dass ich das ertragen könnte, nicht einmal um eines malerischen Aussehens willen.«

Ich blätterte weiter und hätte fast den ganzen Stapel fallen gelassen.

»Euren Mann haben sie etwas besser hinbekommen«, stellte Balmerino fest, »doch unser guter Jamie sieht natürlich auch tatsächlich ein wenig so aus, wie sich der gemeine Engländer einen Highlandbanditen vorstellt – Verzeihung, Madam, ich meine das nicht böse. Aber er ist groß, nicht wahr?«

»Ja«, sagte ich schwach, während ich die Anklagen auf dem Flugblatt las.

»Das wusstet Ihr gar nicht, dass Euer Gemahl die Angewohnheit hat, Kleinkinder zu braten und zu essen, oder?«, sagte Balmerino kichernd. »Ich habe ja immer schon gesagt, dass er seine Körpergröße einer besonderen Zutat beim Essen verdanken muss.«

Die respektlose Einstellung des kleinen Grafen half mir sehr, die Nerven zu behalten. Fast konnte ich selbst über die lächerlichen Vorwürfe und Beschreibungen lachen, obwohl ich mich fragte, wie viel Glauben die Leser diesen Flugblättern wohl schenken mochten. Großen, so fürchtete ich; die Leute schienen oft nicht nur bereit, sondern geradezu begierig zu sein, das Schlimmste zu glauben – und je schlimmer, desto besser.

»Das letzte Blatt ist das, von dem ich dachte, es könnte Euch interessieren«, unterbrach mich Balmerino in meinen Gedanken und blätterte weiter.

»DIE STUART HEXE«, proklamierte die Überschrift. Eine langnasige Frau mit Stecknadelkopfpupillen blickte mir über einem Text entgegen, der Charles Stuart beschuldigte, sich bei seinem gesetzwidrigen Kampf der »Mächte der Finsternis« zu bedienen. Indem er zu seinem engsten Gefolge eine bekannte Hexe zähle – welche Macht über Leben und Tod und über die Menschen besäße, ebenso wie die gebräuchlichere Fähigkeit, die Ernten zu verderben, das Milchvieh austrocknen zu lassen und Blindheit hervorzurufen –, liefere Charles den Beweis, dass er seine Seele an den Teufel verkauft habe und daher »Für Immer in der Hölle Schmoren!« würde, wie das Traktat schadenfroh endete.

»Ich vermute, das dürftet Ihr sein«, sagte Balmerino. »Obwohl ich Euch versichere, meine Liebe, dass Euch die Zeichnung kaum gerecht wird.«

»Sehr unterhaltsam«, sagte ich. Ich reichte Seiner Lordschaft die Papiere zurück und widerstand dem Drang, mir die Hand an meinem Rock abzuwischen. Mir war ein wenig übel, doch ich gab mir alle Mühe, Balmerino anzulächeln. Er warf mir einen scharfsinnigen Blick zu, dann nahm er meinen Ellbogen und drückte ihn beruhigend.

»Macht Euch keine Gedanken, Teuerste«, sagte er. »Sobald Seine Majestät wieder im Besitz seiner Krone ist, wird dieser ganze Unsinn schnell vergessen sein. In den Augen der Leute ist der Schurke von gestern der Held von morgen; das habe ich schon oft gesehen.«

»Plus ca change, plus c’est la même chose«, murmelte ich. Und wenn Seine Majestät König James seine Krone nicht zurückbekam …

»Und falls unsere Mühen unglücklicherweise erfolglos bleiben sollten«, griff Balmerino meine Gedanken auf, »werden diese Flugblätter die geringste unserer Sorgen sein.«

»En Garde.« Mit der formellen französischen Eröffnung nahm Dougal die klassische Haltung des Duellanten ein, indem er seinem Gegner die Seite zuwandte, den Schwertarm gewinkelt und die Klinge bereit, den anderen Arm im eleganten Bogen erhoben und die Hand geöffnet, um zu zeigen, dass er keinen Dolch in Reserve hatte.

Jamies Klinge kreuzte Dougals mit einem flüsternden Hauch metallischen Klirrens.

»Je suis prest.« Jamies Blick kreuzte den meinen, und ich konnte den Humor über sein Gesicht hinwegflackern sehen. Die übliche Antwort des Duellanten war auch das Motto seines Clans. Je suis prest. »Ich bin bereit.«

Im ersten Moment dachte ich, er wäre es womöglich doch nicht, und ich schnappte unwillkürlich nach Luft, als Dougals Schwert blitzend auf ihn zuschoss. Aber Jamie hatte den Ansatz der Bewegung gesehen, und als die Klinge die Stelle traf, an der er gestanden hatte, war er nicht mehr da.

Ausfallschritt, ein rascher Hieb mit der Klinge, dann vollführte er seinerseits einen Satz, und die Klingen verkeilten sich der Länge nach knirschend ineinander. Eine Sekunde hafteten die beiden Schwerter an dem Griffen zusammen, dann trennten sich die Kämpfer, traten zurück, umkreisten einander und kehrten zum Angriff zurück.

Mit einem klirrenden Hieb, einer Parade und einer Terz gelangte Jamie um Haaresbreite an Dougals Hüfte, die geschickt mit wehendem grünen Kilt zur Seite fuhr. Eine Parade, ein Täuschungsmanöver und ein schneller Aufwärtshieb, der die drängende Klinge beiseiteschlug, und Dougal trat vor und zwang Jamie einen Schritt zurück.

Ich konnte Don Francisco gegenüber auf dem Hof stehen sehen, gemeinsam mit Charles, mit Sheridan, dem betagten Tullibardine und ein paar anderen. Die Lippen des Spaniers kräuselten sich unter seinem schmalen, gewachsten Schnurrbart zu einem kleinen Lächeln, doch ich konnte nicht sagen, ob es Bewunderung für die Fechter war oder nur eine Variation seiner üblicherweise hochmütigen Miene. Colum war nirgendwo in Sicht. Das überraschte mich nicht; abgesehen davon, dass er sich ohnehin nicht gern in der Öffentlichkeit zeigte, musste ihn die Reise nach Edinburgh erschöpft haben.

Onkel und Neffe – beide talentierte Fechter und beide Linkshänder – demonstrierten große Kunstfertigkeit und beeindruckten umso mehr, als sie zwar exakt nach den Regeln der französischen Duellierkunst kämpften, aber dazu weder das einem Rapier ähnliche Kurzschwert benutzten, das zur Aufmachung eines Herrn von Welt gehörte, noch den Säbel eines Soldaten. Stattdessen schwangen sie beide Highland-Breitschwerter, jedes ein voller Meter temperierter Stahl mit einer flachen Klinge, die einen Mann vom Scheitel bis zum Hals spalten konnte. Diese enormen Waffen bedienten sie mit einer Eleganz und Ironie, zu der ein kleinerer Mann nicht in der Lage gewesen wäre.

Ich sah, wie Charles Don Francisco etwas ins Ohr murmelte und der Spanier nickte, ohne den Blick auch nur eine Sekunde von dem Blitzen und Scheppern auf dem grasbewachsenen Hof abzuwenden. Jamie und sein Onkel, die in etwa die gleiche Körpergröße und Beweglichkeit besaßen, erweckten jeden Anschein, sich gegenseitig umbringen zu wollen. Dougal hatte Jamie im Schwertkampf unterwiesen, und sie hatten schon oft Rücken an Rücken und Schulter an Schulter gekämpft; jeder von ihnen kannte die kleinen Besonderheiten im Kampfstil des anderen so gut wie die eigenen – zumindest hoffte ich das.

Dougal nutzte seinen Vorteil mit einem Doppelschritt aus und drängte Jamie an den Rand des Hofes zurück. Jamie trat rasch beiseite, schlug Dougals Schwert mit einem Hieb beiseite und ließ seine Klinge dann so schnell in die andere Richtung durch die Luft fahren, dass sie Dougal den rechten Ärmel aufschlitzte. Man hörte den Stoff reißen, dann löste sich ein weißer Leinenstreifen und hing flatternd im Wind.

»Oh, gut gemacht, Sir!« Als ich mich umdrehte, um zu sehen, wer das gesagt hatte, sah ich Lord Kilmarnock neben mir stehen. Er war ein ernster Mann Anfang dreißig, der mit seinem jungen Sohn Johnny ebenfalls im Gästetrakt von Holyrood untergebracht war.