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Der Sohn war nur selten weit von seinem Vater entfernt, und ich sah mich nach ihm um. Ich brauchte nicht lange zu suchen; er stand auf der anderen Seite seines Vaters und beobachtete den Schwertkampf mit offenem Mund. Gleichzeitig fiel mir eine schwache Bewegung hinter einer Säule auf: Fergus, der die schwarzen Augen auf Johnny geheftet hatte, ohne zu blinzeln. Ich zog die Augenbrauen zusammen und warf ihm einen drohenden Blick zu.

Johnny, der sich einiges darauf einbildete, dass er Kilmarnocks Erbe war, und noch einiges mehr auf das Privileg, seinen Vater mit zwölf in den Krieg zu begleiten, neigte dazu, gegenüber den anderen Jungen den großen Herrn zu spielen. Wie Jungen nun einmal sind, gingen die meisten von ihnen Johnny entweder aus dem Weg oder warteten geduldig, bis ihre Zeit gekommen war und er aus dem schützenden Schatten seines Vaters trat.

Fergus gehörte der letzteren Gruppe an. Als sich Johnny vor ein paar Tagen verächtlich über die »Mützenfürsten« geäußert hatte, was Fergus ganz richtig als Beleidigung gegenüber Jamie gedeutet hatte, war Fergus so aufgebracht gewesen, dass man ihn mit Gewalt davon abhalten musste, im Steingarten über Johnny herzufallen. Jamie hatte ihn unverzüglich dafür gezüchtigt und ihn dann darauf aufmerksam gemacht, dass Loyalität zwar eine bewundernswerte Tugend war, die von ihrem Adressaten sehr geschätzt wurde – Dummheit jedoch nicht.

»Der Junge ist zwei Jahre älter als du und über zehn Kilo schwerer«, hatte er gesagt und Fergus sacht an der Schulter gerüttelt. »Meinst du etwa, du hilfst mir, wenn du dir den Schädel einschlagen lässt? Manchmal muss man kämpfen, ohne nach dem Preis zu fragen, aber manchmal beißt man sich besser auf die Zunge und wartet ab. Ne pétez plus haut que votre cul, hm?«

Fergus hatte genickt und sich die tränennassen Wangen mit dem Hemdschoß abgewischt, doch ich hatte meine Zweifel, ob Jamies Worte großen Eindruck auf ihn gemacht hatten. Der spekulative Ausdruck, den ich jetzt in seinen großen schwarzen Augen sah, gefiel mir überhaupt nicht, und ich dachte, dass sich Johnny, wenn er ein bisschen schlauer gewesen wäre, besser zwischen mich und seinen Vater gestellt hätte.

Jamie ließ sich halb auf das Knie sinken, und ein mörderischer Aufwärtsstoß ließ seine Klinge an Dougals Ohr vorübersausen. Der MacKenzie fuhr im ersten Moment verblüfft zurück, dann grinsten seine weißen Zähne auf, und er ließ Jamie sein Schwert mit einem satten Klong flach auf den Kopf sausen.

Auf der anderen Seite des Hofes hörte ich Applaus. Der Kampf war jetzt im Begriff, von einem eleganten französischen Duell in eine Highlandprügelei auszuarten, und die Zuschauer amüsierten sich prächtig darüber.

Lord Kilmarnock, der den Applaus ebenfalls hörte, blickte quer über den Hof und zog eine säuerliche Grimasse.

»Hoheit hat seine Berater zusammengerufen, um ihnen den Spanier vorzustellen«, stellte er sarkastisch fest. »O’Sullivan und dieser alte Fatzke Tullibardine. Nimmt er Ratschläge von Lord Elcho an? Von Balmerino, Lochiel oder auch nur von meiner Wenigkeit?«

Dies war eindeutig eine rhetorische Frage, und ich begnügte mich mit einem gemurmelten Wort des Mitgefühls, ohne den Blick von den Fechtern abzuwenden. Das Schwerterklirren hallte so laut von den Steinen wider, dass es Kilmarnocks Worte fast vollständig übertönte. Doch nachdem er einmal begonnen hatte, schien er seine Bitterkeit nicht für sich behalten zu können.

»Nein, wirklich!«, sagte er. »O’Sullivan und O’Brien und die anderen Iren, sie riskieren ja nichts! Sollte es zum Schlimmsten kommen, können sie aufgrund ihrer Nationalität auf Strafverschonung plädieren. Doch wir – wir, die wir unser Hab und Gut, unsere Ehre, ja, unser Leben riskieren! Uns ignoriert man und behandelt uns wie gemeine Dragoner. Gestern habe ich Seiner Hoheit einen guten Morgen gewünscht, und er ist mit der Nase in der Luft an mir vorbeigerauscht, als hätte ich die Etikette verletzt, indem ich ihn anspreche!«

Kilmarnock war sichtlich wütend, und das mit gutem Grund. Nachdem er die Männer, die er überredet hatte, ihm die Krieger und das Geld für sein Abenteuer zur Verfügung zu stellen, zunächst nur ignoriert hatte, hatte Charles sie in der Folge komplett vor den Kopf gestoßen und sich der tröstenden Nähe seiner alten Berater vom Kontinent zugewandt – von denen die meisten in Schottland eine heulende Einöde sahen und in seinen Bewohnern kaum mehr als Wilde.

Dougal stieß einen Laut der Überraschung aus, und Jamie lachte wild. Er hatte Dougal den linken Ärmel von der Schulter abgetrennt. Die Haut darunter war braun und glatt, von keinem Kratzer, keinem Tropfen Blut entstellt.

»Das werde ich dir heimzahlen, kleiner Jamie«, sagte Dougal grinsend. Der Schweiß lief ihm in Tropfen über das Gesicht.

»Ach ja, Onkel Dougal?«, keuchte Jamie. »Womit denn?« Genau gezieltes Aufblitzen von Metall, und vom Gürtel abgetrennt, flog Dougals Sporran klingelnd über die Steine.

Aus dem Augenwinkel fing ich eine Bewegung auf und wandte scharf den Kopf.

»Fergus!«, sagte ich.

Kilmarnock wandte sich in die Richtung, in die ich blickte, und sein Blick fiel auf Fergus. Der Junge hatte einen großen Stock in der Hand, den er derart beiläufig festhielt, dass es zum Lachen gewesen wäre, wäre die Drohung nicht so deutlich gewesen.

»Macht Euch keine Sorgen, Mylady Broch Tuarach«, sagte Lord Kilmarnock nach einem kurzen Blick. »Ihr könnt Euch darauf verlassen, dass sich mein Sohn ehrenhaft verteidigen wird, wenn die Situation es verlangt.« Er strahlte Johnny gönnerhaft an, um sich dann erneut den Schwertkämpfern zuzuwenden. Ich drehte mich ebenfalls wieder um, lauschte aber mit halbem Ohr in Johnnys Richtung. Nicht, dass ich glaubte, Fergus besäße kein Ehrgefühl; ich hatte nur den Eindruck, dass es sich recht drastisch von Kilmarnocks Definition dieser Tugend unterschied.

»Gu leòr!« Auf Dougals Ausruf hin endete der Kampf abrupt. Die Kämpfer, die jetzt beide heftig schwitzten, verbeugten sich in Richtung des Applauses und traten vor, um sich beglückwünschen zu lassen und um Don Franciscos Bekanntschaft zu machen.

»Milord!«, rief eine hohe Stimme zwischen den Säulen hervor. »Bitte – le parabola!«

Jamie drehte sich um und runzelte die Stirn über die Unterbrechung, doch dann zuckte er mit den Schultern, lächelte und trat noch einmal in die Mitte des Innenhofs. Le parabola war der Name, den Fergus diesem speziellen Kunststück gegeben hatte.

Mit einer raschen Verbeugung vor Seiner Hoheit nahm Jamie das Breitschwert vorsichtig bei der Spitze, bückte sich ein wenig und schleuderte die wirbelnde Waffe dann mit einem gewaltigen Stoß senkrecht in die Luft. Aller Augen hefteten sich auf das Schwert mit dem Korbgriff, das in der Sonne glitzerte, während es sich wieder und wieder um sich selbst drehte, so träge, dass es einen Moment in der Luft zu hängen schien, ehe es wieder zur Erde stürzte.

Es kam natürlich darauf an, das Schwert so zu werfen, dass es sich bei der Landung mit der Spitze in den Boden bohrte. Jamies raffiniertere Version bestand darin, sich direkt in die Flugbahn zu stellen und erst im letzten Moment beiseitezutreten, um nicht von der herabfallenden Klinge aufgespießt zu werden.

Das Schwert grub sich unter dem kollektiven »Ah!« der Zuschauer vor seinen Füßen in den Boden. Erst als sich Jamie bückte, um das Schwert aus seiner grasigen Scheide zu ziehen, bemerkte ich, dass sich die Reihen der Zuschauer um zwei Köpfe gelichtet hatten.

Einer, der zwölfjährige Erbe von Kilmarnock, lag bäuchlings im Gras, und man konnte die schwellende Beule in seinem strähnigen braunen Haar bereits sehen. Der zweite war nirgendwo in Sicht, doch hinter mir im Schatten hörte ich es leise flüstern.

»Ne pétez plus haut que votre cul«, erklang es voller Genugtuung. Furze immer nur so hoch, wie dein Arschloch reicht.

Das Wetter war ungewöhnlich warm für November, und die allgegenwärtigen Wolken waren aufgerissen, um die Herbstsonne flüchtig auf Edinburghs Grau scheinen zu lassen. Ich nutzte die vorübergehende Wärme für einen Aufenthalt im Freien und kroch auf den Knien durch den Steingarten an der Rückseite von Holyrood – zur großen Belustigung mehrerer Highlander, die sich ebenfalls dort aufhielten und die Sonne auf ihre eigene Weise genossen – mit einem Krug selbstgebranntem Whisky.